Ohne Grenzen
Die Expedition, die die Welt veränderte
Es ist dem italienischen Gelehrten Antonio Pigafetta zu verdanken, dass die Geschichte um Fernando Magellans Expedition zur Erschließung der Westroute nach Indien in die Geschichtsbücher einging. Ohne seine Tagebücher von der Weltumsegelung auf der Victoria, begleitet von vier weiteren Schiffen, würde die Magellanstraße heute wohl einen anderen Namen tragen. Dass der Initiator der Reise selbst nicht zurückkehrte, wird im Geschichtsunterricht genauso gelehrt wie sein „Verrat“an der portugiesischen Krone, nachdem man ihm eine königliche Audienz verwehrte. Die Serie baut daher mehrere Charaktere zu Protagonisten auf: Neben Magellan („Westworld“-star Rodrigo Santoro) auch noch Steuermann Elcano (Álvaro Morte) sowie besagten Chronisten Pigafetta. In den sechs Episoden der Miniserie hat es die 240 Mann starke Crew, von denen es nur 90 lebend zurück nach Spanien schaffen werden, u.a. mit Aberglauben, Sabotage, Lebensmittelknappheit, Krankheit, Meuterei oder angreifenden Schiffen zu tun, wobei Magellan als Expeditionsleiter ebenfalls ein Grund für das ein oder andere gewaltsame Ableben ist. Die sozialen Konflikte an Bord des Hauptschiffes, aber auch entlang der Route gen Gewürzinseln sind das Kernelement der abenteuerlichen Historienserie, die sich Mühe gibt, mittels Kostümen, Ausstattung und
visueller wie praktischer Effekte authentisch zu wirken. Sechs 50-Minuten-episoden muten da fast zu wenig an. Andererseits kommt dadurch Abwechslung ins Spiel, sodass keine Episode der anderen gleicht. Schade nur, dass es keinen Grund gibt, wirklich emotional mitzufiebern.
Dass Werwölfe nicht zwingend für den primitiven, männlichen Sexualtrieb stehen, wissen wir spätestens seit „An American Werewolf In Paris“(1997), in dem die zauberhafte Julie Delpy als Serafine Pigot versucht, ihren amerikanischen „Love Interest“(Tom Everett Scott) in den Vollmondnächten vor ihrem unstillbaren Appetit auf Fleisch zu bewahren. Und vor ihrer Nazi-familie, deren Kult einen Weg gefunden hat, den Fluch für ihre Zwecke zu missbrauchen. Zwar ist die Konstellation zwischen Mary (Isla Fisher) und Gary (Josh Gad) ähnlich haarig. Jedoch steht die unkontrollierbare Verwandlung in ein Monstrum in dieser sechsteiligen Beziehungs-dramödie für etwas ganz anderes. Marys Ernährungsverhalten bei Vollmond dient nämlich nur als Motiv für ihre ständige Fluchtbewegung und die riesige emotionale Mauer, die sie um sich aufgebaut hat. Ein traumatischer Vorfall während ihrer Europa-reise sorgte dafür, dass die Chicagoerin ins sommerliche Idyll Australiens zog, um einen Neuanfang zu wagen. Immer, wenn die Sonne an bestimmten Abenden untergeht, schließt sie sich mit ausreichend „Snacks“in ihrem Keller ein, dessen Stahltür eine besondere Schließvorrichtung besitzt, die quasi die stahlverstärkten Rollläden des ganzen Hauses herunter lässt. Und das ist im Prinzip alles, was das Serienpublikum von ihrem „Problem“zu sehen bekommt. Nun ja, fast! Man sollte aber darauf gefasst sein, eben keinen großen Werwolf-horror präsentiert zu bekommen. Dass die Serie dennoch ein FSK-16-LOGO erhielt, liegt an ein paar Sekunden in der letzten Episode der ersten Staffel, die im Oktober eine Fortsetzung erhält. Immerhin bekommt man dort den Beweis, dass sich die Serienschöpfer nicht aus Kostengründen vor einer Werwolf-darstellung gedrückt haben, denn das Design des Monstrums, das analoge (!) Kostüm und die Darstellung sind wirklich gelungen. Die visuelle Abwesenheit dient eher der Mythenbildung bzw. der Vorbereitung des Höhepunkts, bei dem das Publikum eben den Teil Marys sieht, den sie permanent zu verbergen sucht.
Zusammenstöße
Gary wiederum hat als alleinerziehender Vater sein eigenes Päckchen zu tragen. Seit dem Tod seiner Ehefrau haben er und seine Tochter Emma (Ariel Donoghue) psychische Probleme. Während Gary sein ganzes Sein nur noch auf Emma konzentriert, plagen die Elfjährige Panikattacken, Selbstmordgedanken, Angstzustände. Erst der empathische Rotschopf Mary bricht das Dilemma des voneinander entfremdeten Duos auf. Das Beziehungschaos um Gary und Mary scheint übrigens für 90 Prozent aller Verkehrsunfälle in dieser Gegend verantwortlich zu sein. Wollen wir hoffen, dass sie sich bald auf eine feste Partnerschaft einigen, damit nicht noch mehr Menschen sterben müssen. Bis dahin ist es aber noch ein steiniger Weg voller Verfolgungsjagden (Mary ist sprichwörtlich dauerflüchtig) und tiefgreifender Gespräche über innere Befindlichkeiten, die Macht der Musik sowie übers Schicksal. Ein paar Hühner müssen ebenfalls dran glauben. Am besten lässt sich die australische Serie also als sehr sensibles Beziehungsdrama mit humoriger Note und einem Mü Werwolf-symbolik beschreiben, das lediglich dazu da ist, um Liebe als etwas zu beschreiben, was selbst so etwas Lebensgefährliches wie einen inneren Wolf als Teil des Partners akzeptieren kann. Vielleicht sogar noch mehr – diesen hässlichen Part als etwas Schönes betrachten kann. Nicht ganz so schön ist eine kleine Bildstörung in der 25. Minute der ersten Episode, die im oberen rechten Bildausschnitt erscheint, während Mary rennt. Glücklicherweise bleibt es bei diesem einen Ausrutscher, während die restliche Zeit über das Bild mit sommerlicher Farbgebung punktet, die einen erholsamen Kontrast zu den psychischen Problemen der Protagonisten bildet.