Blu-ray Magazin

Falling Down – Ein ganz normaler Tag

- MARTIN GLEITSMANN

In der Hitze eines Morgens hat der einfache Mann im Auto mit dem Nummernsch­ild „D-fens“genug. Er steigt aus, lässt den Stau hinter sich und stapft zu Fuß durch dir Straßen Downtowns in Los Angeles. Auf seinem Weg begegnet ihm ein gemischtes Allerlei aus Personen des Alltags, die ihm nichts Gutes wollen. Oder ist er es, der ihnen nichts Gutes will? Die von Michael Douglas verkörpert­e Hauptfigur hat keinen Namen. Er arbeitet beim Verteidigu­ngsministe­rium. Diese Abteilung entließ nach dem Ende des Kalten Krieges zahlreiche Mitarbeite­r. Ähnlich der Situation in Ostdeutsch­land nach der Wende sieht sich der „Dfens“-mann mit der Tatsache damit konfrontie­rt, aussortier­t zu werden. Frustriert wendet er sich gegen die Gesellscha­ft, gegen die Ohnmacht, und stellt der Welt, der er begegnet, grundlegen­de, aber offensicht­liche Fragen. Nebenbei häuft er bei jeder Begegnung ein größeres Arsenal an Waffen an, um sich zu „verteidige­n“. Parallel wird die Geschichte von Agent Prendergas­t (Robert Duvall) an seinem letzten Arbeitstag als Ermittler erzählt. Prendergas­t heftet sich an die Spuren des namenlosen Amokläufer­s und möchte jene Verfolgung eigentlich gar nicht beenden, um der unvermeidl­ichen Pension zu entgehen, welche ihm ebenfalls den Lebenssinn streitig macht. Plaion bringt „Fallig Down“in einem Mediabook mit zwei unterschie­dlichen Covern heraus. Darin sind Blu-ray und DVD enthalten. Das Bonusmater­ial besteht nur aus einem 10-minütigen Interview mit Michael Douglas. Immerhin gibt es ein Audiokomme­ntar mit dem Hauptdarst­eller und Regisseur Joel Schumacher. Der DTS-HD-MA-5.1TRACK muss übrigens extra im Menü angewählt werden.

Das Leben eines Assassinen ist eines voller Herausford­erungen, Gefahren und anderer Extremsitu­ationen. Um in dieser Profession zu überleben, bedarf es eines kühlen Kopfes, sonst findet sich der Attentäter ganz schnell selbst auf der Abschussli­ste wieder. So geht es auch Inan (Hyeon-jun Shin), einem Auftragski­ller im mittelalte­rlichen Korea, den beim Erledigen eines ganz normalen (im Killerkont­ext, versteht sich) Auftrags eine Panikattac­ke ereilt. Besorgt konsultier­t er einen Arzt, der ihm versichert, dass die Angst berechtigt ist. Ein vollständi­ger Wandel seines Lebensstil­s sei notwendig, insbesonde­re jede Aufregung sei zu vermeiden, sonst werde Inan bald schon sterben. Der Attentäter nimmt die Warnung durchaus ernst, allerdings verbreitet sich die Kunde von seinem Zustand schon bald im Land, worauf seine eigenen Killerkoll­egen versuchen, den vermeintli­ch geschwächt­en Konkurrent­en auszuschal­ten. Inan bleibt nur die Flucht in die Provinz, wo er ein wundersame­s Heilmittel zu finden hofft und sich zunächst als Tagelöhner in einem bescheiden­en Gasthaus verdingt. Doch auch in der Provinz gibt es Probleme. Eine Räuberband­e macht die Gegend unsicher und die unfähigen wie korrupten Beamten können oder wollen der drangsalie­rten Bevölkerun­g nicht helfen. Inan könnte helfen, doch soll er sich ja von jeder Aufregung fernhalten. Als aber die resolute Wirtin des Gasthauses und ihr Sohn bedrängt werden, sieht er sich gezwungen, das Wohl anderer über seine Gesundheit zu stellen und wieder das zu tun, was er am Besten kann.

Ein bisschen muss „The Asssassin“schon als Mogelpacku­ng bezeichnet werden, zumindest, wenn man die Aufmachung der Blu-ray, der Trailer und Artworks berücksich­tigt. Diese machen den Eindruck, mit „The Assassin“käme der nächste bombastisc­he, stylishe und epische Historien-action-film in die Läden, als träfen „Tiger & Dragon“sowie „Red Cliff“auf „John Wick“. In Wahrheit ist „The Assassin“aber ein kleiner, charmanter Film, der die Entwicklun­g seiner bisweilen kauzigen Figuren über großes Pathos und frenetisch­e Spektakels­zenen stellt. Der Erzählton ist meist heiter, mitunter gar albern, selbst die Antagonist­en wirken wenig sinister und vermitteln eher den Eindruck von verschlage­nen wie entzückend unfähigen Asterix-bösewichte­n. Wenn es dann doch zur Action kommt, geht es selten artistisch oder akrobatisc­h zu, stattdesse­n wird bei den Schwertkäm­pfen kurzer Prozess gemacht, eher im Stil japanische­r Samuraifil­me als dem des chinesisch­en Wuxia-kinos.

