Apocalisse in italiano
Endzeit-filme wie „Children Of Men“und „The Road“zeigen vor allem eins: Die Zukunft sieht übel aus! Und die menschliche Spezies wird spätestens dann aussterben, wenn keine Kinder mehr zur Welt kommen. Doch das Leben findet einen Weg …
Es ist das Jahr … unbekannt. Im Jahr 2023 soll eine unbekannte Strahlung 99,5% der weiblichen Bevölkerung unfruchtbar gemacht haben … oder gleich ganz getötet. Mit Schlapphut, jedoch ohne Peitsche, macht Dog (Andrea Zirio) einen regelrecht erbärmlichen Eindruck im Gegensatz zu seinem Vorbild – muss er sich selbst sogar eingestehen. Als raubeiniger Einsiedler und Vagabund will er nichts mehr mit Menschen zu tun haben. Doch läuft ihm da völlig ungefragt ein dem Tode geweihter Wissenschaftler über dem Weg – weißem Kittel sei Dank erkennt der grimmige Antiheld dessen Berufung. Der Sterbende vertraut ihm die letzte Hoffnung der Menschheit an: Mia (Ortensia Fioravanti), die einzige gebärfähige Frau der Welt.
Der Italiener Federico Alotto zeichnet sich seit 2018 als Spielfilmregisseur für Indie-produktionen verantwortlich. Zusammen mit seinem Hauptdarsteller Andrea Zirio war er auch für das Drehbuch von „Apocalypse“zuständig. Kamera und Schnitt fallen ebenfalls in Alottos Bereich. Er entschied sich bei der Bildgestaltung für einen gelb-braunen, fast schon sepia-artigen, Filter um eine Endzeit-atmosphäre zu erzeugen. Bei so reduzierten Möglichkeiten leistet die Drohnenkamera oft Abhilfe: Mit ihr können dann und wann dynamische Verfolgungsjagden zu Stande gebracht werden. Was nicht von Alotto geschrieben wurde, ist der Soundtrack. Dieser hat stellenweise durchaus seine wohlklingenden und stimmungsvollen Höhepunkte.
Als handlungstragendes Setting für seine Geschichte nimmt sich Alotto den Neo-western vor. In einer (sehr) nahen „Zukunft“soll das zivilisierte Leben auf einmal aufhören. Da sich jenes beim Blick aus dem Fenster weder verifizieren noch anderweitig demografisch feststellen lässt, liegt die Vermutung nahe, dass es sich hier um ein Paralleluniversum handelt. Die Prämisse, das Setting in die extrem nahe Zukunft zu verlagern, hatte der Regisseur schon bei „Ulysses: A Dark Odyssey“von 2018 angewandt. Der Action-film mit Danny Glover und Udo Kier wurde ebenfalls von ihm und Hauptdarsteller sowie Co-autor Zirio geschrieben und spielt im Jahre 2020. Bei dem vorliegenden Film handelt es sich wohl um ein zukunftsträchtiges Projekt. Da der englische Titel „Dog – Apocalypse“lautet, kann davon ausgegangen werden, dass es noch weitere Titel mit diesem Charakter geben wird.
Wallende Wildnis
In Geschichten wie dieser zeichnet sich die Welt dadurch aus, dass sie keine Ordnung kennt und von autarken Herrscherfiguren, beispielsweise Warlords, und ihren Anhängern dominiert wird. In „Apocalypse“heißt der Antagonist, welcher sich dem Helden entgegenstellt, Cauro (Pierluigi Ferrero). Was nun wirklich mit den Frauen ist, wird im Film nicht wirklich kommuniziert. Bei der überschaubaren Besetzung finden sich auf beiden Seiten gleich zwei Exemplare wieder: Mia und die in den Credits Ungenannte unter den Lakaien des Bösewichts Cauro.
