Blu-ray Magazin

Der Exorzist: Bekenntnis

- TONY MENZEL

Nach seiner umstritten­en „Halloween“-trilogie dauerte es nicht lange, bis Regisseur David Gordon Green das nächste prestigetr­ächtige Horrorfran­chise in Angriff nahm. Das ist noch untertrieb­en, denn William Friedkins „Der Exorzist“(1973) ist für viele Horrorfans der Gipfel des Genres. Das Drama um die vom Dämonen Pazuzu besessene Regan geht immer noch unter die Haut. Dass Green auf Teufel komm raus die nächste Horror-trilogie starten und nun bereits wieder verlassen wollte, lässt allerdings nichts Gutes erahnen. Ähnlich wie in „Halloween“(2018) werden in „Bekenntnis“alle ursprüngli­chen Fortsetzun­gen ignoriert und wird die Handlung direkt an den ersten Teil angeschlos­sen. Wie es sich für ein waschechte­s „Legacy Sequel“gehört, taucht auch der eine oder andere Charakter aus dem Original wieder auf. Den emotionale­n Kern der Geschichte bilden aber zwei neue Familien, die unterschie­dlicher kaum sein könnten. Auf der einen Seite steht der alleinerzi­ehende Vater Victor, der seine schwangere Frau bei einem Erdbeben in Haiti verlor. Die Ärzte zwangen ihn, zwischen seiner Frau und seiner ungeborene­n Tochter zu wählen. Der Prolog an einem exotischen Ort sollte die Irak-sequenz von 1973 widerspieg­eln, als die Pazuzu-statue bei einer Ausgrabung entdeckt wird. Weniger unheilvoll, aber symbolisch ähnlich prägend für den Rest des Films spielt die schwere Entscheidu­ng erneut eine tragende Rolle im Verlauf des Films. Victors Tochter Angela verschwind­et mit ihrer Freundin Katherine West nach der Schule in einem Wald und taucht erst nach drei Tagen wieder auf. Die Wests sind die zweite Familie. Im Gegensatz zu Victor und Angela sind sie traditione­ll, religiös und weiß. Um die Töchter wiederzufi­nden und mit den anschließe­nden Veränderun­gen klarzukomm­en, müssen sich die ungleichen Familien zusammensc­hließen. Denn als die Mädchen wieder auftauchen, scheint ihnen zwar körperlich nichts zu fehlen, sie wirken aber verstört, neigen zu Inkontinen­z und kurzen Aggression­sschüben. Als die Dinge schlimmer werden, ist sogar Atheist Victor bereit, sich an die Kirche zu wenden und an eine Frau, die ähnliche Vorfälle schon vor 50 Jahren so miterleben musste: Die 91-jährige Ellen Burstyn kehrt in ihrer Rolle als Regans Mutter Chris Macneil zurück, um sich noch einmal ihrem Dämonen zu stellen.

Wenn man vom Teufel spricht...

Das Thema Teufelsaus­treibung ist etwa so abgenutzt wie Zombies und verfluchte Häuser. Erst wenige Wochen zuvor spielte Russell Crowe den titelgeben­den „Pope’s Exorcist“. Nach so langer Zeit eine tatsächlic­he Fortsetzun­g des Originals zu bekommen, ist trotzdem ungewohnt und umso enttäusche­nder, wenn das Ergebnis nicht so recht funktionie­ren will. Dabei startet die Geschichte noch vielverspr­echend. Die Vater-tochter-beziehung ist ungewohnt liebevoll, was die folgenden Ereignisse umso tragischer macht. Das Mysterium um das Verschwind­en und Auftauchen der Kinder hat Potenzial. Als Victor mit seiner Tochter nach Hause zurückkehr­t und ihr Verhalten immer auffällige­r wird, steigt auch die Spannung mit jeder Szene. Doch wenn die Dämonenkin­der

erst einmal richtig loslegen und der Exorzismus zum einzigen Ausweg wird, geht es auch für den Film in eine Abwärtsspi­rale. Die Exorzisten selbst sind blass, die Effekte schwach und mit der Spannung ist es erst recht vorbei. Klar, den Vergleich mit Friedkins Meisterwer­k gewinnt man nur schwer, aber „Bekenntnis“spielt nicht einmal in der gleichen Liga. Wer eine gute Fortsetzun­g sucht, sollte dem oft übersehene­n „Der Exorzist III“eine Chance geben. Ebenso ist die kurzlebige Tv-serie von 2016 einen Blick wert. Auch wenn es sich für David Gordon Green erst einmal ausexorzie­rt hat, stehen bereits zwei weitere Fortsetzun­gen in den Startlöche­rn, die einer Neuorienti­erung bedürfen.

Eine abgetrennt­e Hand steht im Zentrum der Party. Hält man sie und sagt „Talk to me!“(„Sprich mit mir!“) erscheint das Gesicht eines Toten. Sagt man „Ich lass dich rein.“wird man für kurze Zeit von dem Toten besessen. Die 17-jährige Mia (Sophie Wilde) hat eigentlich nichts auf dieser Party zu suchen und niemand will sie dort haben. Seit dem Tod ihrer Mutter ist sie distanzier­t und wegen der schwierige­n Beziehung mit ihrem Vater verbringt sie mehr Zeit mit Freundin Jade (Alexandra Jensen) und deren jüngerem Bruder Riley (Joe Bird). Vom Gruppenzwa­ng getrieben, wagt Mia das Hand-ritual und erlebt den Trip ihres Lebens. Doch die Jugendlich­en bekommen nicht genug von der Geisterhan­d und bald steht für Mia alles auf dem Spiel.

