LOVE IS IN THE AIR …
Liebeskummer, verpasste Chancen oder ein schmerzhafter Abschied: Die Darstellung der Liebe ist so viel mehr als nur SchmonzettenRomane, das beweist die gegenwärtige Jugendbuchliteratur.
Betrachtet man die Programme der Jugendbuchverlage, fällt auf, dass es neben der Romantasy mittlerweile etliche Romane gibt, die eine andere Facette der Liebe beleuchten: Es darf auch ruhig wehtun, verwirren oder gar eine unerfüllte Liebe sein. Dass Liebesromane mit fantastischen Elementen jedoch nicht auf dem Abstellgleis befördert wurden, wird beim Blick auf die Programme ebenso deutlich. Lauren James etwa hat sich mit Forever again der unendlichen Liebe gewidmet, und bei ihr darf man in die rosarote Welt abtauchen, was schon beim Anblick des Covers beginnt. Mit Glitzerschrift wird hier eines klargestellt: Bauchkribbeln beim Lesen ist erlaubt. James beweist, dass das Genre keineswegs ausgedient hat und die Verlage weiterhin darauf setzen. „In der Romantasy sehen wir im Jugendbuch ein starkes Genre, das wir weiterhin bedienen wollen. […] Die Themen haben sich in den letzten Jahren eigentlich nicht grundsätzlich gewandelt. Im Mittelpunkt steht immer noch die Liebesgeschichte, die mit fantastischen Elementen angereichert wird, aber es werden die Schauplätze variiert und auch die Erzählformen. So erzählt Lauren James gleich vier Liebesgeschichten aus drei Jahrhunderten, in denen sich dasselbe Liebespaar immer wieder begegnet“, so Susanne Bertels, JugendbuchRedakteurin im Loewe Verlag. Die Frage, die den Lesern dabei unter den Nägeln brennt: Wann küssen sich Katherine und Matthew denn nun endlich (wieder)?! Wer immer noch nicht genug von „Kriegen sie sich, kriegen sie sich nicht“hat, ist hier genau richtig. Auch für Zeitreisefans dürfte sich die Lektüre lohnen, denn warum die Protagonisten immer wiedergeboren werden, ist ein Element, das für einen weiteren Spannungsbogen sorgt.
LGBTQ – LIEBE IN ALL IHREN FACETTEN
Auch bei Wie ein Himmel voller Seehunde fragt man sich, ob sich die beiden Protagonistinnen zum Schluss finden werden und ob ihre Liebe eine Chance hat. Allerdings ist die Sachlage hier eine andere: Anna und Lollo verlieben sich ineinander, Gefühlschaos aufseiten von Lollo ist da vorprogrammiert. Mag sie eigentlich nicht Jungs? Was für Anna schon klar ist, verwirrt Lollo. Was werden die Eltern sagen? Denn Anna ist nicht nur ein Mädchen, sondern stammt auch noch aus ärmlichen Verhältnissen. Anna übt eine faszinierende Anziehungskraft auf sie aus, doch dann entzieht sich Lollo ihr und lässt sich auf den Schnösel Erik ein. „Sie hat nämlich aufgehört, an Anna zu denken. Sie hat den Sprössling sozusagen im Keim erstickt.“Glücklich ist Lollo mit ihrer Entscheidung dennoch nicht. Ob Anna und Lollo noch zueinanderfinden? So viel sei verraten: Der Leser wird bis zum Schluss auf die Folter gespannt. Sara Lövestam ist derzeit nicht die einzige Autorin, die sich mit dem Thema der sexuellen Orientierung auseinandersetzt. Das Stichwort lautet hier LGBTQ: Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender and Queer. „Aristoteles und Dante“von Benjamin Alire Sáenz oder David Levithans „Letztendlich sind wir dem Universum egal“sind nur zwei Beispiele von vielen. Folgen die Autoren hier also einem Trend? Christiane Steen, Programmleiterin von rotfuchs, meint: „Nach meinem Gefühl ist es mehr ein Trend der Leser, eine sehr große Offenheit von Jugendlichen der
ganzen Bandbreite von Liebesbeziehungen und der Thematik LGBTQ insgesamt gegenüber, die diese Themen fordern und fördern.“Sie ist der Auffassung, dass sich dieses Genre in den letzten Jahren stark entwickelt hat, „in dem Sinne, dass z. B. ein ehemaliges Thema, die Homosexualität, im Jugendbuch mittlerweile immer weniger eines ist, sondern sich zu einem Randthema entwickelt hat.“Lövestams Roman sei dafür ein gutes Beispiel. Denn die homosexuelle Liebe spiele eine untergeordnete Rolle, es ginge vielmehr um eine Liebe von zwei Menschen aus sozial sehr unterschiedlichen Familien. Eine zentrale Frage des Romans lautet also: Steht man zu seiner Liebe oder gibt man sie auf?
