„ICH STECKTE IN EINEM ABGEFAHRENEN SUPERHELDENANZUG!!“
IM GESPRÄCH MIT XOLO MARIDUEÑA, HAUPTDARSTELLER IN „BLUE BEETLE“
Hallo Xolo, hast Du eigentlich Angst vor Insekten? Oder magst Du sie?
Weißt Du was? Ich glaube als Kind gehörte ich definitiv zu denen, die Eidechsen und Insekten aufgehoben haben. Als Erwachsener mache ich das nicht mehr so gerne, aber ich ekel mich auch nicht davor. In einer kontrollierten Umgebung könnte ich vermutlich sogar eine große Spinne auf der Hand halten oder so was in der Art. Aber zufällig unter der Dusche? … Nein Danke!
Kanntest Du die „Blue Beetle“- oder auch „Teen Titans“-comics, bevor Du zum Filmprojekt gestoßen bist?
Yeah! Ich war ein großer Fan von „Young Justice“(2010). Das war die Animationsserie, in der Blue Beetle eine ganz coole Präsenz hatte. Nachdem klar war, dass ich im Film mitspiele, bekam ich die Chance, noch mal so richtig tief einzutauchen in seine Entstehungsgeschichte und die ganzen verschiedenen Handlungsstränge der Comics. Ich denke, das ist mein Lieblingspart an den Superheldenfilmen: Aus diesen ganzen kleinen Schnipseln verschiedener Comics eine kongruente Filmhandlung zu basteln. Es macht so viel Spaß, Originalmaterial aus den „Blue Beetle“-comics auszugraben und zu durchstöbern.
Wie genau bist Du zum Projekt gestoßen? Gab es ein Casting?
Der Casting-prozess war in Wirklichkeit eine Art längeres Vorstellungsgespräch. Vor drei bis vier
Jahren bekam ich die Chance, Angel (Regisseur Angel Manuel Soto, Anm. d. Red.) eher zufällig zu einem Dinner zu treffen. Und ich glaube, dass diese Konversation irgendwie in seiner Erinnerung hängen blieb. Als es dann soweit war, die Rolle zu besetzen – der größte Part des Films ist der Familienaspekt und die Beziehung des Hauptcharakters zu dieser – war unser Konsens also, dass wir die Art, wie wir unsere Familien lieben, dort integrieren wollten. Das war das größte Anliegen.
Von da aus musste man nur noch überlegen, was sonst noch anstand.
Und? Gibt es Parallelen zwischen der „Blue Beetle“-familie und Deiner eigenen?
Natürlich! Dieser Film machte mir klar, dass mir nicht bewusst war, dass ich eine Latino-typische Kindheit hatte. Also, wenn wir mexikanisches Essen zu uns nahmen, war das einfach nur ein ganz normales Mittag. Wir hörten Musik und niemand
machte ein großes Ding daraus. In diesem Film fühlt es sich genauso an. Als ich das Drehbuch las, war es so: „Oh Mann! Das ist ja wie bei meiner Familie!“Und auch, dass es nicht zwingend eine biologische Familie sein muss, war eine weitere wichtige Erkenntnis für mich. Es gibt so viele Faktoren, die Menschen miteinander verbinden. Das war einfach schön, diesen Fiim zusammen mit meiner Familie anzuschauen, weil sie sich repräsentiert sahen, ohne sich direkt darin wiederzufinden. Das sind ganz andere Charaktere. Damit hätte ich gar nicht gerechnet.
Trotz des Ganzkörperanzugs scheint der Blue Beetle eine recht physische Rolle zu sein. Wie musstest Du Dich darauf vorbereiten?
Ich hatte die wundervolle Möglichkeit, zuvor Martial Arts in „Cobra Kai“kennenzulernen. Das half mir. Ich musste aber auch so einiges an das Stunts-team abgeben, weil ihre Fähigkeiten meine weit übersteigen. Um den Film fantastisch werden zu lassen, habe ich sehr viel Zeit in diesem Anzug verbracht und auch sehr viele Stunts selbst gemacht. Sie haben allerdings letztlich dafür gesorgt, dass es wie ein außergewöhnlicher Superheldenfilm aussieht, indem sie einsprangen.
Konntest Du unter dem „Blue Beetle“-helm eigentlich gut atmen?
