Arsène Lupin
(1971, Staffel 1-2)
Auf Netflix begeistert derzeit Omar Sy als „Lupin“mit einer zeitgenössischen Serienadaption des Romanklassikers von Maurice Leblanc. In Japan feierte die Anime-serie „Lupin III“(1971) erst vor Kurzem den 50. Geburtstag, während der zugehörige Manga bereits seit 1967 Kultstatus genießt. Im Serienbereich machte aber die internationale Wdr/orf-produktion „Arsène Lupin“(1971) den ersten Schritt, den Langfinger auf die Mattscheiben zu bekommen. Und so, wie sich „007“-Fans um den besten Bond-darsteller streiten, wurde auch Hauptdarsteller Georges Descrières Darstellerleistung auf die Goldwaage gelegt. Dabei spielt er die Rolle des Charmeurs mit Verkleidungsfimmel ausgesprochen gewitzt, wie schon die erste Episode beweist: Von der Bevölkerung als moderner Robin Hood umjubelt und von den Frauen mit schmachtenden Blicken versehen, raubt ein gutaussehender Lupin am helllichten Tag eine Bank aus. Oberinspektor Guerchard (Roger Carel) kommt wieder zu spät, sein Erzfeind ist bereits über alle Berge. Die zurückgelassene Visitenkarte bringt ihn zur Weißglut. Ein neuer Plan muss her: Da Lupin die lokale Polizei und Guerchards Vorgehensweise in- und auswendig kennt, soll Sonderermittler Victor dem Meisterdetektiv incognito auf die Schliche kommen. Dieser hervorragende Detektiv macht sich sogleich an die Arbeit. Um Lupin aus der Reserve zu locken, gibt er sich selbst als Lupin aus, in der Hoffnung, der stolze Kontrahent stelle seinen „Doppelgänger“zur Rede. Doch irgendwie scheint es, dass Victor die Zielperson Lupin besser kennt als jeder sonst …
Der Blender
Natürlich ahnt das Publikum bereits den Grund für Georges Descrières verschmitztes Dauerlächeln, noch bevor die Auflösung über den wahren Charakter des Meisterdiebs kommt. Lupins größte Schwäche sind die Frauen, er mordet und foltert nicht, seine wohlhabenden Opfer haben es anscheinend verdient, beklaut zu werden und er ist ein großer Kunstkenner. Dass er sich für seine Coups permanent verkleidet – in den 1970ern reichen offenbar noch Schnurrbart und Perücke, um die Allgemeinheit zu täuschen – ist dabei Ehrensache. Als Anarchist, der das Leben eines Adeligen führt, beschäftigt Lupin den loyalen Diener Grognard (Yvon Bouchard), welcher auch häufig als Komplize herhält. Und auch wenn er in fast jeder Episode einem anderen Rockzipfel hinterher jagt, ist die in drei Folgen auftretende Komtesse Natascha (Marthe Keller) seine große Favoritin. Gelegentlich läuft ihm ein Meisterdetektiv namens Herlock Sholmes über den Weg. Apropos: Die Qualität der 26 Episoden umfassenden Serie bewegt sich ungefähr auf der Höhe der Granada-verfilmung „Sherlock Holmes“von 1984, atmet aber die augenzwinkernde, französische Leichtigkeit eines „OSS 117“. Romantik und Drama kommen auch nicht zu kurz, weshalb die Serie gerade diejenigen anspricht, denen aktuellere Abenteuer-serien wie „Hooten & The Lady“(2016) und „La Fortuna“(2021) zu schnell, zu modern oder zu unromantisch sind. Die heimelige Atmosphäre entsteht durch lausbubenhafte Streiche, gewitzte Dialoge und einen
Gewaltgrad, der sich auf drollige Schusswechsel mit Zündplättchen beschränkt.
Die vorliegende Blu-ray-gesamtedition bietet die knapp 55-minütigen Episoden in Originallänge. Da sie fürs deutsche Fernsehen beschnitten wurden, wechselt bei den zusätzlichen Szenen die deutsche Synchro auf die französische Dialogspur samt deutscher Untertitel. Der Ton ist mit seiner 2.0-Mono-abmischung erwartungsgemäß unspektakulär. Das 1.33:1-Bild wird hier in 1 080/25i dargestellt, ohne dass Zeilenverschiebung ein echtes Thema ist. Obwohl es so einige sichtbare Verschmutzungen und Störungen gibt, sind die Farben recht lebendig und Kontrast sowie Schärfe sind weniger schlecht als erwartet.