The Boogeyman – Origins
Nicht nur in den 1980ern wollten Kinder gruselige Villen erkunden und außerweltliche Entführer zur Strecke bringen. Auch mit Smartphone und Co. lässt es sich in den 2020ern herrlich dabei schaudern. Witzigerweise findet man im Netz immer wieder Nutzer-rezensionen,
die „The Boogeyman – Origins“als Kopie von „Stranger Things“abtun – ein eindeutiges Zeichen dafür, dass die Autoren dieser Beiträge so jung sind, dass sie gar nicht wissen können, dass die beliebte Netflix-serie eigentlich selbst eine Hommage an das Jahrzehnt der „Goonies“, der Bmx-bande, des extraterrestrischen „Nachhausetelefonierens“und von Stephen Kings „Es“sowie dem „Stand By Me“-geheimnis eines Sommers ist.
Der schwarze Mann
„El Hombre Del Saco – Origin“kann am ehesten als spanische Variante von Stephen Kings „Es“gesehen werden. Die Parallelen sind dabei unverkennbar: Aller sieben Jahre verschwinden Kinder, ohne dass sie Spuren hinterlassen. Die Erwachsenen erzählen derweil ihrem Nachwuchs Horror-geschichten über einen Mann, der unartige Kinder in einen Sack stopft und entführt. Diese Geschichten werden auch unter den Jugendlichen des Ortes Gador weitergereicht, um die zugezogenen Neuankömmlinge Lucas (Iván Renedo), Alicia (Claudia Placer) und Sergio (Lorca Gutiérrez Prada) einzuschüchtern. In das heruntergekommene Herrenhaus auf der Klippe soll der „Schwarze Mann“– wie „The Boogeyman“in der deutschen Synchronfassung übersetzt wurde – die Entführungsopfer angeblich bringen. Mit seiner fiesen Art fordert Youtuber Alex (Lucas Blas) das kindliche Frischfleisch geradezu heraus, sich dem Spuk eines fernen Abends selber zu stellen und das verlassene Anwesen zu erkunden. Die Weltretterin Paula (Carla Tous) und ihr Bruder Gabi (Guillermo Novillo) schließen derweil lieber Freundschaft mit Lucas und Alicia. Wüssten die beiden, dass ausgerechnet der Kreaturen-spezialist Javier Botet („Pans Labyrinth“) hier den El Hombre del Saco spielt, würden sie sich von jedwedem dunklen Ort fernhalten.
Kinderblut & Akt des Verzeihens
Statt des Angst-themas wie bei Kings „Es“konzentriert sich die vorliegende spanische Variante „El Hombre del Saco – Origin“auf das Gefühl der Schuld. Von dieser ernährt sich nämlich die effektiv inszenierte, selten zu sehende Horrorkreatur.
Da die Handlung in unserer Gegenwart spielt, wurden auch aktuelle Technologien wie Online-streaming und Smartphones mit einbezogen, um einen gewissen Horror zu erzeugen. Beispielsweise erkennt die jugendliche Gruppe auf einem Handy-video etwas, was in der Realität nicht sichtbar schien. Auch die Gpstracking-funktion wird sinnvoll genutzt, während andererseits die digitale Kommunikation innerhalb des Films fast ausgeblendet wird. Mit Steinen auf passierende Güterzüge zu feuern, wird als befreiender Akt dargestellt. Doch würde ein aktueller Teenage-„smombie“wirklich so etwas soziales tun, ohne nicht zumindest ein Insta-foto davon zu posten?
Was Regisseur Ángel Gómez Hernández und seine drei Drehbuchautoren hier machen, ist ein 1980er-jahre-szenario zu präsentieren und die gegenwärtigen Technologien nur vorsichtig, also nicht in voller Konsequenz und Glaubwürdigkeit zu integrieren. Das erscheint generell ein wenig inkonsequent, eröffnet im Laufe der Filmhandlung aber dennoch interessante narrative Möglichkeiten. So erfreut die in Rückblicken erzählte Entstehungsgeschichte des Sackmanns mit einer nachvollziehbaren Logik. Der milde Grusel und die coole Atmosphäre innerhalb der von King inspirierten Clique aus grundverschiedenen Außenseitern, aber auch die Spannung vor der glücklicherweise weitestgehend analog umgesetzten Horror-kreatur sorgen für unterhaltsame 91 Minuten voller mildem Grusel und Abenteuer.