Es war definitiv etwas schwierig. Ich hielt mich nicht für eine klaustrophobische Person, bis ich diese Maske nur einen halben Zoll vor meinem Gesicht hatte, während ich Tritte und Schläge durchführen sollte. Man kann aber nicht zwingend sagen, dass es unkomfortabel war. Ich habe genug Konditions-training absolviert, um die Maske und den Anzug den ganzen Tag zu tragen. Außerdem: Ich steckte in einem abgefahrenen Superheldenanzug!! Das versetzte mich dermaßen in Aufregung, dass ich ihn am Abend gar nicht ablegen wollte. Das war, als würde jemand sagen – „OK, wir sind durch, kannst den Anzug ausziehen!“– Und ich dann „Neeiiin!“
In dem Film wird auch viel Spanisch geredet. Ist es für Dich genauso leicht, spanische
Dialogzeilen zu lernen, oder gibt es da einen Unterschied zu den englischen?
Für mich ist Spanisch die erste Sprache gewesen. Und als ich dann größer wurde, habe ich Englisch gesprochen. Das mache ich auch jetzt noch als Erwachsener. Der Film inspirierte mich dazu, mein Spanisch wieder zu reaktivieren. Meine Rolle Jaime spricht fließend Spanisch, weshalb ich sicherstellen musste, dass auch meine Aussprache flüssig rüber kommt. Es fühlte sich wie eine Erinnerung an meine eigenen Erfahrungen als mexikanisch-stämmiger Amerikaner an. Wie z.b. an meine Mutter, die ausschließlich Spanisch spricht. Und dann das Kind, was zur Hälfte in Englisch und in Spanisch antwortet. Da wurde echt gute Arbeit geleistet, ganz verschiedene Aspekte solcher Alltags-erfahrungen als Latino mit einzuarbeiten. Am Ende ist da nichts in Stein gemeißelt. Es gibt also nicht DIE eine Erfahrung. Jeder macht seine eigenen, weshalb wir viele verschiedene Erlebnisse und Geschichten einbauen wollten.
Es gibt unglaublich viele Superhelden. Was macht „Blue Beetle“einzigartig?
Eins der Dinge, die ich so sehr an dieser Geschichte liebe, ist, dass Jaime zusammen mit seiner Familie seine Superkräfte entdeckt und erforscht. Das hilft dabei, die Story von Anfang an allgemeingültig und bodenständig zu lassen. Es gibt keine Geheimhaltung vor Mom und Dad. Sie wissen es bereits ab der ersten Sekunde. Das ermöglicht eine völlig freie Erfahrung mit dieser Familie. Etwas anderes, was mir auch sehr gut gefällt, ist: Die Probleme, mit denen dieser Superheld und seine Familie zu tun haben, sind mit dem Schuldgefühl verknüpft. Es gibt keine Alien-invasion oder einen Typen, der die Welt übernehmen will. Jaime hat eine große Collegeverschuldung. Und er fühlt sich schuldig, weil seine Familie nun darunter leiden muss. Ihm kommt es vor, als verschwände er seine Zeit. Manche Dinge, die wir in unserem Film erkunden, sind sehr, sehr gut nachvollziehbar.
Bei „Blue Beetle“ist alles hell, farbenfroh und optimistisch. Warum, denkst Du, wählte man diesen Stil entgegen der düsteren Dc-filme?
Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob ich da zustimmen würde, dass DC grundsätzlich dunkle Geschichten bietet. Etwas, das mir besonders an DC gefällt, ist, dass sie die Filmemacher hervorheben. Sie erlauben ihnen, ihre eigene Vision der Geschichte zu verwirklichen. Und das sieht z.b. bei dem kürzlich erschienenen „The Batman“von Matt Reeves ein wenig düsterer aus. Aber es ist eine spezielle Handschrift. Matt Reeves Handschrift. Dann gibt’s auch noch Todd Phillips („Joker“, Anm. d. Red.) und Angel Manuel Soto mit seinem „Blue Beetle“… Der Unterschied liegt beim jeweiligen Filmemacher. Und ich bin sehr froh, dass unser Film viel Inspiration aus „Akira“zog – diese psychedelische, neon-artige, japanische Atmosphäre. Es wurden auch ganz viele Inspirationen aus anderen Kulturen gezogen. Genau darum geht es ja gerade bei den Kulturen, um ein Geben und Nehmen. Und das ist auch der Grund, weshalb dieser Film ein wenig anders aussieht. Wegen der Vision des Filmemachers.
Vielen Dank für das Gespräch!