NICHTS ZU SEHEN
Robert Capas bekanntestes Foto zeigt einen Soldaten im Augenblick seines Todes. Die Beine angewinkelt, einen Arm ausgestreckt, fällt er rückwärts, das Gewehr entgleitet ihm, auf seinem Gesicht liegt Frieden. Dieses Foto entstand 1936 im Spanischen Bürgerkrieg, wenige Monate, nachdem Gerda Taro, die Partnerin des Fotografen, Capa erfunden hatte. Die beiden lebten in Paris und ernährten sich von Croissants vom Vortag, als sie die Idee hatte, ihn als einen amerikanischen Starfotografen und sich selbst als seine Agentin auszugeben. Irgendwann deckte ein Redakteur den Schwindel auf und André Friedmann nahm offiziell den Namen Robert Capa an. In kunstvoll konstruierten, sepiagetönten Bildern erzählt Florent Silloray die Lebensgeschichte des Fotografen, dem es immer darum ging, möglichst nah am Geschehen zu sein und das zu zeigen, was niemand sehen sollte. Seine Arbeit an den Fronten des 20. Jahrhunderts und als Mitgründer der Agentur MAGNUM, seine Porträts von Ernest Hemingway, Alfred Hitchcock, Ingrid Bergman, die tiefe Verletzung durch den Tod der begabten und mutigen Gerda Taro, von dem er sich nie wieder richtig erholt, seine Neigung zum Alkohol und zum Glücksspiel, die sogar die Agentur in Gefahr bringen. Erzähler ist der Fotograf selbst, aus dem Jenseits, wenn man so will. Der Leser betrachtet das ganze blutige 20. Jahrhundert durch seine Linse.