Bunte Magazin

Maxim: Neues Leben für den schwerkran­ken Jungen

- Katrin Sachse

Als Rüdiger Lange nach stundenlan­ger Operation sein Büro betritt, wartet schon der nächste Patient auf ihn: Maxim, zweieinhal­b Jahre alt, knuffige Nase, braune Kullerauge­n, rosige Wangen. Der Mediziner schaut in ein fröhliches Gesicht. „Du bist ja ein richtiger Junge geworden“, staunt Lange, Direktor der Klinik für Herzund Gefäßchiru­rgie am Deutschen Herzzentru­m München. Das Kind gluckst ein schüchtern­es Lachen und streckt dem Arzt wortlos sein beiges Schaf entgegen – eine großzügige Geste, denn das Plüschtier klemmt immer unter Maxims Arm.

Vor 18 Monaten hat der Mediziner den kleinen Patienten aus Russland am Herzen operiert. Er litt unter einer Fehlanlage des linken Herzkranzg­efäßes, ein angeborene­r Fehler, der in der Fachsprach­e ALCAPA genannt wird. Dieser extrem seltene Defekt versorgt den Herzmuskel mit zu wenig Sauerstoff. Der Junge kam in einem erbärmlich­en Zustand nach München. Seine Mutter Ekatherina Prostova schien die Hoffnung nahezu verloren zu haben, denn in Moskau hatten russische Ärzte ihr Kind bereits operiert. Danach wurde Maxim von Tag zu Tag schwächer. „Er war apathisch und blass“, erinnert sich Professor Lange an die erste Untersuchu­ng. Die Lebenskraf­t schien regelrecht aus dem kleinen Körper zu entweichen.

Eine stundenlan­ge Operation war ein Wagnis mit geringer Chance auf Erfolg. Rüdiger Lange, der in seiner Karriere mehr als 8500 Kinder und Erwachsene am Herzen operiert hat, wagte, wovor Kollegen eindringli­ch gewarnt hatten: Er öffnete die 0,6-Millimeter-Gefäße, um den Durchfluss des Blutes zu gewährleis­ten. Bei Erwachsene­n ist eine Bypass-Operation in den meisten Fällen Routine – bei einem Kind bedeutet sie eine extreme Herausford­erung. „Das zarte, zerreißlic­he Gewebe verzeiht keine Fehler“, sagt der 63-jährige Arzt. Ein falscher Schnitt oder ein unkonzentr­ierter Moment können fatale Folgen haben.

Maxim hat überlebt – man könnte es als ein Wunder bezeichnen. Seine 31-jährige Mutter weiß, welches Glück sie hatte, auf ihrer verzweifel­ten Suche nach Hilfe auf das Deutsche Herzzentru­m und Professor Lange gestoßen zu sein. Die Operation erforderte nicht nur jahrzehnte­lange Erfahrung und handwerkli­che Kunst. Um dieses Kind zu retten, bedurfte es der Kühnheit eines Mannes, der das Risiko des Versagens eingeht. „Ich bin unendlich dankbar“, sagt Ekatherina. Ihre Tränen erstickt die junge Frau in einem Lächeln.

„Was für ein Glück, ihn lachen zu sehen“, schwärmt Rüdiger Lange und blickt immer wieder in Maxims wache Augen. Nach einer Operation sieht der Arzt seine Patienten meist noch ein- oder zweimal. Manchmal bekommt er später Dankesbrie­fe oder Fotos zugeschick­t. Aber ein Plüschscha­f als Belohnung – das überwältig­t sogar einen Herzchirur­gen!

 ??  ?? SCHICKSAL Wieder gesund LEUCHTENDE AUGEN Maxim hat sich nach der schweren OP erholt und führt heute ein ganz normales, glückliche­s Kinderlebe­n
SCHICKSAL Wieder gesund LEUCHTENDE AUGEN Maxim hat sich nach der schweren OP erholt und führt heute ein ganz normales, glückliche­s Kinderlebe­n
 ??  ?? Er hat überlebt! NACH DER OP Maxim erholte sich 2015 auf der Intensivst­ation, seine Mutter saß bei ihm
Er hat überlebt! NACH DER OP Maxim erholte sich 2015 auf der Intensivst­ation, seine Mutter saß bei ihm
 ??  ?? Der Retter PROFESSOR Rüdiger Lange und Maxim sind Freunde geworden. Mutter Ekatherina Prostova ist dem Arzt „unendlich dankbar“
Der Retter PROFESSOR Rüdiger Lange und Maxim sind Freunde geworden. Mutter Ekatherina Prostova ist dem Arzt „unendlich dankbar“

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