Bunte Magazin

Gut zu Fuß:

Wie unsere Füße gesund und funktionst­üchtig bleiben

- Kathrin Schwarze-Reiter

Mit Füßen wurde die Welt verändert: Neil Armstrongs erster Schritt auf den Mond. Die friedliche­n Märsche der DDRMontags­demonstran­ten. Usain Bolts 100-Meter-Sprint in 9,6 Sekunden…

Doch wir schenken unseren Füßen nicht die Beachtung, die sie verdienen. Im Alltag sollen sie lediglich funktionie­ren: laufen, springen, tanzen oder rennen. Wir behandeln sie wie Maschinen – erst wenn sie nicht mehr arbeiten, werden wir uns ihrer Bedeutung bewusst. Dann sollen sie bitteschön so schnell wie möglich wieder fit sein – um erneut Höchstleis­tungen zu vollbringe­n.

Wie wäre es aber, wenn wir das Laufwerk unseres Körpers schon vorher pflegen, umsorgen und verwöhnen würden? Viele Schmerzen und OPs könnten wir so verhindern. BUNTE hat mit Experten gesprochen, wie wir unsere Füße gesund und funktionst­üchtig halten – und welche Operations­methoden bei Problemen helfen.

Wo schmerzen die Füße?

„Der Fuß ist ein Kunstwerk aus 26 Knochen, 19 Muskeln und 107 Bändern“, staunte schon Leonardo da Vinci. Durch Millionen hochsensib­ler Rezeptoren ist der Fuß eines der komplexest­en und hochempfin­dsamsten Teile des Körpers – weitaus sensibler als die Hand. Er hält jeden Tag durchschni­ttlich 1000 Tonnen Belastung stand und legt in einem durchschni­ttlichen Leben etwa 120000 Kilometer zurück – fast

„Wer mit den Füßen fest auf der Erde steht, kann mit dem Scheitel den Himmel berühren“ HANS KUDSZUS

dreimal um die Welt. Bei einer solchen Hochleistu­ng nimmt fast jeder Fuß Schaden: 60 Prozent der Erwachsene­n leiden unter relativ harmlosen Fußproblem­en: Bänderdehn­ungen am Sprunggele­nk, Achillesse­hnenreizun­gen, das Fersenspor­n-Syndrom und KnickSenkf­üße. Meist sind diese mit Einlagen, Schienen, Gymnastik oder Stoßwellen­therapie leicht in den Griff zu bekommen. Enzympräpa­rate (z.B. „Wobenzym plus“) können Gelenkschm­erzen und Entzündung­en bekämpfen. Kritischer wird es bei Vorfußprob­lemen: Krallenund Hammerzehe­n, Spreizfüße oder der oft schmerzhaf­te Hallux valgus, bei dem der erste Mittelfußk­nochen nach außen wandert und der Großzeh in Richtung Fußmitte knickt. 20 Prozent der Unter-20-Jährigen haben einen solchen Ballenzeh, bei den Über-50-Jährigen sind es zwei Drittel. Vor allem Frauen sind betroffen.

Drückt der Schuh?

Die Experten nennen das Schuhkonfl­ikt: Die meisten Menschen tragen aus Prinzip zu kleine Schuhe. Ich und Schuhgröße 40? Kann doch nicht sein! Die Erfahrung des Münchner Fußkartogr­aphen Carsten Stark: „90 Prozent der Damenschuh­e sind zu klein. Bei den Männern sieht es etwas besser aus, bei ihnen liegt der Schnitt bei 50 Prozent.“Bei Kindern sind es sogar 70 Prozent. Zu schnell und unkontroll­iert wachsen ihre Füße – und zu selten werden sie kontrollie­rt.

Aber auch bei der Passform kann man Fehler machen: Mit jedem Millimeter Absatz steigt die Belastung des Vorfußes und der Zehen. Spitze Pumps und Sandalette­n quetschen die Ze- hen zusammen, es bilden sich Hühnerauge­n und schließlic­h Deformieru­ngen wie der Hallux valgus. Sind die Sohlen von Sandalen zu dick und zu starr, kann der Fuß nicht natürlich weich abrollen, sondern wird bei jedem Schritt auf den harten Boden geknallt. Jeder Stoß wird an das Skelett weitergege­ben, Bandscheib­en, Wirbelsäul­e, Gelenke werden gestaucht. Aber auch voll gedämpfte Sportschuh­e sollte man nicht täglich tragen: „Je besser der Schuh gedämpft ist, desto stärker rammt der Läufer seine Ferse in den Boden“, sagt Carsten Stark. Die Fußmuskula­tur wird schwach, ein Senkund Knickfuß kann entstehen.

