ALASKA AUSGERECHNET
Ein Elch namens Mort, ein Großstadtarzt in der Provinz, ein Ex-astronaut als Sheriff und jede Menge Skurrilität und Herzlichkeit inmitten größter Kälte – Eine Serie wie „Ausgerechnet Alaska“kann eigentlich nur in den 1990ern entstanden sein.
Wie kommt ein New Yorker Arzt wie Dr. Joel Fleischman (Rob Morrow) in die Abgeschiedenheit Alaskas? Der junge, jüdische Mediziner hat sein Studium vom Staat Alaska finanziert bekommen. Um seine Schulden abzuarbeiten besagt ein Vertrag, dass er vier Jahre in Alaska praktizieren muss. Nicht nur, dass Fleischman nun meilenweit entfernt von der Großstadt lebt, er ist auch weit weg von seiner Verlobten, die in New York auf ihn wartet. Zudem wird Fleischman gegen seinen Willen nach Cicely versetzt, das irgendwo in der Wildnis Alaskas liegt und um die 800 Einwohner hat. Der junge New Yorker ist gar nicht begeistert. Und dann gibt es auch noch die sehr kautzigen und eigenwilligen Einwohner Cicelys. Joels Vermieterin, der Cessna-pilotin Maggie O’connell (Janine Turner), wird nachgesagt, dass ein Liebesfluch auf ihr liegt. Schließlich kommen ihre Männer auf sehr skurrile Weise ums Leben. Einer ihrer Verflossenen ist beim Bergsteigen eingeschlafen und erfroren, ein anderer wurde von einer herunterfallenden Satellitenschüssel erschlagen. Maggie und Joel verbindet eine Hassliebe, doch letzteres wollen sich beide nicht eingestehen, was gut für Joels Gesundheit sein dürfte … oder doch nicht? Dann wäre da noch Holling Vincour (John Cullum), der 62-jährige Barbesitzer der einzigen Kneipe in Cicely, der mit seiner späteren Ehefrau, der 18-jährigen Shelly (Cynthia Geary) zusammenlebt und arbeitet. Die Teenagerin ist ehemalige Schönheitskönigin, manchmal ganz schön gewitzt, aber nicht mit Intelligenz gesegnet. Eine weitere Person, die öfter auftaucht und es Dr. Fleischman nicht immer einfach macht, ist Maurice Minnifield (Barry Corbin). Der Ex-astronaut sorgt in Cicely für Recht und Ordnung und es kommt immer wieder zu Differenzen zwischen den beiden. Sein Assistent Ed (Darren E. Burrows) kommt mit dem jungen Fleischman gut zurecht und hört ihm gerne zu, wenn er von der Großstadt redet. Ed soll in die Fußstapfen seines Onkels treten und Heiler werden.
Skurril, liebenswert, humorvoll
Jede Folge beginnt mit einem Vorspann, in dem der Elch Mort mit einer absolut stoischen Ruhe immer wieder die Hauptstraße Cicelys auf und abläuft. Dieser Elch wurde 1992 unter die 40 einflussreichsten Persönlichkeiten Amerikas gewählt. Die Serie „Ausgerechnet Alaska“neigt eben auch außerhalb ihrer kleinen Welt zur Skurrilität. Und Mort ist auch derjenige, der alles in der Kleinstadt Cicely mitbekommt – jedes obskure Ereignis, merkwürdige und verwirrende Zufälle sowie unerklärliche Phänomene, die beinahe täglich passieren. Die Serie lebt von all diesen Vorkommnissen und ist deshalb auch Kult. Jede Figur besitzt ihre eigene individuelle Lebensgeschichte, durchlebt aber auch eine persönliche Entwicklung. Denn selbst Dr. Fleischman, der immer nur zurück nach New York möchte, findet in Cicely und bei seinen Bewohnern einen Platz und schließt diese merkwürdigen Persönlichkeiten in sein Herz. Auch im Übernatürliches kommt gelegentlich vor, zum Beispiel wenn Ed auf einen kleinen grünen Dämonen trifft, nachdem er einem Mädchen gesagt hat, dass sie ihn nicht mögen darf. Der junge Indianer erfährt von seinem Onkel, dass das sein persönlicher Dämon sei, der durch sein mangelndes Selbstvertrauen entstanden ist. Durch solche Szenen wirkt die idyllische Kleinstadt ähnlich fantastisch wie etwa das gute, alte „Twin Peaks“– David Lynchs Kult-mystery-serie, die übrigens zeitgleich im Fernsehen lief. „Ausgerechnet Alaska“zeigt ein buntes Bild verschiedenster Personen und ihrer Marotten, die es Dr. Fleischman nicht immer einfach machen, sich dem Leben in Alaskas Wildnis hinzugeben, geschweige denn sich davon zu verabschieden.
