Ein kleiner Wink der KANZLERIN – und Ivanka kam nach Berlin …
Eine lachende Frau im kirschroten Kleid steigt aus der Limousine. Während sie zum Eingang des Berliner Hotels „InterContinental“eilt, zieht sie ihre Brille von der Nase, dann löst sie mit geübtem Griff ihre Haarspange, schüttelt ein paarmal den Kopf – und fertig ist die Frisur. Chrystia Freeland ist Außenministerin von Kanada, sie ist Mutter von drei Kindern, spricht fünf Sprachen und in wenigen Minuten wird sie auf der Bühne des W20-Gipfels sitzen – neben Ivanka Trump, der Tochter des amerikanischen Präsidenten. Die „First Daughter“, so der offizielle, wenn auch ungewöhnliche Titel, kommt wenige Minuten nach der Kanadierin an. Vergeblich warten die Fotografen auf die Vorfahrt ihrer Limousine. Die 1,83 Meter große Amerikanerin betritt das Hotel nach der Manier von Rockstars: Sie lässt sich in die Tiefgarage chauffieren und über dunkle Gänge zum Frauengipfel geleiten.
W20 – diese Abkürzung steht für das Treffen weiblicher Macht aus den 20 wichtigsten Industrie- und Schwellennationen. Vor dem G20-Gipfel in Hamburg Anfang Juli demonstrieren die Damen in Berlin ihren Anspruch: „Wir wollen nicht nur am Katzentisch, sondern an den Verhandlungstischen sitzen“, wie es Familienministerin Manuela Schwesig in ihrer Begrüßung ausdrückt. Wie ernst diese Forderung gemeint ist, lässt sich allein aus der Teilnehmerliste erkennen. Bundeskanzlerin Angela Merkel, IWF-Chefin Christine Lagarde, Königin Máxima von den Niederlanden, sowie Managerinnen wie Anne Finucane (Bank of Amerika), Janina Kugel (Siemens), Ariane Reinhart (Continental) und Nicola Leibinger-Kammüller (Trumpf). Sie alle fühlen sich in diesen zwei Tagen als Feministinnen. Zwar vermied die Kanzlerin auf Nachfrage zunächst dieses Bekenntnis, ließ sich aber dann von Königin Máxima umstimmen: „I am a feminist“, betonte die Königin und schickt einen komplizenhaften Blick zur Kanzlerin. „Okay, dann bin ich auch eine“, sagt diese – und muss lachen. Vermutlich über sich selbst.
Neben all diesen Großen, die Autorität und Allure in bewundernswerten Persönlichkeiten vereinen, neben all den mächtigen Ladys, die ihre Positionen mit Klugheit, Fleiß, machiavellistischer Kunst und Pioniergeist errungen haben, thront nun also Ivanka Trump in statuenhafter Schönheit auf der Bühne. Die Milliardärstochter, die sich selbst als „Ehefrau, Mutter, Schwester, Tochter und Unternehmerin“beschreibt, absolviert in Berlin ihren ersten großen internationalen Auftritt als offizielle Beraterin von US-Präsident Donald Trump. „Ein Wink“der Kanzlerin,
IVANKA SPRICHT MIT EINER DUNKLEN, SONOREN STIMME
wie ein Regierungssprecher sagte, hatte zu dieser Einladung geführt – das mag sich als kluger Schachzug erweisen, denn die neue Frauenfreundschaft dürfte den Zugang zum Präsidenten erleichtern.
Für den Berlin-Besuch hat Trump seiner Lieblingstochter vermutlich eine Charmeoffensive aufgetragen: Herzen gewinnen! Ivanka meistert diese Mission mit einem Selbstbewusstsein, das nur Menschen ausstrahlen können, die in einer Welt von Sorglosigkeit und Reichtum aufgewachsen sind. Mit der Grazie einer Ballerina, die langen Beine kunstvoll drapiert, sitzt die 35-Jährige auf der Bühne und formuliert wohlfeile Sätze. Sie wirkte bescheiden („Ich lerne noch.“) und versucht, ihren Vater als einen Präsidenten darzustellen, der für Frauenrechte eintrete. Als sie ein Kind war, erzählt Daddy’s Girl, habe er sie ermuntert, ihre Träume zu verwirklichen und immer habe er sie unterstützt.
Jede Geste, jedes Lächeln und jede Handbewegung – alles wirkt bei Ivanka Trump gnadenlos perfekt. Wenn sie eine Haarsträhne aus ihrem makellosen Gesicht streicht – und das tut sie häufig –, scheint der Schwung ihrer Hand einer Choreografie zu gehorchen. Ihre Stimme klingt dunkel und sexy – als seien ihre Stimmbänder mit Samt ummantelt. „Sie scheint hart trainiert zu haben“, analysiert Susanne Kilian für BUNTE. Die UN-Dolmetscherin und Trainerin, die sich auf das Lesen von Stimmen versteht, sagt, Ivanka spreche „deutlich unter ihrer natürlichen Stimmlage“. Der Effekt ist gewollt, wer so spricht, wirkt „seriös und sinnlich“.
Am Abend, beim exklusiven Galadinner der Deutschen Bank, sitzen Angela Merkel, die mächtigste Frau der Welt, und Ivanka Trump, weltmächtigste Tochter, nebeneinander. Merkel neigt ihren Kopf oft zu der jungen, schönen Amerikanerin, redet und flüstert auf sie ein. Ivanka lächelt viel und nickt artig.
Beide tragen Weiß, die Farbe der Reinheit und Unschuld. Das sei Zufall, hieß es. Man könnte es als ein gutes Omen deuten …