Literaturlotsen
Theaterbuchhandlung Einar & Bert
Unsere Lieblingsbuchhandlungen stehen Frage und Antwort. Diesmal die Theaterbuchhandlung Einar & Bert in Berlin, Prenzlauer Berg.
Wie kamen Sie dazu, eine Buchhandlung zu eröffnen, die sich auf Theaterliteratur spezialisiert?
Paul Tischler: Ich war bereits seit Jahren Geschäftsführer von „Theater der Zeit“– ein Verlag, der sich mit allen Themen des aktuellen Theaters auseinandersetzt – und musste immer wieder die leidige Erfahrung machen, dass der stationäre Buchhandel in Deutschland überfordert ist. Täglich erscheinen ca. 250 Bücher in Deutschland; Theaterthemen reihen sich da ganz hinten ein. Kunstbuchhandlungen gibt es, aber die nehmen in der Regel keine Theaterbücher auf. Also habe ich beschlossen, eine eigene Buchhandlung zu gründen, die sich auf das Theater spezialisiert. Nebenher betreiben wir mit „Einar & Bert“auch die Büchertische in den Berliner Theatern: Berliner Ensemble, Deutsches Theater, Schaubühne und Berliner Festspiele.
Welche drei aktuellen Theaterbücher aus Ihrem Sortiment finden Sie besonders spannend und warum? Ray Zwieback: 111 Rezepte für ein gesundes Zweifeln – Kernsätze und 33 Zeichnungen von Wolfgang Krause Zwieback, Mitteldeutscher Verlag, 292 Seiten, 20 Euro – herrlich poetisch, geistreich und witzig. Wolfgang Krause Zwieback ist ein genialer Universalkünstler, der wie im Drogenrausch zauberhafte Stimmungswelten erzeugt, aber nur einem kleinen Publikum bekannt ist. Ein unbedingter Geheimtipp! Falk Richter: Ich bin Europa, Fear und andere Theaterstücke, Verlag Theater der Zeit, 16 Euro, 280 Seiten – Falk Richters Texte und Inszenierungen sind temporeich, sprachgewandt und absolut auf der Höhe der Zeit. Nicht umsonst gilt er als Regie-Star des europäischen Theaters.
Sasha Marianna Salzmann: Außer sich, Suhrkamp, 366 Seiten, 22 Euro – Sasha Marianna Salzmann ist Hausautorin am Maxim Gorki Theater in Berlin und hat jetzt ihren ersten Roman veröffentlicht. Dramaturgisch und sprachlich gekonnt erzählt sie eine Familiengeschichte und reflektiert die brennenden Themen Flucht und Zugehörigkeit. Wer kauft bei Ihnen ein?
Es sind zum einen die Anwohner im Kiez, die Bücher für jeden Anlass suchen, und zum anderen Theaterleute aus aller Welt – von der Schauspielerin bis zum Bühnenbildner.
Wie oft gehen Sie selbst ins Theater? Welche aktuelle Inszenierung würden Sie empfehlen?
Ich gehe etwa 50-mal im Jahr ins Theater. Eine kleine Inszenierung des Theaters Magdeburg, die im März 2017 uraufgeführt wurde, hat mich umgehauen: „Elbes Quellgeist“von Wolfgang Krause Zwieback. Unglaublich sinnlich, poetisch, kraftvoll und musikalisch surreal.
Was halten Sie von Romanadaptionen für die Bühne? Wann ist Ihrer Meinung nach die Adaption eines Romans geglückt?
Zweifelsohne erlaubt es die Kunstfreiheit dem Theaterregisseur, seine Themen und Inspiration überall herzunehmen. Und wenn am Ende nur Fragmente eines Romans erkennbar bleiben, wie die Dostojewski-Adaptionen von Frank Castorf, kann es eine gelungene Inszenierung sein. Ich sehe es letztlich wie beim Wein – entweder er schmeckt oder er schmeckt nicht – und darüber kann man gerne streiten.
EINAR & BERT
Die Theaterbuchhandlung in Berlin, Prenzlauer Berg, deren Name die Theaterkünstler Bertolt Brecht und Einar Schleef ehrt, existiert seit dem 1. November 2014. Hier finden Liebhaber des Theaters und alle Menschen, die hinter und auf der Bühne arbeiten, Inspiration und Lesestoff. Mehr als 5000 ausgewählte Titel rund um das Theater stehen zum Stöbern und Verkauf zur Verfügung, das Veranstaltungsprogramm lädt zu Veranstaltungen mit Schauspielern, Performances und Konzerten mit Theatermusikern.