Godless – Der Exorzismus der Lara Levonde
Wie viele Exorzisten-filme mag es wohl geben, in denen einfach vorausgesetzt wird, dass tatsächlich Dämonen existieren, die vom Menschen Besitz ergreifen können? Zuschauer, die nicht dem christlichen Glauben anhängen, lassen sich dennoch gut davon unterhalten, denn das Besessenheitsprinzip birgt viel dramaturgisches Potenzial. Das gläubige Publikum wiederum gruselt sich – eine gute Inszenierung vorausgesetzt – um so mehr. Andererseits gibt es in diesem Filmgenre auch immer Zweifel – die Reibungsfläche zwischen Glauben und Wissenschaft – die mal mehr mal minder von der Handlung aufgenommen werden. Sind die Betroffenen wirklich besessen oder gibt es vielmehr eine medizinische Erklärung für ihr merkwürdiges Verhalten? Wissenschaftlich ließe sich eine Besessenheit nämlich auch rein gar nicht nachweisen, selbst wenn sie existieren würde. Aber auch aus diesem Dilemma lässt sich ein narrativer Profit schlagen. Wenn solch ein abstraktes, ausschließlich auf dem Glauben beruhendes Konzept auf eine extreme, in jedem Fall reale Maßnahme wie den katholischen Exorzismus stößt, ist das bereits starker Horror oder mindestens großes Spannungskino. Nick Kozakis und Alexander Angliss-wilsons „Godless“folgt dem Schicksal der jungen Frau Lara Levonde (Georgia Eyers), die wegen ihres außergewöhnlichen Verhaltens in psychotherapeutischer Behandlung ist. Inspiriert vom realen 1990er-jahre-fall der Joan Vollmer, die mit 49 Jahren von christlichen Fundamentalisten im Rahmen eines viertägigen Exorzismus zu Tode gefoltert wurde, tanzt auch ihre deutlich jüngere filmische Verkörperung Lara nackt im Garten, was ihr Mann Ron (Dan Ewing) zum Anlass nimmt, geistliche Hilfe über die örtlich Gemeinde anzufordern.
Exorzismus als Straftat
Rons innerfilmische Darstellung bleibt dabei recht glaubhaft, er ist also durchaus von Zweifeln geplagt und will nur das Beste für seine Frau. Zugleich tendiert er letztlich aber auch eher zum Glauben und lässt sich von der hanebüchenen Argumention überzeugen, dass es ja mal einen Krebspatienten im Bekanntenkreis gab, dem die Medikamente nicht helfen konnten, welcher sogar davon geschädigt wurde. Ergo stellen auch die Psychopharmaka seiner Frau ein schädliches Gift dar, während einzig der heilige Geist wahre Genesung verspricht. Das behauptet zumindest die lokale Predigerin Barbara (Rosie Traynor), die bereits die richtige Adresse kennt, sollte Ron nicht die Unterschrift von Laras Psychiaterin erhalten, dass keine der versuchten Therapien anschlägt – eine obligatorische Voraussetzung für einen Exorzismus-antrag beim Vatikan. Daniel James King (Tim Pocock) ist jung, ehrgeizig und erfolgreich, hat er sich doch bereits einen Namen als charismatischer Exorzist erarbeitet, welcher notfalls auch ohne die Erlaubnis des Papstes sein Handwerk verrichtet. Und er wird nicht eher ruhen, bis er sämtliche Dämonen aus Laras geschwächten, das heißt u. a. ausgehungerten, dehydrierten Körper vertrieben hat. Nun wäre es natürlich auch aus der Perspektive langweilig, wenn von Anfang an klar wäre, dass Lara eben nicht von „Legion“besessen ist, weshalb der Film zweigleisig fährt und gewisse Andeutungen macht, die auch die metaphysische Interpretation des Stoffs zulassen. Christlich Zuschauer und Zuschauerinnen brauchen sich also nicht vor den Kopf gestoßen fühlen. Bei diesem Deutungsansatz würde lediglich die Illegalität des Exorzismus angekreidet werden. Spannend ist das Ende, welches sich auch tatsächlich so zugetragen haben soll. Und natürlich sind die Empörung über die Auflösung des Falls sowie der moralische Zwiespalt beim Handeln aller Beteiligten das Salz der vorliegenden Exorzisten-suppe. Es geht also vielmehr um den gesellschaftlichen Horror, der sich hier in aller Öffentlichkeit abspielt.