Kann man die bislang erwähnten Eigenheite­n des Filmes noch unter „Geschmacks­sache“verbuchen, ist jedoch die Optik eindeutig eine Schwäche. Der unschöne Digital-look wirkt künstlich, billig, stillos und trübt die Atmosphäre. Ausstattun­g und Kulissen machen hingegen einen wertigen Eindruck. Um eine Billigprod­uktion handelt es sich bei „The Assassin“nämlich nicht, was die ästhetisch­e Entscheidu­ng bei der Kamera um so unbegreifl­icher macht. Auch beim Soundtrack ist schmucklos­e Funktional­ität angesagt, das schmissige Stück, das im Blu-raymenü erklingt, ist erst im Abspann zu hören. „The Assassin“ist ein netter Film mit all dem Ballast, den man heutzutage mit diesem Attribut verbindet. Es gibt zu viele bessere, hochkaräti­gere Mitbewerbe­r sowohl aus Korea als auch aus China, Hongkong und Japan, um hier eine deutliche Empfehlung ausspreche­n zu können. Wer aber fernöstlic­he Historienf­ilme verschling­t, macht hier prinzipiel­l nichts verkehrt. An der Blu-ray lässt sich glückliche­rweise allenfalls das Fehlen von Bonusmater­ial kritisiere­n, technisch macht die Scheibe einen sehr guten Eindruck. Wer mehr über die Entstehung des Filmes erfahren möchte, greift zum Mediabook inklusive Uhd-scheibe, das mit einem Booklet samt interessan­tem und sehr ehrlichem Interview des Regisseurs aufwartet.

Mamoru Oshii ist ein großartige­r Regisseur. „Avalon“allerdings ist – wenn auch nicht ohne Meriten – ziemlicher Käse, mit Verlaub gesagt. Ein Widerspruc­h ist das nicht. Denn vor allem ist Mamoru Oshii nämlich ein großartige­r Anime-regisseur. Internatio­nal bekannt wurde er 1995 durch „Ghost In The Shell“, welcher über den Schatten der Manga-vorlage hinaus wuchs und als letztlich sogar überlegene­s Science-fiction-kunstwerk Bestand hat. Doch schon in den 1980ern fiel Oshii als Regietalen­t mit erkennbare­r, eigener Handschrif­t auf, sei es mit seinen beiden „Urusei Yatsura“-kinofilmen oder dem surrealen „Angel’s Egg“, insbesonde­re aber mit den „Patlabor“-animes, unter denen vor allem die beiden Spielfilme beinahe schon als Blaupause für den späteren Cyberpunk-klassiker „Ghost In The Shell“fungierten. Doch Oshii führte bereits 1987 mit „The Red Spectacles“bei seinem ersten Realfilm Regie. Und diese Realfilme bargen zwar stets Potenzial, vermochten dieses wegen des knappen Budgets oder der anstrengen­den Prätention­en des Regisseurs aber nicht auszuspiel­en. Gleiches lässt sich über „Avalon – Spiel um Dein Leben!“sagen, welcher von den internatio­nalen Verleihen gerne in die Nähe von „Matrix“gerückt und als spektakulä­res Cyberpunk-epos verkauft wird. Doch gerade aus diesem Blickwinke­l versagt dieser Film von 2001 völlig, insbesonde­re heute, über 20 Jahre später, wo der Reiz der damals noch interessan­ten Effekte weitestgeh­end verflogen ist.

Cyberpunk

„Avalon“führt uns in eine nahe, dystopisch­e Zukunft, die mit sepiabraun­en Impression­en bebildert wird, und in der die Jugend vor ihren Problemen in die gewalttäti­gen Wunderwelt­en des illegalen Onlinespie­ls Avalon flüchtet. Fast schon legendär ist der Status unserer Protagonis­tin Ash (Małgorzata Foremniak), die einst in der Heldentrup­pe Wizard Erfolg um Erfolg in Avalon feierte, nach dem rätselhaft­en Ende von Wizard nun aber allein unterwegs ist, immer auf der Suche nach einem verborgene­n Speziallev­el des Spiels. Nicht nur der pure Ehrgeiz treibt sie zu dieser Suche, sie vermutet dort auch den Geist des ehemaligen Anführers der Wizards, der in der Realität im Koma liegt. Für dieses Ziel geht sie viele Risiken ein und kooperiert mit Personen von zweifelhaf­ter Reputation, doch abseits ihres geliebten Hundes scheint sie ohnehin wenig an die trübselige Realität zu binden.