Welche Schuhe schmeichel­n dem Fuß?

Beim Kauf sollte man auf eine gute Passform achten: Ist der Schuh groß und breit genug? Drückt er irgendwo? Haben die Zehen Platz? Am besten wechselt man täglich zwischen guten Sneakers, bequemen Pumps und Sandalen. Zu Hause trägt man Hausschuhe mit einer elastische­n Sohle und einem guten Fußbett (z. B. Birkenstoc­k). „Gut ist ein sogenannte­r Nullabsatz. Die Sohle sollte möglichst dünn sein und wenig dämpfen“, sagt Fußkartogr­aph Carsten Stark. „Möchte man mehr Komfort, empfiehlt sich eine dünne Poron-Einlegesoh­le.“Inzwischen gibt es sogar unterpolst­erte, extra breite Schuhe für Frauen mit Hallux valgus (lashoe.de).

Ist Sport Fußmord?

„Besonders gefährdet sind Ausdauersp­ortler wie Läufer oder Geher“, sagt Fußchirurg­in Dr. Mellany Galla, die in Hildesheim und Hannover Fußpatient­en operiert. „Durch die ständige Überbelast­ung kommt es häufig zu Ermüdungsb­rüchen des Fußes.“Deshalb müssen diese besonderes Augenmerk auf ihre Schuhe legen. „Sportler brauchen wegen der enormen Belastung, denen ihr Fuß ausgesetzt ist, ein individuel­l angefertig­tes Schuhwerk“, sagt Schuhtechn­iker Martin Trautmann, der auch die SchuhEinla­gen für die deutsche

Fußball-Nationalma­nnschaft, Michael Schumacher, Oliver Kahn oder Herbert Grönemeyer fertigte.

Welche Pflege brauchen Füße?

Unsere „Laufwerke“brauchen Aufmerksam­keit: Fußmassage­n mit Olivenölen und speziellen Fußcremes (z. B. Sebamed „Trockene Haut Fußcreme Urea Akut 10%“oder Eubos „Sensitive Fuß Repair & Schutz“), Fußbäder („Bullrich Salz“gegen Schweißfüß­e), pflegende, reminerali­sierende Nagellacke (z. B. „Sililevo“) oder wechselwar­me Schenkelgü­sse nach Kneipp pflegen und trainieren die Füße. Rotlicht aktiviert die Selbstheil­ung, denn die Wärmebestr­ahlung regt den Stoffwechs­el des Gewebes an. Bei chronische­n Entzündung­en an den Gelenken helfen heiße Wickel mit Senf und Quark. Spezielle Lacke (z. B. „Ciclopoli“) bekämpfen Nagelpilz.

Aber auch beim Gehen kann man dem Fuß Gutes tun: „Grundsätzl­ich sollte das Ziel sein, barfuß zu gehen – mindestens 30 Minuten pro Tag auf natürliche­m Boden“, sagt Buchautor („Das Buch für den Halluxx“m, Lasea-Anzeige L//// EV mSüdwBuens­tet Verlag) Carsten Stark. Weitere Tipps:AuGsgaebhe/EeT:n/S.ie.m iunnddineA­usstgaebnes 3000 bis 5000 Schritte am Tag! Ein Schrittzäh­ler hilft beim Durchhalte­n. Schalten Sie mal einen Gang runter und schlendern Sie wie durch eine Kunstausst­ellung – so wird der Belastungs­reiz für die Füße größer.

Der ganze Körper leidet.

Die Hilferufe der Füße sollte man unbedingt erhören: „Rund 75 bis 85 Prozent meiner Klienten, die sowohl Fußschmerz­en als auch statische Schmerzen im Knie, Becken, in der Lenden- und Halswirbel­säule haben, weisen Störungen des sensomotor­ischen Regelkreis­es auf“, sagt Fußkartogr­aph Stark. Das heißt: Sogar der Stoffwechs­el und die Organfunkt­ionen können beeinträch­tigt werden. Die gesamte Körperhalt­ung wird nämlich vom Fuß aus gesteuert. Sogar die Psyche wird davon beeinfluss­t, ob wir mit beiden Beinen fest und ausbalanci­ert auf dem Boden stehen.

Wo finde ich einen Spezialist­en?

Ein Schuhtechn­iker kann mit Einlagen und ein Physiother­apeut mit speziellem Fußtrainin­g Fehlstellu­ngen korrigiere­n. Wartet man zu lange, helfen nur noch Operatione­n. Dabei sollte man seine Füße in

die Hände eines Fußspezial­isten geben: Die Gesellscha­ft für Fuß- und Sprunggele­nkchirurgi­e e.V. bietet auf ihrer Internetse­ite gffc.de eine Arztsuche an, in der Spezialist­en mit Zertifikat verzeichne­t sind.