Wenn eine Welt in Szene gesetzt wird, in der eine rein männliche (Nicht-)gesellschaft herrscht, dann wird oft auf das Western-genre zurückgegriffen, wie zuletzt in „Chaos Walking“(2021) zu sehen. Die Helden sind überwiegend männliche Einzelgänger-figuren, die jeglichen Kontakt mit anderen Menschen abgebrochen haben. Filme wie die „Mad Max“-reihe von George Miller und Luc Bessons „Der letzte Kampf“bildeten in den 1970er und 1980er Jahren ein neues Untergenre des Western und wurden schnell zu begehrten Kultobjekten. Die Freude am fiktiven Verfall findet sich auch heute noch: Die Serie „The Last of Us“nimmt in seiner Story starken Bezug auf die genannten Filme und sollte ursprünglich dieselbe Handlung aufweisen. Auch Anya Taylorjoy tritt als „Furiosa“schon bald in die Fußspuren von Mad Max. Und nicht zuletzt brachte HBO 2022 die Dc-comic-mini-serie „DMZ“mit Rosario Dawson in der Hauptrolle heraus. Für dieses spezifische Szenario gibt es natürlich auch den Gegenentwurf. Die polnische Kultkomödie „Sexmission“von 1984 zeigt eine Welt voller Frauen und ist bis ins kleinste Detail überwacht. Der Film parodierte die Gesellschaftsform des Kommunismus. Auch in der Comic-landschaft findet sich diese Variante unter anderem bei „Y – The Last Man“(2002-2008) wieder, welche in den letzten Jahren ebnfalls eine Serienumsetzung erhielt.
Die Reise
Wie bei den großen Vorbildern handelt es sich bei diesem Film um einen Road-movie. Zwei Fremde – in diesem Fall Mia und Dog – treffen sich zu Beginn der Handlung. Der körperlich Vorteilhafte der beiden ist ein bärbeißiger Einzelgänger in einer ihm auferlegten Erzieherrolle – ein Mann, eine Insel. Der Eine braucht den Anderen zum Überleben. Im Laufe der Handlung findet eine Akzeptanz und damit eine Annäherung zwischen den Charakteren statt. Zusammen werden die beiden eine Insel. Dabei schreitet der Weg durch die leere Welt voran. Auf ihrer Reise treffen die Hauptfiguren stets auf verrückt erscheinende Figuren außerhalb ihrer Insel-artigen Blase – Sinnbild einer verrückt gewordenen Welt. Nicht alle sind ihnen feindlich gesinnt. Und ähnlich wie bei den Vorlagen geht es dann auch in den Untergrund. Und natürlich gibt es eine Konfrontation mit dem Kriegsherren sowie die moralische Frage nach dem persönlichen oder dem Allgemeinwohl. Das alles ist nach wie vor unterhaltsam und wird auch in Zukunft sein Publikum finden.
Mehr Technologie bedeutet mehr Abhängigkeit, insbesondere bei Fehlfunktionen und Ausfällen. Der Psycho-thriller „T.I.M.“überträgt diese Ängste auf einen Ki-roboter sowie auf moderne Smart Homes, in denen vom Lichtschalter bis zum Türschloss alles automatisiert ist. Es beginnt mit der Robotik-ingenieurin Abi (Georgina Campbell), die mit ihrem Ehemann Paul (Mark Rowley) ein solches Smart Home bezieht. Zum Einstand bekommt sie von ihrem neuen Arbeitgeber einen Prototyp des Firmenproduktes geschenkt, den humanoiden Haushaltsroboter T.I.M. (Eamon Farren). Zu Testzwecken erhält die Robo-ki Zugriff auf alle Funktionen des Smart Homes sowie alle persönlichen Passwörter. Warum sollte das denn auch zu Problemen führen? Ist doch nur ein Computer, meint Abi. Paul ist da deutlich skeptischer.
Die Ausgangsidee ist gar nicht mal verkehrt. Die seichten Erotik-elemente passen ebenso, denn T.I.M. scheint sich in Abi zu „verlieben“, was in eine fatale Besessenheit mündet. Daraus ergeben sich spannende Fragen: Was versteht eine KI wohl unter Liebe? Und wieso überschreitet T.I.M. eigenständig seine Programmierung? Anstatt solchen Fragen Raum zu geben, ziehen die Macher ihre Psycho-tour endlos in die Länge. Meist wird T.I.M. bei alltäglichen Arbeiten in Haus und Garten gezeigt. Damit das Ganze irgendwie bedrohlich wirkt, unterlegt Suspense-elektro-mucke die gähnende Szenerie. Richtung Finale wird es zwar etwas handfester, doch es bleibt enttäuschend, weil Plot-twists sich meilenweit im Voraus ankündigen. „T.I.M.“hat in Ansätzen seine atmosphärischen Momente, das trägt aber keine Spielfilmlänge.