Master Gardener
Als Paul Schrader 2022 auf den Filmfestspielen in Venedig „Master Gardener“vorstellte, rechnete er wohl schon mit einer kleinen Welle der Empörung, da seine Protagonisten sowie seine Geschichte alles andere als einfach sind. Im Zentrum der Handlung steht der etwa 40-jährige Narvel (Joel Edgerton), seines Zeichens ehemaliger Neo-nazi, der nun im Rahmen eines Zeugenschutzprogrammes als Meister-gärtner auf dem Anwesen der schwerreichen Norma Haverhill (Sigourney Weaver) arbeitet. Narvel hat seine ehemaligen Nazi-kumpanen verraten und war durch diesen gravierenden Bruch gezwungen, seine Ex-frau und seine Tochter zurückzulassen. Nun dreht sich für ihn alles um die Arbeit in den Gracewood Gardens, wo er ein kleines Gärtnerteam leitet. Sein Leben ist eintönig und spielt sich fast ausschließlich auf diesem Anwesen ab, bis auf die Ausnahme von gelegentlichen Treffen mit seinem Kontaktmann des Zeugenschutzes und dem wöchentlichen Essen sowie Stelldichein mit seiner Chefin Norma.
Eine verhängnisvolle Bitte
Als Narvel von Norma jedoch darum gebeten wird, deren 20-jährige, entfremdete Nichte Maya (Quintessa Swindell), eine farbige junge Frau, unter seine Fittiche zu nehmen und sie als Gärtnerin auszubilden, stellt dies sein Leben gehörig auf den Kopf. Zunächst etwas unwillig, entsteht aus dieser ungleichen Paarung dann doch ein funktionierendes Lehrer-schüler-duo und schließlich eine Freundschaft. Sogar romantische Gefühle sind mit im Spiel, wären da nicht Mayas Drogen-problem, die stetigen Zwistigkeiten mit ihrem Dealer und Narvels düstere Vergangenheit als rassistischer Killer. Die Vergangenheit merkt man dem ruhigen und in sich zurückgezogenen Narvel zwar oberflächlich nicht an, er trägt sie jedoch in Form von Hakenkreuz- und anderen Nazi-symbolen als Tätowierungen auf seiner Haut, wie ein stetiges Mahnmal zur Buße für seine Verbrechen. Kann aus diesem ungleichen Duo tatsächlich ein Liebespaar werden?
Einsame Männer, verkorkste Frauen
„Master Gardener“entstand als letzter Teil einer titellosen Trilogie von Paul Schrader, die außerdem „First Reformed“(2017) und „The Card Counter“(2021) umfasst. Allen drei Filmen ist ein gemeinsames Thema zu eigen. Sie hängen jedoch an sich nicht miteinander zusammen. Im Zentrum der Handlung steht jeweils ein einsamer Mann, der aus schwierigen Hintergründen heraus agiert und im Falle von Narvel versucht, Buße zu tun. Einsame, starke, problembelastete Männer in gut geschriebene Filmcharaktere zu gießen, ist für Schrader scheinbar kein Problem, hatte er doch dieses Talent schon mit dem Drehbuch für den bis heute im Filmolymp thronenden Scorcese-klassiker „Taxi Driver“(1976) bewiesen. Doch in Bezug auf die Damen hadert es bei Schrader dagegen gewaltig, überzeugende Charaktere zu erschaffen. So ist beispielsweise Mrs. Haverhill sehr inkonsistent und nur selten nachvollziehbar. Der Zuschauer begreift so leider weder ihre Motive noch ihre Gefühle an sich. Auch Maya ist stellenweise etwas unglaubwürdig, was es dem Publikum schwer macht, in ihre Gefühle und ihre Veränderungen einzutauchen. Die Liebesbeziehung der beiden Hauptfiguren hinterlässt zudem ein seltsames Geschmäckle, was natürlich auch so gewollt ist. Hat man aber grundsätzlich erstmal nichts gegen die Beziehung einer jungen Frau zu einem circa doppelt so alten, ehemaligen Neo-nazi einzuwenden, so bietet „Master Gardener“tatsächlich ein paar romantische und sanfte Momente. Technisch sind diese ziemlich gut umgesetzt, denn das relativ scharfe Bild lässt den Garten in natürlichen und satten Farben erstrahlen. Für ein ansonsten ruhiges Drama wurde auch die Audio-dynamik sehr passend und tragend integriert.