Die Verachtung (UHD)
Jean-luc Godards teuerster wie auch konventionellster Film zeigt das nicht Greifbare: Es geht um den Moment, in dem sich eine Beziehung in Luft auflöst. Niemand ist Schuld. Nichts kann dagegen getan werden. Es passiert einfach. Zugleich ist es ein Film übers Filmemachen. Über die komplizierte Beziehung zwischen abgehobenen, europäischen Künstlern und dem amerikanischen Geldgeber. Der Reibungsfläche zwischen elitärem Bildungsbürgertum und ungehobeltem Kommerz. Über Sprachbarrieren und die unterschiedlichen Perspektiven der Geschlechter. Und nicht zuletzt ist „Die Verachtung“ein Film über Brigitte Bardot („Und immer lockt das Weib“), dem zu der Zeit bekanntesten europäischen Filmstar, den Jean-luc Godard als seine Art der modernen, emanzipierten, mysteriösen, aber auch irrationalen Frau – als Kunstobjekt – darstellen wollte, während Us-produzent Joseph E. Levine die Schauspielerin vor allem als Investition und als kommerziellen Erfolgsgarant für diesen Film betrachtete.
Es ist also ein Film mit großer Selbstreferenz, dessen Anfang Produzent Jeremy Prokoschs (Jack Palance) ruppiger Anmachversuch gegenüber Camille (Brigitte Bardot) bildet, während ihr Mann Paul (Michel Piccoli) keine Anstalten macht, dazwischen zu gehen. Stattdessen gilt sein Interesse der Assistentin und Dolmetscherin Francesca (Giorgia Moll). Der Film-mittelteil ist ein langer Dialog zwischen dem Paar Camille und Paul in ihrer unfertigen Wohnung. Das Ende ein tragischer, aber auch bedeutungsloser Abschied. Als roter Faden dient Homers Odyssee und die zum Scheitern verurteilte Verfilmung ebenjenes Epos durch Fritz Lang (der sich hier selbst spielt), der deutschen Regielegende, die in Zeiten der schnellen Fernseh-produktionen so antiquiert wirkt wie dessen Zitate diverser deutscher Schriftsteller und Dichter. Und niemand versteht niemanden, selbst die Dolmetscherin fährt ihren eigenen Kurs. Abgesehen von der erwartungsgemäß schlechten Ton-qualität ist das neu von Kamera-negativ und Interpositiv gescannte, restaurierte Bild mit seinen satten Farben und den wenigen unscharfen Ausnahmeszenen ein Kleinod für Freunde des klassischen, französischen Kinos.