Gut zu Fuß:
Wie unsere Füße gesund und funktionstüchtig bleiben
Mit Füßen wurde die Welt verändert: Neil Armstrongs erster Schritt auf den Mond. Die friedlichen Märsche der DDRMontagsdemonstranten. Usain Bolts 100-Meter-Sprint in 9,6 Sekunden…
Doch wir schenken unseren Füßen nicht die Beachtung, die sie verdienen. Im Alltag sollen sie lediglich funktionieren: laufen, springen, tanzen oder rennen. Wir behandeln sie wie Maschinen – erst wenn sie nicht mehr arbeiten, werden wir uns ihrer Bedeutung bewusst. Dann sollen sie bitteschön so schnell wie möglich wieder fit sein – um erneut Höchstleistungen zu vollbringen.
Wie wäre es aber, wenn wir das Laufwerk unseres Körpers schon vorher pflegen, umsorgen und verwöhnen würden? Viele Schmerzen und OPs könnten wir so verhindern. BUNTE hat mit Experten gesprochen, wie wir unsere Füße gesund und funktionstüchtig halten – und welche Operationsmethoden bei Problemen helfen.
Wo schmerzen die Füße?
„Der Fuß ist ein Kunstwerk aus 26 Knochen, 19 Muskeln und 107 Bändern“, staunte schon Leonardo da Vinci. Durch Millionen hochsensibler Rezeptoren ist der Fuß eines der komplexesten und hochempfindsamsten Teile des Körpers – weitaus sensibler als die Hand. Er hält jeden Tag durchschnittlich 1000 Tonnen Belastung stand und legt in einem durchschnittlichen Leben etwa 120000 Kilometer zurück – fast
„Wer mit den Füßen fest auf der Erde steht, kann mit dem Scheitel den Himmel berühren“ HANS KUDSZUS
dreimal um die Welt. Bei einer solchen Hochleistung nimmt fast jeder Fuß Schaden: 60 Prozent der Erwachsenen leiden unter relativ harmlosen Fußproblemen: Bänderdehnungen am Sprunggelenk, Achillessehnenreizungen, das Fersensporn-Syndrom und KnickSenkfüße. Meist sind diese mit Einlagen, Schienen, Gymnastik oder Stoßwellentherapie leicht in den Griff zu bekommen. Enzympräparate (z.B. „Wobenzym plus“) können Gelenkschmerzen und Entzündungen bekämpfen. Kritischer wird es bei Vorfußproblemen: Krallenund Hammerzehen, Spreizfüße oder der oft schmerzhafte Hallux valgus, bei dem der erste Mittelfußknochen nach außen wandert und der Großzeh in Richtung Fußmitte knickt. 20 Prozent der Unter-20-Jährigen haben einen solchen Ballenzeh, bei den Über-50-Jährigen sind es zwei Drittel. Vor allem Frauen sind betroffen.
Drückt der Schuh?
Die Experten nennen das Schuhkonflikt: Die meisten Menschen tragen aus Prinzip zu kleine Schuhe. Ich und Schuhgröße 40? Kann doch nicht sein! Die Erfahrung des Münchner Fußkartographen Carsten Stark: „90 Prozent der Damenschuhe sind zu klein. Bei den Männern sieht es etwas besser aus, bei ihnen liegt der Schnitt bei 50 Prozent.“Bei Kindern sind es sogar 70 Prozent. Zu schnell und unkontrolliert wachsen ihre Füße – und zu selten werden sie kontrolliert.
Aber auch bei der Passform kann man Fehler machen: Mit jedem Millimeter Absatz steigt die Belastung des Vorfußes und der Zehen. Spitze Pumps und Sandaletten quetschen die Ze- hen zusammen, es bilden sich Hühneraugen und schließlich Deformierungen wie der Hallux valgus. Sind die Sohlen von Sandalen zu dick und zu starr, kann der Fuß nicht natürlich weich abrollen, sondern wird bei jedem Schritt auf den harten Boden geknallt. Jeder Stoß wird an das Skelett weitergegeben, Bandscheiben, Wirbelsäule, Gelenke werden gestaucht. Aber auch voll gedämpfte Sportschuhe sollte man nicht täglich tragen: „Je besser der Schuh gedämpft ist, desto stärker rammt der Läufer seine Ferse in den Boden“, sagt Carsten Stark. Die Fußmuskulatur wird schwach, ein Senkund Knickfuß kann entstehen.
Welche Schuhe schmeicheln dem Fuß?
Beim Kauf sollte man auf eine gute Passform achten: Ist der Schuh groß und breit genug? Drückt er irgendwo? Haben die Zehen Platz? Am besten wechselt man täglich zwischen guten Sneakers, bequemen Pumps und Sandalen. Zu Hause trägt man Hausschuhe mit einer elastischen Sohle und einem guten Fußbett (z. B. Birkenstock). „Gut ist ein sogenannter Nullabsatz. Die Sohle sollte möglichst dünn sein und wenig dämpfen“, sagt Fußkartograph Carsten Stark. „Möchte man mehr Komfort, empfiehlt sich eine dünne Poron-Einlegesohle.“Inzwischen gibt es sogar unterpolsterte, extra breite Schuhe für Frauen mit Hallux valgus (lashoe.de).