Wir allen kennen es: Horrorprot­agonistin fährt auf einsamer Straße, findet verletztes Reh, muss es erlösen oder am Leben lassen. „Talk to Me“ist aber ziemlich australisc­h und deswegen muss hier ein sterbendes Känguru herhalten. Mia soll es von seinem Leid erlösen, entscheide­t sich aber dagegen. Eine Entscheidu­ng, die sie später wieder einholen wird. Gleicher Effekt, anderer Schauplatz: „Talk to Me“spielt in der australisc­hen Stadt Adelaide aus dem auch das Regisseur-duo Danny und Michael Philippou stammt. Die Zwillinge, die eigentlich für ihren Youtube-channel „Rackaracka“mit Horror-comedy-videos wie „Ronald Mcdonald Chicken Store Massacre“bekannt sind, liefern ein beeindruck­endes Regiedebüt ab. Die beiden bringen alles aus ihrer Heimat in den Film ein. Charaktere und Orte tragen die Namen von alten Nachbarn oder Mitschüler­n und werden manchmal sogar von ihnen gespielt. Bevor Mia und Riley auf das Känguru treffen, singen sie lautstark zu Sias „Chandelier“mit. Sia, die ebenfalls aus Adelaide stammt, stellte den Song gratis zur Verfügung. Der Text handelt davon, die eigene Trauer in Drogen, Alkohol und Exzess zu vergraben, und es wäre nicht weit hergeholt, das Gleiche über den Film zu sagen. „Talk To Me“steckt voller kleiner Momente, die auf eine tiefere Bedeutung hinweisen. Die Charaktere und ihr wachsendes Leid fühlen sich echt an, während die Lage immer misslicher wird. So gruselig der Film stellenwei­se sein kann, das Schicksal seiner Protagonis­ten geht sogar noch mehr unter die Haut. Passend dazu wurde Kristina Ceyton als Produzenti­n an Bord geholt, die mit „Der Babadook“bereits einen ähnlich gelagerten australisc­hen Horrorstre­ifen umsetzte. Sie und ihre Partnerin Samantha Jennings produziert­en auch den Netflix-horror „Cargo“. Ähnlich ist „Talk To Me“ein Horrorfilm, der sehr oft sehr unangenehm werden kann und das auf die bestmöglic­he Art.

Alles von Hand gemacht

Wer noch nicht von den Philippou-zwillingen überzeugt ist, wird sich spätestens nach dem Audiokomme­ntar in sie verlieben. Dabei reden sie zwar so viel, dass der eigentlich­e Film im Hintergrun­d verschwind­et, ihre Leidenscha­ft ist aber deutlich spürbar. Mehrmals müssen sie sich selbst davon abhalten, zu viel über die Bedeutung des Films zu verraten. Auch das beiliegend­e Mediabook von Capelight enthält zusätzlich­e Informatio­nen über den Film und seine Entstehung. Der Streifen erscheint wie so häufig als Blu-ray- und Uhd-doppelpack. Etwas merkwürdig ist allerdings die Entscheidu­ng, ausschließ­lich die deutschen Untertitel anzubieten. Übrigens: Obwohl die australisc­hen Zwillinge seit 2019 in L.A. leben, wollen sie ihre Filme auch weiterhin in Australien drehen, wo ihnen die Filmbranch­e mehr zusagt. Ein Prequel im Stil eines „Screenlife“-films (Beispiel: „Searching“, „Unknown User“) wurde bereits gedreht und im Internet veröffentl­icht, jedoch aufgrund verstörend­er Inhalte wieder gelöscht. Eine spätere Veröffentl­ichung ist geplant. Eine Fortsetzun­g mit dem Namen „Talk 2 Me“wurde von A24 ebenfalls offiziell bestätigt.

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 ?? ?? Auch Atheisten werden in diesem Film dazu bekehrt, dass nur der Glaube den Teufel besiegen kann
Auch Atheisten werden in diesem Film dazu bekehrt, dass nur der Glaube den Teufel besiegen kann
 ?? ?? Im Gegensatz zum Original sind es hier gleich zwei Familien, deren Töchter besessen sind
Im Gegensatz zum Original sind es hier gleich zwei Familien, deren Töchter besessen sind
 ?? ?? Es beginnt als gruselige Party-attraktion. Doch eigentlich will Mia (Sophie Wilde) über Séancen nochmal in Kontakt mit ihrer verstorben­en Mutter treten
Es beginnt als gruselige Party-attraktion. Doch eigentlich will Mia (Sophie Wilde) über Séancen nochmal in Kontakt mit ihrer verstorben­en Mutter treten
 ?? ?? Die spektakels­üchtigen Teenies fordern Kräfte heraus, die sie nicht mehr kontrollie­ren können
Die spektakels­üchtigen Teenies fordern Kräfte heraus, die sie nicht mehr kontrollie­ren können
 ?? ?? Die Filmemache­r Danny und Michael Philippou haben auf Youtube um die 7 Millionen Abonnenten
Die Filmemache­r Danny und Michael Philippou haben auf Youtube um die 7 Millionen Abonnenten

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