Blue Beetle
Das DC Extended Universe lockt mit weiteren Sensationen, diesmal aus dem frischeren Kanon der „New 52“, welcher nach der Jahrtausendwende seine Veröffentlichung fand. Blue Beetle schwingt sich von der „Infinite Crisis“-comicreihe auf die große Leinwand. Dabei wird der blaue Käferheld recht farbenfroh und kinderfreundlich inszeniert.
Jaime Reyes (Xolo Maridueña) ist gerade mit seinem Studium fertig und kehrt dank des amerikanischen Bildungssystems mit einem Haufen Schulden zu seiner ärmlichen Familie nach Florida zurück. Mit einer einfachen und ehrlichen Arbeit versucht der junge Latino-amerikaner, seinen Kontostand wieder ins Reine zu bringen, doch gibt es für Menschen mit Migrationshintergrund nur wenige aussichtsreiche Berufserlebnisse. Als Reinigungskraft fängt er bei Kord-industries an und stößt per Zufall auf die fliehende Jenny Kord (Bruna Marquezine), welche ihm ein Päckchen in die Hand drückt. Zuhause angekommen, findet Jaime darin einen großen blauen Skarabäus, der ein-, zweimal aufleuchtet und dann dem Finder volle Möhre ins Gesicht hüpft. Aus Jaime Reyes wird Blue Beetle! Er steht für Frieden, Gerechtigkeit und das Recht auf einen Job mit Mindestlohn!
Humor von Anfang an
Obwohl nur die wenigsten hierzulande „Blue Beetle“als Comic kennen dürften, zählt er tatsächlich zu den ältesten Superhelden-reihen überhaupt. Seinen ersten Auftritt hatte der Käfermann genau wie sein Kollege Batman im Jahre 1939. Gezeichnet von einem gewissen Charles Nicholas Wojkowski war Blue Beetle von Anfang an mit Humor versehen und nicht so düster angeleg wie der Dunkle Ritter. Der erste Mann, der in die Rolle schlüpfte, war der Polizist Dan Garett, welcher in den späteren Reihen der 1950er bzw. 60er Jahre zum Archäologen umgeschrieben wurde. Mit dem Millionär Ted Kord wurde in den 80ern und 90ern der zweite Blue Beetle ins Leben gerufen.
Und hier tritt auch die Handlung des Films ein. Ted Kord ist verschwunden, seine Schwester Victoria (Susan Sarandon) hat das Ruder übernommen und führt es mit eiserner sowie ruchloser Hand. Nichte Jenny fühlt sich daher dazu berufen, ihrer Tante das Handwerk zu legen. Als Held der Geschichte wurde der junge Latinoamerikaner Jaime Reyes auserkoren. Jaime ist seines Zeichens der offizielle dritte Blue Beetle, der seit 2006 die Leserschaft durch seine Comicreihe führt. Im Film selbst sind die Kostüme der zwei Vorgänger in der Käfer-kommandozentrale (Beetle-cave?) ausgestellt. Und den Spürsinn für Humor legt der junge Nachfolger auch gleich an den Tag.
Latino-charme als Identität
Seit den ersten Trailern ist nicht von der Hand zu weisen, dass es sich bei dieser Comicverfilmung um eine von vielen handelt. „Blue Beetle“setzt auf den gleichen Humor wie Marvels Spider-man. Anstelle von Tony Starks Jarvis redet Jaime mit der Anzug-ki Khaji-da (Sängerin Becky G). Auch in den eigenen Reihen des Dc-universums sieht es finster um einen Platz für Jaime aus, da die Rolle des Sprüche klopfenden Jungspunds schon an den Flash geht. Vielleicht sollte Herr Reyes doch wieder das Studium aufnehmen? Aber Nein! Warner Bros und Autor Gareth Dunnet-alcocer waren sich dieses Umstandes bewusst und gaben dem Setting des Films einen lateinamerikanischen Anstrich. Was also „Black Panther“für die afrikanische Kultur war, sollte „Blue Beetle“nun für die mexikanische sein. Unter anderem fordert Jaime von dem englischsprachigen Volk, dass sein Name
ordnungsgemäß ausgesprochen wird – also Ch:aime; nicht T:schemi. Außerdem findet die Figur El Chapulin Colorado im Laufe der Handlung Erwähnung. Es handelt sich hierbei um eine mexikanische Tv-show aus den 1970er Jahren mit einem Superhelden im Bienenkostüm, welcher schon von den „Simpsons“als Bienenmann verulkt wurde. Selbst die Hintergründe des Bösewichtes Carapax (Raoul Max Trujillo) wurzeln in der kubanischen Revolution der 1960er Jahre. Doch auch Carapax ist nur eine Marionette der Imperialisten – hier vertreten durch Victoria Kord, die mit rassistischen Aussagen um sich wirft und ihren mexikanischen Mitarbeiter stets Sanchez nennt, obwohl der Mann gar nicht so heißt. Im Übrigen versteckt auch Großmutter Nana Reyes (Adriana Barraza) die Vergangenheit als ehemalige Revoluzzerin vor ihrer Familie. Auf der anderen Seite geschieht die Verwandlung von Jaime zu Blue Beetle vor der ganzen Familie. Regisseur Angel Manuel Soto hielt es für unrealistisch, dass der Protagonist seine Identität als Superheld in seiner mexikanischen Großfamilie geheim halten könnte. Na ja, Nana hat es wohl geschafft.
Farbenfrohes Kinderspektakel
Auf der dargestellten Ebene versucht der Film ebenso einen eigenen Charakter aufzubauen. Kräftige Neonfarben und ein dazu passender 80er/90er-synthwave-soundtrack harmonieren in vollkommener Einheit miteinander. Doch gelang es nicht wie erhofft, das Publikum damit massenhaft in die Kinos zu ziehen. Vielleicht lag es – neben der Übersättigung an Superheldenproduktionen – auch an dem kindlichen Charme des Films. So sehr die inhaltlichen Referenzen zur mexikanischen Kultur aufgegriffen werden, so schnell verschwinden sie auch wieder aus dem Film, ohne für die Handlung relevant zu sein. Der prekäre soziale Stand, in dem sich Jaime in den ersten 20 Minuten befindet, spielt ab dem Zeitpunkt seiner Verwandlung keine große Rolle mehr. Des Weiteren dient die Anspielung auf das revolutionäre Kuba den Bösewichten nur als Existenzgrundlage. Und der Rassismus von Viktoria Kord ist im deutlichen Maße heillos überzeichnet. Was sich auf der Leinwand abspielt, ist das Muster eines klassischen Superhelden-sujets, wie wir es in den letzten Jahrzehnten mit zahlreichen Beispielen erleben durften. Dabei ist „Blue Beetle“keine erwachsene Comicverfilmung wie „Watchmen“oder die „Dark Knight“trilogie mit ihren existenziellen wie gesellschaftskritischen Fragen. Der Käfer-hero ist primär für Kinder gedacht und damit einfach gehalten. Vielleicht wollte Warner mit dem neuen Dc-universe auch eine neue Zielgruppe erreichen, um es dann später langsam erwachsener anzugehen. Der Plan ging für das Filmstudio in finanzieller Hinsicht erstmal leider nicht auf.