EINE LIEBE, DIE SCHMERZT UND EINEN ZERREISST
Manchmal stellt sich einem diese Wahl gar nicht, wie etwa Anke Weber in „Herz Pogo“, erschienen im Sammelband #herzleer, oder Sabine Schoder in „Herzspieß“zeigen. Die Anthologie versammelt Kurzgeschichten von acht Autoren/ innen, die sich mit dem Ende der Liebe auseinandersetzen. Rosa Wölkchen können hier in Flammen aufgehen oder der Geliebte sich als wahres Monster entpuppen. Die Liebe kann eben auch wehtun, und zwar verdammt. „Kann ein einziger Moment eines Lebens schlimmer sein als alle anderen Momente zuvor?“(aus „Herz Pogo“)
Das fragt sich auch Henry, als er sich eingestehen muss, dass die Liebe zwischen ihm und Grace von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. „,Leck mich doch‘, sagte ich […] Als ich am Morgen aufwachte, dachte ich als Erstes an Grace, und sofort überfiel mich ein scharfer Schmerz …“Nach einem Autounfall, bei dem Graces Freund tödlich verunglückte, sie hingegen überlebte, hofft Grace durch einen Schulwechsel auf einen Neuanfang. Sie ist stark traumatisiert, versucht einerseits, sich zurück ins Leben zu kämpfen, andererseits bestraft sie sich dafür, überlebt zu haben. Doch dann öffnet sie sich Henry. Aber aus welchen Gründen? Ertränkt sie nur ihren Schmerz oder hat sie ebenso Gefühle wie Henry für sie? Es beginnt eine Odyssee, aus der Henry mit einem gebrochenen Herzen gestärkt hervortreten wird. Krystal Sutherland beschreibt in ihrem Debütroman Unsere verlorenen Herzen eine Liebe, die von Beginn an zum Scheitern verurteilt ist. Der Leser ahnt, dass Henry mit Grace nicht glücklich werden kann, und doch hofft man bis zum Schluss, dass er sich und das Mädchen retten wird.
Und auch Daniels Herz wird brechen, da ist er sich sicher, denn als er Natasha trifft, ist es schon zu spät. Sie wird abgeschoben, nach Jamaika und zwar heute. Können sie ihr Schicksal noch ändern? Oder wird die Zeit die Wunden heilen müssen? Die Autorin Nicola Yoon zeigt in The Sun is also a Star, dass ein einziger Tag das ganze Leben ändern kann, und dass die Liebe einen unerwartete und mit voller Wucht treffen kann. Im Gegensatz zu Sutherland schlägt Yoon jedoch versöhnlichere Töne an, denn es gibt auch Hoffnung: Denn die wahre Liebe ist Schicksal, und wenn es auch noch so lange dauert, man wird sie wiederfinden. Und so lernt man bei der Lektüre eines: Die Liebe kann schmerzen, und doch ist sie das schönste Gefühl, das es gibt.