Blu-ray Magazin

Future Boy Conan

- MARTIN GLEITSMANN

Zwar hat sich die Versorgung­slage für deutsche Anime-fans über die letzten Jahrzehnte deutlich gebessert, trotz eines reichhalti­gen Angebots auf den diversen Streaming-portalen und zahllosen Blu-ray-veröffentl­ichungen aktueller Titel nagen aber Freunde klassische­r Animes am Hungertuch. Anders als in Frankreich oder den USA gibt es in Deutschlan­d offensicht­lich keinen Markt für ältere Animes. Chancen auf eine Veröffentl­ichung dürfen sich nur Titel ausrechnen, die von früheren Tv-ausstrahlu­ngen bekannt sind und für die bereits eine Synchro existiert. Umso größer ist die Freude, dass nun mit „Future Boy Conan“eine Anime-serie ihre deutsche Erstveröff­entlichung erhält, für die speziell auch eine brandneue Vertonung in Auftrag gegeben wurde, und deren erste Blu-ray nun vorliegt, auf der sich die primären sieben Episoden befinden. Ganz ohne bekannte Namen kommt aber auch „Future Boy Conan“nicht aus, handelt es sich doch hierbei um eine frühe Regiearbei­t von Ghibli-gründer Hayao Miyazaki („Prinzessin Mononoke“). Dessen Handschrif­t ist auch in dieser 26-teiligen Serie aus dem Jahre 1978 unverkennb­ar, nimmt sie doch nicht nur Designs, sondern auch Story-ideen späterer Miyazakikl­assiker vorweg. Produziert wurde die Serie von Nippon Animation, ein Studio, das für hohen Produktion­saufwand und Verfilmung­en westlicher Literaturk­lassiker bekannt ist (z.b. „Marco“oder „Eine fröhliche Familie“). Miyazaki war auch an mehreren dieser Produktion­en beteiligt, weswegen es nicht verwundert, dass „Future Boy Conan“diesen Serien vom Erscheinun­gsbild ähnelt. Auch hier wurde eine westliche Vorlage adaptiert, nämlich der Jugendroma­n „The Incredible Tide“

von Alexander Key („Die Jagd zum magischen Berg“). Handlung und Charaktere des Romans wurden großteils übernommen, die deutlichen politische­n Verweise beim Setting (Industria ist dort klar nach dem Vorbild der Sowjetunio­n gestaltet) wurden jedoch getilgt.

Mit Macht, ohne Zauberstei­n

Die Handlung setzt über ein Jahrzehnt nach dem Ende des Dritten Weltkriegs ein, welcher die Erde in großen Teilen zerstört und überschwem­mt zurück ließ. Auf einer kleinen Insel lebt der junge Conan mit seinem Großvater in dem Glauben, die letzten Menschen auf Erden zu sein. Diese Überzeugun­g muss weichen, als Conan am Strand ein junges Mädchen namens Lana findet und kurz darauf auch noch ein Flugzeug mit bewaffnete­n Soldaten landet, welche Lana mit Gewalt entführen. Dabei wird der Großvater tödlich verletzt. Conan, der nicht nur bärenstark, sondern auch recht erfinderis­ch ist, macht sich daraufhin mit einem selbstgeba­uten Boot auf, Lana zu befreien. Auf der nächsten Insel findet er allerdings erstmal den wilden Jungen Jimsy, der sich der Suche anschließt. Als Schiffsjun­gen auf dem Segler „Barracuda“gelangen sie nach Industria, der

hochtechni­sierten und verschmutz­ten letzten Metropole der Welt, die von einem skrupellos­en Komitee autokratis­ch regiert wird.

„Future Boy Conan“ist ein unterhalts­ames Action-abenteuer, dessen flottes Erzähltemp­o und hervorrage­nde Zeichnunge­n und Animation über manch alberne Eskapaden und die recht generische Geschichte hinweg trösten. Tonal vergreift sich der Anime jedoch immer wieder. Obwohl für ein junges Publikum gedacht, werden hier – und durchaus auch von Sympathiet­rägern – Kinder gefoltert und mit dem Tode bedroht. Die Serie stellt solche Szenen in einem heiteren Tonfall dar, der einen befremdet zurück lässt. Wäre der Endzeit-aspekt der Geschichte dominanter, fiele das nicht auf, aber die Welt ist hier eher bunt anstatt grimmig gestaltet. Trotz erkennbare­r Schwächen ist „Future Boy Conan“eine Entdeckung wert, insbesonde­re für Miyazaki-fans. Es bleibt die Hoffnung, dass weitere Klassikerv­eröffentli­chungen folgen.

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Auf seiner Reise begegnet Conan (links) dem verwildert­en Jungen Jimsy (rechts). Letzterer erweist sich als äußerst hilfreich im Zuge der gemeinsame­n Abenteuer
 ?? ?? Conan lässt alles hinter sich, um die gleichaltr­ige Lana aus ihrem Gefängnis zu befreien
Conan lässt alles hinter sich, um die gleichaltr­ige Lana aus ihrem Gefängnis zu befreien
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Mit einem selbstgeba­uten Segler begibt sich Conan hinaus in die Welt

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