Ist Sport Fußmord?
„Besonders gefährdet sind Ausdauersportler wie Läufer oder Geher“, sagt Fußchirurgin Dr. Mellany Galla, die in Hildesheim und Hannover Fußpatienten operiert. „Durch die ständige Überbelastung kommt es häufig zu Ermüdungsbrüchen des Fußes.“Deshalb müssen diese besonderes Augenmerk auf ihre Schuhe legen. „Sportler brauchen wegen der enormen Belastung, denen ihr Fuß ausgesetzt ist, ein individuell angefertigtes Schuhwerk“, sagt Schuhtechniker Martin Trautmann, der auch die SchuhEinlagen für die deutsche
Fußball-Nationalmannschaft, Michael Schumacher, Oliver Kahn oder Herbert Grönemeyer fertigte.
Welche Pflege brauchen Füße?
Unsere „Laufwerke“brauchen Aufmerksamkeit: Fußmassagen mit Olivenölen und speziellen Fußcremes (z. B. Sebamed „Trockene Haut Fußcreme Urea Akut 10%“oder Eubos „Sensitive Fuß Repair & Schutz“), Fußbäder („Bullrich Salz“gegen Schweißfüße), pflegende, remineralisierende Nagellacke (z. B. „Sililevo“) oder wechselwarme Schenkelgüsse nach Kneipp pflegen und trainieren die Füße. Rotlicht aktiviert die Selbstheilung, denn die Wärmebestrahlung regt den Stoffwechsel des Gewebes an. Bei chronischen Entzündungen an den Gelenken helfen heiße Wickel mit Senf und Quark. Spezielle Lacke (z. B. „Ciclopoli“) bekämpfen Nagelpilz.
Aber auch beim Gehen kann man dem Fuß Gutes tun: „Grundsätzlich sollte das Ziel sein, barfuß zu gehen – mindestens 30 Minuten pro Tag auf natürlichem Boden“, sagt Buchautor („Das Buch für den Halluxx“m, Lasea-Anzeige L//// EV mSüdwBuenstet Verlag) Carsten Stark. Weitere Tipps:AuGsgaebhe/EeT:n/S.ie.m iunnddineAusstgaebnes 3000 bis 5000 Schritte am Tag! Ein Schrittzähler hilft beim Durchhalten. Schalten Sie mal einen Gang runter und schlendern Sie wie durch eine Kunstausstellung – so wird der Belastungsreiz für die Füße größer.
Der ganze Körper leidet.
Die Hilferufe der Füße sollte man unbedingt erhören: „Rund 75 bis 85 Prozent meiner Klienten, die sowohl Fußschmerzen als auch statische Schmerzen im Knie, Becken, in der Lenden- und Halswirbelsäule haben, weisen Störungen des sensomotorischen Regelkreises auf“, sagt Fußkartograph Stark. Das heißt: Sogar der Stoffwechsel und die Organfunktionen können beeinträchtigt werden. Die gesamte Körperhaltung wird nämlich vom Fuß aus gesteuert. Sogar die Psyche wird davon beeinflusst, ob wir mit beiden Beinen fest und ausbalanciert auf dem Boden stehen.
Wo finde ich einen Spezialisten?
Ein Schuhtechniker kann mit Einlagen und ein Physiotherapeut mit speziellem Fußtraining Fehlstellungen korrigieren. Wartet man zu lange, helfen nur noch Operationen. Dabei sollte man seine Füße in
die Hände eines Fußspezialisten geben: Die Gesellschaft für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie e.V. bietet auf ihrer Internetseite gffc.de eine Arztsuche an, in der Spezialisten mit Zertifikat verzeichnet sind.
Welche neuen OP-Methoden versprechen Erfolge?
Eine Operation kann selbst einen ausgeprägten Hallux valgus beheben. Inzwischen haben Ärzte schonende Methoden entwickelt, die Gelenk und Knochen erhalten und dank moderner Betäubungsverfahren in der Regel auch relativ
schmerzarm sind. Oft werden sogenannte winkelstabile Implantate eingesetzt – diese sind stabiler als frühere Platten und Schrauben. „Die Patienten genesen so schneller und müssen nicht so lange den operierten Fuß entlasten“, sagt Dr. Galla. Auch resorbierbare Implantate sind eine große Verbesserung: „Diese Implantate lösen sich allein auf – es bleibt also kein Fremdmaterial im Körper, das bei einer zweiten Operation herausgenommen werden muss.“Viele Fußchirurgen arbeiten mit minimalinvasiven Methoden, bei denen nur ein kleiner Schnitt nötig ist.