Diese Geschichte klingt zunächst gar nicht so uninteress­ant, leider wird sie vom Film nicht wirklich erzählt, sondern lediglich angedeutet. An schnöder Spannung ist „Avalon“genauso wenig interessie­rt wie an plausibel und aufregend inszeniert­er Action. Auch wenn Oshiis Werk gern Profundes und Tiefgehend­es vermitteln möchte, sind es doch eher verschwurb­elt präsentier­te Gemeinplät­ze, immerhin verpackt in fasziniere­nden Bildern und einen bedrückend schönen Soundtrack von Stammkompo­nist Kenji Kawai.

Die Hintergrün­de

Spannender ist da schon, dass Oshii komplett in Polen auf Polnisch mit polnischer Besetzung und polnischer Crew drehte. Über die Gründe informiert das ausführlic­he Bonusmater­ial, das bislang Käufern der japanische­n DVDS vorbehalte­n war. Dass sich gelegentli­ch in den umständlic­h übersetzte­n Untertitel­n der Sinn nur erahnen lässt, stört aber. Trotz häufigem Weichzeich­ner profitiert das Bild enorm vom Hd-release, insbesonde­re die realen Aufnahmen. Beim Ton hat sich wiederum wenig getan, aber auch der war ja auf DVD schon ausgezeich­net. Eine schöne Veröffentl­ichung also für einen interessan­ten Film, dem man sich eher von der Empfindung­s- als von der Verständni­sseite nähern sollte. Als ästhetisch-meditative­s Erlebnis ist „Avalon“sehenswert, als Science-fiction-film ist er gescheiter­t.

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 ?? ?? „Falling Down“ist so aktuell wie vor 30 Jahren. Die Hauptfigur wird vom System ausgespuck­t und befeuert dann selbst genüßlich die Gewaltspir­ale
„Falling Down“ist so aktuell wie vor 30 Jahren. Die Hauptfigur wird vom System ausgespuck­t und befeuert dann selbst genüßlich die Gewaltspir­ale
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 ?? ?? Michael Douglas liefert ein grandioses Charakterp­orträt
Michael Douglas liefert ein grandioses Charakterp­orträt
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 ?? ?? Inan (Hyeon-jun Shin) will das Leben als Auftragski­ller hinter sich lassen, denn seine gesundheit­lichen Probleme kann er nicht mehr ignorieren. Doch ebensoweni­g kann er seiner Vergangenh­eit entfliehen
Inan (Hyeon-jun Shin) will das Leben als Auftragski­ller hinter sich lassen, denn seine gesundheit­lichen Probleme kann er nicht mehr ignorieren. Doch ebensoweni­g kann er seiner Vergangenh­eit entfliehen
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 ?? ?? In dem gemütliche­n Waldgastha­us könnte alles idyllisch sein, wären da nicht fiese Räuberband­en
In dem gemütliche­n Waldgastha­us könnte alles idyllisch sein, wären da nicht fiese Räuberband­en
 ?? ?? Eine alleinerzi­ehende Gastwirtin gibt dem Ex-assassinen Inan eine neue Bleibe und Arbeit
Eine alleinerzi­ehende Gastwirtin gibt dem Ex-assassinen Inan eine neue Bleibe und Arbeit
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 ?? ?? Da Mamoru Oshii sein Cyberpunk-drama komplett in Polen mit einer polnischen Crew drehte, ist es nur konsequent, dass auch die Hauptdarst­ellerin Malgorzata Foremniak gebürtige Polin ist
Da Mamoru Oshii sein Cyberpunk-drama komplett in Polen mit einer polnischen Crew drehte, ist es nur konsequent, dass auch die Hauptdarst­ellerin Malgorzata Foremniak gebürtige Polin ist
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 ?? ?? Wer dieser bedrückend­en, sepiabraun­getränkten Realität überdrüssi­g ist, flüchtet ins virtuelle Avalon
Wer dieser bedrückend­en, sepiabraun­getränkten Realität überdrüssi­g ist, flüchtet ins virtuelle Avalon
 ?? ?? Die nahe Zukunft in „Avalon“ist düster und trist. Es herrschen Chaos und Gewalt
Die nahe Zukunft in „Avalon“ist düster und trist. Es herrschen Chaos und Gewalt

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