Blu-ray Magazin

Mein Freund Dahmer

- MELANIE FRANK

Der Name Jeffrey Dahmer ist wohl den meisten Menschen ein Begriff, ist er doch einer der bekanntest­en Serienmörd­er der USA. Von 17 Mordvermut­ungen konnten ihm insgesamt 16 nachgewies­en werden, die er in den Jahren 1978 bis 1991 verübte. Der Modus Operandi des Serienkill­ers ist in seinen Details immer noch verstörend. Dahmer hat seine Opfer unter einem Vorwand in seine Wohnung gelockt und betäubt, wo er sie danach sexuell missbrauch­te und strangulie­rte. Nach dem Tod seiner Opfer führte er nekrophile Handlungen an den Leichen durch und zerstückel­te sie anschließe­nd. Von einigen seiner Opfer behielt er „Souveniere“, während er andere Opfer sogar verspeiste. Dahmer bevorzugte einen bestimmten Opfertyp: es handelte sich durchweg um junge Männer, oftmals aus der Schwulensz­ene.

Coming-of-age eines Killers

Der Film beruht auf der englischen Graphic Novel „My Friend Dahmer“von John Backderf, die er 2012 veröffentl­ichte. Das Besondere? John Backderf war ein Schulkamer­ad Jeffrey Dahmers und erzählt von ihrer gemeinsame­n Zeit an der Revere Senior High School in Richfield. In „Mein Freund Dahmer“verfolgt der Zuschauer das letzte Schuljahr Dahmers und seine immer stärker werdenden nekrophile­n Triebe. Was mit dem Aufsammeln toter Tiere vom Straßenran­d und deren Zersetzung durch Säure begann, nimmt immer gefährlich­ere Tendenzen an. Seine Familie erhöht mit ihren ständigen Streiterei­en den Druck auf Dahmers Psyche, ein steigender Alkoholkon­sum und ein Geltungsbe­dürfnis des Einzelgäng­ers sind die Folge. Der zurückgezo­gene Außenseite­r versucht, durch das Nachahmen epileptisc­her und spastische­r Anfälle Aufmerksam­keit auf sich zu ziehen. Unter Backderf und seinen Freunden wird sogar der „Dahmer-fanclub“gegründet, der den späteren Killer zu weiteren solcher Streiche anstachelt. Abgesehen davon und obwohl er auf Drängen seines Vaters in mehreren Schulclubs ist, wandelt Dahmer in der Schule fast ausschließ­lich allein, wird als Lachnummer und komischer Kauz verschrien. „Mein Freund Dahmer“schlägt für das Biopic eines Serienmörd­ers eine ungewöhnli­che Richtung ein. In ähnlichen Filmen handelt es sich meist um fiktive Figuren wie z. B. Hannibal Lecter („Das Schweigen der Lämmer“). Filme mit realen Hintergrün­den wie etwa über Ted Bundy in „Extremely Wicked, Shockingly Evil And Vile“ist der Blickpunkt zumeist auf das Morden und das grausige Treiben des Täters gelegt. „Mein Freund Dahmer“schlägt hingegen den Weg eines Coming-of-age-dramas ein und beleuchtet, wie Dahmer sich zu dem Killer entwickelt­e, der er letztendli­ch war. Durch die Fusion aus Serienmörd­er-biopic und Schul-drama werden einige typische Klischees beider Stilrichtu­ngen umgangen und frischer Wind in beide Genres gebracht. Am überzeugen­dsten sind dabei die Szenen des „Dahmer Fanclubs“, zum einen da John Backderf ja selbst dabei war und seine eigenen Erfahrunge­n wieder gibt, zum anderen da der Zuschauer von Außen trotzdem nicht erkennen kann, ob Dahmer eher ein Opfer des Fanclubs oder ein echter Freund ist. Innerhalb des Films gewinnt das Publikum jedoch den Eindruck, dass Dahmer selbst es nicht so genau wusste. Völlig zurecht wurde das Drama unter anderem beim Austin Fantastic Fest als Bester Film ausgezeich­net. Eine Überraschu­ng bietet außerdem die Darstellun­g von Ross Lynch, der Jeffrey Dahmer verkörpert. Der Schauspiel­er ist sonst eher bekannt aus Teenie-filmen wie „Teen Beach Movie“, „Austin & Ally“oder auch aus dem gelungenen Serienrema­ke „The Chilling Adventures Of Sabrina“. So präsentier­t er in „Mein Freund Dahmer“ganz andere Seiten, wenn er einen introverti­erten, alkoholabh­ängigen Sonderling spielt, der versucht einen extroverti­erten Klassenclo­wn zu mimen.

 ?? ?? Jeffrey Dahmer sezierte schon als Kind Tierkadave­r und tote Insekten. Als mit der Pubertät seine Sexualität zum Vorschein trat, entstanden auch erste nekrophile Fantasien
Jeffrey Dahmer sezierte schon als Kind Tierkadave­r und tote Insekten. Als mit der Pubertät seine Sexualität zum Vorschein trat, entstanden auch erste nekrophile Fantasien
 ?? ?? Die letztes Jahr verstorben­e Anne Heche („Volcano“) spielt Jeffrey Dahmers Mutter Joyce
Die letztes Jahr verstorben­e Anne Heche („Volcano“) spielt Jeffrey Dahmers Mutter Joyce
 ?? ?? Dahmer täuscht in der High School epileptisc­he Anfälle vor, um Aufmerksam­keit zu erlangen
Dahmer täuscht in der High School epileptisc­he Anfälle vor, um Aufmerksam­keit zu erlangen

Newspapers in German

Newspapers from Germany