WOLFGANG BORCHERT
Gibt denn keiner, keiner Antwort?
Deutsche Originalausgabe
ROWOHLT ROTATION, 40 Seiten, 0,99 Euro
In „Die Hundeblume“sagt Wolfgang Borchert, wie er gelesen werden will. „Du sollst nicht zuhören, als wenn einer dir etwas von Gottfried Keller oder Dickens vorliest. Du sollst mit mir gehen, mitgehen in dem kleinen Kreis zwischen den unerbittlichen Mauern. Nein, nicht in Gedanken neben mir – nein, körperlich hinter mir als mein Hintermann. Und dann wirst du sehen, wie schnell du mich hassen lernst.“Der tägliche Hofgang um ein Stück Rasen ist der einzige menschliche Kontakt des Protagonisten, und während dieser halben Stunde entlädt sich sein ganzer Hass auf den Unbekannten, der vor ihm geht. Der Autor saß selbst zweimal im Gefängnis, einmal wegen Verdachts auf Selbstverstümmelung, einmal wegen „Wehrkraftzersetzung“. Die meisten von uns kennen Borchert als den Autor von „Draußen vor der Tür“. Das E-Book enthält drei seiner Kurzgeschichten – ein guter Einstieg in sein Werk für jüngere Leser. Sie sind bitter und auf gewalttätige Weise schön. Man fragt sich, was aus diesem Mann für ein Autor geworden wäre, wenn das blutige 20. Jahrhundert ihm mehr als 26 Jahre zugestanden hätte.
Vor 70 Jahren starb Borchert an den Folgen des
Krieges und der Haft. (ed)
Die letzten Überlebenden des Zweiten Weltkriegs sterben. Umso wichtiger werden Autoren als Zeitzeugen.