Welche neuen OP-Methoden verspreche­n Erfolge?

Eine Operation kann selbst einen ausgeprägt­en Hallux valgus beheben. Inzwischen haben Ärzte schonende Methoden entwickelt, die Gelenk und Knochen erhalten und dank moderner Betäubungs­verfahren in der Regel auch relativ

schmerzarm sind. Oft werden sogenannte winkelstab­ile Implantate eingesetzt – diese sind stabiler als frühere Platten und Schrauben. „Die Patienten genesen so schneller und müssen nicht so lange den operierten Fuß entlasten“, sagt Dr. Galla. Auch resorbierb­are Implantate sind eine große Verbesseru­ng: „Diese Implantate lösen sich allein auf – es bleibt also kein Fremdmater­ial im Körper, das bei einer zweiten Operation herausgeno­mmen werden muss.“Viele Fußchirurg­en arbeiten mit minimalinv­asiven Methoden, bei denen nur ein kleiner Schnitt nötig ist.

 ??  ?? KATE, HERZOGIN VON CAMBRIDGE, 35, macht es richtig: Sie läuft gern barfuß – wie hier bei einem Besuch auf den Salomonen
KATE, HERZOGIN VON CAMBRIDGE, 35, macht es richtig: Sie läuft gern barfuß – wie hier bei einem Besuch auf den Salomonen
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 ??  ?? GWYNETH PALTROW, 44, HAT „EARTHING“NICHT GUTGETAN. So heißt der Barfußtren­d neudeutsch. Die Schauspiel­erin mit Schuhgröße 41,5 will damit „freie Elektronen aus dem Boden aufsaugen“. Im Mai brach sie sich allerdings den Fuß.
GWYNETH PALTROW, 44, HAT „EARTHING“NICHT GUTGETAN. So heißt der Barfußtren­d neudeutsch. Die Schauspiel­erin mit Schuhgröße 41,5 will damit „freie Elektronen aus dem Boden aufsaugen“. Im Mai brach sie sich allerdings den Fuß.
 ??  ?? USAIN BOLT, 30, QUETSCHT SEINE FÜSSE IN ZU KLEINE SCHUHE: Viele Profi-Sprinter tragen um zwei Nummern zu kleine Schuhe, um ein besseres Gefühl für die Tartanbahn zu bekommen. Auf Fotos ist zudem deutlich zu sehen, dass Bolt unter Nagelpilz und Hallux valgus leidet.
USAIN BOLT, 30, QUETSCHT SEINE FÜSSE IN ZU KLEINE SCHUHE: Viele Profi-Sprinter tragen um zwei Nummern zu kleine Schuhe, um ein besseres Gefühl für die Tartanbahn zu bekommen. Auf Fotos ist zudem deutlich zu sehen, dass Bolt unter Nagelpilz und Hallux valgus leidet.
 ??  ?? ANH PHUONG DINH PHAN, 25, VERSÄUMTE WEGEN EINER HALLUX-OP DAS FINALE: Sie kam bei „Germany’s Next Topmodel“2017 unter die ersten acht. „Für mich heißt es: sechs Wochen Krücken und orthopädis­cher Schuh. Aber die Gesundheit geht vor.“
ANH PHUONG DINH PHAN, 25, VERSÄUMTE WEGEN EINER HALLUX-OP DAS FINALE: Sie kam bei „Germany’s Next Topmodel“2017 unter die ersten acht. „Für mich heißt es: sechs Wochen Krücken und orthopädis­cher Schuh. Aber die Gesundheit geht vor.“
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 ??  ?? GEORGINA FLEUR, 27, KÜRZTE ZWEI ZEHEN: „Ich trage im Sommer keine offenen Schuhe“, klagt sie. Rund 3000 Euro war ihr die Schönheits­operation wert.
GEORGINA FLEUR, 27, KÜRZTE ZWEI ZEHEN: „Ich trage im Sommer keine offenen Schuhe“, klagt sie. Rund 3000 Euro war ihr die Schönheits­operation wert.
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 ??  ?? AMALCLOONE­Y, 39, LEIDET AN EINEM BALLENZEH: So nennt man die Fehlstellu­ng des Großzehs, der durch schlechtes Bindegeweb­e und zu enge Schuhe entsteht.
AMALCLOONE­Y, 39, LEIDET AN EINEM BALLENZEH: So nennt man die Fehlstellu­ng des Großzehs, der durch schlechtes Bindegeweb­e und zu enge Schuhe entsteht.
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