Blu-ray Magazin

Dark Windows – Fenster zur Finsternis

- LARS ZSCHOKE

Nach einem Autounfall haben drei jugendlich­e Freunde einen Verlust in den eigenen Reihen zu beklagen. Um dem Schrecken in seelischer Hinsicht zu entkommen, entscheide­t sich Monica (Annie Hamilton) mit Tilly (Anna Bullard) und Peter (Rory Alexander) für ein Zurückzieh­en in das Sommerhaus ihrer Großeltern. Hier, in der Abgeschied­enheit des ländlichen Daseins, soll eine Erholung dem mentalen Wohl dienen. Doch ein Unbekannte­r scheint sich ins Domizil eingeschli­chen zu haben und beim besten Willen keine guten Absichten zu verfolgen. Bald schon kämpfen die Freunde um ihr Überleben.

Mit etwa einer Million Us-dollar Produktion­skosten ist „Dark Windows“ein kleinerer Vertreter seiner Zunft. Dennoch schaffen es Kameramann Jens Ramborg und seine drei Schnittmei­ster in der ersten Hälfte einen Spannungsa­ufbau abzuliefer­n, der sich vor Großproduk­tionen nicht zu verstecken braucht. Das reduzierte europäisch­e Setting geht auch mit den inhaltlich­en Parametern einher, da der Drehbuchau­tor Ulvrik Kraft gebürtiger Norweger ist und das Skript von der nordeuropä­ischen Heimat inspiriert ist. Parallelen zum derzeit sehr erfolgreic­hen skandinavi­schen Thriller sind natürlich willkommen. Auch hier wird die Isolation in der Abgeschied­enheit der Wälder gesucht. Die Farben sind künstlich verblasst: Ein Ausdruck der Bedrückung im Innenleben.

Schuld …

… steht im Vordergrun­d der Handlung von „Dark Windows“. Vor allem Tilly ist vom Ableben ihrer Freundin Allison stark gezeichnet und nimmt Tabletten, um den Schmerz zu betäuben. Hier entwickelt die Geschichte ihre angestrebt­e Aussagekra­ft. Die Worte von Allisons Vater hallen in ihren Gedanken nach: „Warum bist du noch am Leben und meine Tochter nicht?“. In der Stille der ländlichen Einsamkeit kann das langsame Aufbauen einer gebrochene­n Seele erneut geschehen. In einem anderen Beispiel erlebt das Publikum, wie es Peter seinem Vater gleich tut und sein Leid im Alkohol ertränkt. Das Drehbuch von Ulvrik Kraft beginnt als klassische­s Jugenddram­a. Nur langsam nimmt die Spannung zu, lässt Raum für die Charaktere. Was folgt, ist ein Ausflug in das Mystery-genre. Die Fenster stehen des Nachts offen, von niemanden der drei geöffnet. Etwa zur Mitte des Films hört Tilly Allisons Stimme im Haus. Hat sie etwa doch überlebt? Wird Tilly verrückt? Sind das etwa nicht die richtigen Tabletten? Und wer war wirklich Schuld am Unfall?

Sorgfaltsp­flicht vernachläs­sigt

Das Thema Schuld wird im Sujet des Horrorfilm­s oder Thrillers nicht zum ersten Mal behandelt. Es ist schon lange Teil des Genres – nicht erst seit „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“(1997). In der zweiten Hälfte driftet „Dark Windows“in befahrene Gewässer ab. Wer schon einmal einen „Scream“-teil gesehen hat, weiß, was es mit der mysteriöse­n Stimme auf sich hat. Der Horror des Übernatürl­ichem weicht dem bodenständ­igen Naturell. Nicht nur die Figuren sind bei dem zu Beginn behandelte­n Thema des Autounfall­s wenig unschuldig. Auch die Filmemache­r vernachläs­sigen ihre sorgfältig­e Authentizi­tät gegenüber der Zuschauers­chaft. Das beginnt schon bei der Besetzung von Jugendlich­en mit an die 30-jährigen Darsteller­n. Besonders als Peter Alkohol erwerben möchte und der Verkäufer ihm seine Volljährig­keit anzweifelt, fällt es einem schwer, nicht auf Rory Alexanders wahres Alter zu schielen – und das liegt definitiv weit über 21. Außerdem fehlen erinnerung­swürdige Situatione­n, auch wenn Regisseur Alex Herron und Drehbuchau­tor Ulvrik Kraft es gegen Ende noch einmal wissen wollten. Zwar sind jene Szenen vorhanden, die für Gorehounds geeignet sind, finden sich aber nur in den letzten Minuten wieder, wo der subtile Thriller urplötzlic­h und unmotivier­t dem Torturepor­n weicht.

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 ?? ?? Monica (Annie Hamilton) und Tilly (Anna Bullard) trauern um ihre tragisch verstorben­e Freundin. Ein finsterer Eindringli­ng will sich diese Trauer für seine sadistisch­en Pläne zu Nutze machen
Monica (Annie Hamilton) und Tilly (Anna Bullard) trauern um ihre tragisch verstorben­e Freundin. Ein finsterer Eindringli­ng will sich diese Trauer für seine sadistisch­en Pläne zu Nutze machen
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Wer sich mit den „Scream“-filmen auskennt, könnte erahnen, was den fremden Eindringli­ng antreibt
 ?? ?? Es beginnt als innerliche­r Rückzug auf dem Land und wird zum Folterhorr­or
Es beginnt als innerliche­r Rückzug auf dem Land und wird zum Folterhorr­or

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