Eine idealisierte Stadt
„Ausgerechnet Alaska“ist eher durch einen Zufall entstanden. Der Us-fernsehsender CBS wollte nur einen unpopulären Sendeplatz im Sommer 1990 besetzen, weshalb man bei den Produzenten Joshua Brand und John Falsey wegen einer kleinen Fernsehserie anfragte. „Northern Exposure“hieß sie und war mit acht Folgen geplant, woraus schließlich 110 Episoden wurden. Die Serie wurde in 42 Ländern ausgestrahlt und mit 57 Nominierungen beim Emmy und Golden Globe bedacht. 1992 gab es sogar den „Primetime Emmy Award“für die beste Dramaserie. 1992 und 1993 gewann „Ausgerechnet Alaska“bei den „Golden Globes“in der Kategorie Drama. In Deutschland lief „Ausgerechnet Alaska“auch bei RTL, VOX und Dasvierte. Jedoch wurden die Folgen nachts ausgestrahlt, weshalb der Erfolg eher mäßig ausfiel. Da es in Alaska selbst zu kalt und teuer gewesen wäre, wurde das Leben der fiktiven Kleinstadt Cicely in der Stadt Rosly (Washington) gedreht. Cicely und die mannigfaltigen Bewohner stellen ein Abbild der amerikanischen Gesellschaft dar, aber auch einen utopischen Ort. Hier fallen so viele Facetten zusammen wie Tradition und Moderne, zum Beispiel als Maggie sich eine Waschmaschine holt und diese nach kurzer Zeit wieder zurückgibt, weil ihr der soziale Austausch im Waschsalon fehlt. Außerdem lebt Cicely von Mythen wie Maggies Filzhut im Traum. Gleichzeitig werden diese Vorgänge auf natürliche Weise erklärt. Die Menschen in der Kleinstadt gehören unterschiedlicher ethischer Abstammungen an, haben verschiedene Lebensstile und Religionen sowie politische Ansichten. All das wird akzeptiert und man lebt friedlich miteinander. Auch das könnte man als eine Art Lektion sehen. Cicely ist also ein idealisierter Ort, zu dem man sich hingezogen fühlt, weil dort ein friedliches Leben möglich ist.
Bonus-kult
Man sieht der Serie an, dass sie in den 1990ern gedreht wurde und nicht mit der heutigen technischen Qualität mithalten kann. Das heißt unter anderem kastenförmiges 1.33:1-Bildformat und durchschnittliche Bildparameter. Aber das spielt eigentlich auch gar keine so große Rolle, ist man doch hauptsächlich an den Charakteren interessiert. Wirklich farbenfroh ist die Serie nicht, was doch ganz gut zur Kälte Alaskas passt. Beim Stereo-ton sieht es ähnlich aus. Man hört das Alter. Hintergrundgeräusche, Musik und Dialoge sind allerdings gut aufeinander abgestimmt, weshalb die Verständlichkeit gegeben ist. Zu empfehlen ist das Bonusmaterial, das hier besonders punkten kann. Zu den meisten Folgen gibt es Bonusszenen mit nicht verwendeten oder schief gegangenen Takes. Außerdem gibt es eine Extra-disc, auf der Darren E. Burrows mit dem Zuschauer zurück nach Cicely geht und einiges zu den Serienhintergründen erzählt. Die Deluxe Box enthält ein Büchlein mit Informationen zu den Episoden, den Schauspielern und den Hintergründen.