Helmut Kohl (†):
Ein Grab wie ein Gefängnis – sein Neffe ist entsetzt
Schweigend steht Harald Getrey, 65, am Grab von „Onkel Helmut“. Der große, schlanke Mann mit den weißgrauen Haaren schüttelt den Kopf, wirkt zutiefst schockiert. „Das Grab sieht so arm aus“, sagt er zu BUNTE. „Kein Zeichen von Liebe. Nicht mal eine Blume. Das Grab wirkt so kalt, als würde Onkel Helmut hier schon 30 Jahre liegen. Dabei sind es noch keine sechs Wochen.“
Pause. „Als ich am 3. Juli, zwei Tage nach der Beerdigung, hier war, standen noch Kränze drum herum. Jetzt trennt ein Zaun Onkel Helmut von den Menschen, die ihn besuchen. Das würde ihm nicht gefallen. Er liebte das Bad in der Menge. Wenn er in Speyer durch den Adenauer-Park lief und im ,Domhof‘ zum Essen war, hat er sich gefreut, wenn Menschen ihn angesprochen haben.“
Kopfschütteln. „Er würde sich im Grab umdrehen, wenn er das wüsste. Onkel Helmut hätte einem Zaun nie zugestimmt. Ausgerechnet um sein Grab! Wo er doch der Kanzler der Einheit war und die Mauer einreißen ließ. Mit dem Zaun setzt Maike leider ihren Weg fort, Onkel Helmut von Familie, Freunden und Weggefährten zu isolieren. Selbst im Tod will sie ihn für sich allein haben.“
Die Besucher, die an diesem Sonntag im August am Kohl-Grab rechts neben dem Eingang zum Adenauer-Park in Speyer stehen,
äußern sich ähnlich entsetzt. „In den ersten beiden Wochen nach seiner Beisetzung kamen täglich bis zu 1500 Menschen
ans Grab“, schreibt Matthias Nowack, Sprecher der Stadt Speyer, BUNTE auf Anfrage. „Auch wenn der Besucherstrom mittlerweile erwartungsgemäß nachgelassen hat, ist es schön zu sehen, dass das Grab weiterhin ein Anziehungspunkt für Menschen ist.“
Der dunkelgrüne Zaun, die lieblos wirkende Holzplatte auf dem Grab, die große Kamera im Baum links oberhalb des Holzkreuzes sorgen für Diskussionen. Als BUNTE beim Bischöflichen Ordinariat des Bistums Speyer nachfragt, wer für die Installationen verantwortlich ist, antwortet eine Sprecherin schriftlich: „Die Installation der Videoüberwachung wurde selbstständig und ohne Mitwirkung des Domkapitels im Auftrag von Maike Kohl-Richter montiert. … Eine Genehmigung des Domkapitels
DAS GRAB SIEHT SO ARM AUS. KEIN ZEICHEN VON LIEBE
für die Anbringung der Videokamera liegt nicht vor.“Weiter heißt es, man „dulde“diese „vorübergehend“, jedoch nur so lange, bis das Grabmal errichtet und das Grab fertiggestellt sei. „Die Kosten dafür werden in voller Höhe von Frau Kohl-Richter getragen.“Das Domkapitel habe „in enger Absprache mit der Stadt Speyer“der Witwe zur Auflage gemacht, dass das Sichtfeld der Kamera vor dem Zaun zum öffentlichen Park endet.
„Das Grab unserer Familie befindet sich in Ludwigshafen-Friesenheim“, sagt Harald Getrey. „Dort liegen meine Großeltern, also die Eltern von Helmut Kohl. Dort ist auch Tante Hannelore beerdigt. Es war stets der Wunsch meines Onkels, dort beerdigt zu werden“, beteuert Getrey. Der Unternehmer ist der Sohn von Helmut Kohls einziger Schwester Hildegard Getrey, sie starb im September 2003 im Alter von 81 Jahren. Bruder und Schwester standen sich extrem nah. Auch Harald Getrey hatte ein enges Verhältnis zu seinem Onkel. Als dieser am 16. Juni 2017 starb, schaltete sein Neffe eine anrührende Todesanzeige (siehe unten), dazu ein Foto der Geschwister und der Satz: „Wahre Trauer findet im Herzen statt.“
Zu BUNTE sagt Harald Getrey: „Onkel Helmuts zweite Frau Maike war von Anfang an extrem eifersüchtig auf sein gesamtes Umfeld. Deshalb hat sie nach und nach jeden entfernt, der Onkel Helmut am Herzen lag. Besonders eifersüchtig war sie auf seinen Freund und Fahrer Ecki Seeber, seine Büroleiterin Juliane Weber, seine Söhne und Enkelkinder – und auf Hannelore Kohl. Maike hätte am liebsten die Vergangenheit ausgelöscht, deshalb hat sie Onkel Helmut von seinen einstigen Vertrauten komplett isoliert.“Getrey glaubt, „Maike hatte sicher keinen leichten Stand, weil Tante Hannelore eine so großartige Persönlichkeit war. Jeder hat sie geliebt und bewundert. Er und sie waren ein perfektes Team.“
Als der Altkanzler 2004 die junge Maike Richter an seiner Seite präsentierte, sei die Familie zwar überrascht, doch das Verhältnis sei „gut“gewesen. „Onkel Helmut stand zu Maike, sagte aber stets, dass er auf keinen Fall noch einmal heiraten will. Wir waren deshalb sehr verwundert, als wir von der Hochzeit erfuhren.“Er glaubt, der schwere Sturz des Altkanzlers 2008 war ein großer Wendepunkt. „Onkel Helmut war seitdem nicht mehr der Alte. Vor allem in seinen letzten Lebensjahren war er zu krank, um seine Wünsche gegenüber Maike durchzusetzen. Als ich ihn vor gut einem Jahr zuletzt besucht habe, konnte er schon nicht mehr sprechen. Er lag im Bett, war gesundheitlich in einem sehr schlechten Zustand.“
Für Harald Getrey ist das Verhalten von Maike Kohl-Richter „eine Tragödie“. „Maike hat es geschafft, unsere ohnehin kleine Familie zu zerreißen. Es gibt nun nur noch mich und meine beiden Cousins Walter und Peter Kohl. Wir wissen, dass es niemals Onkel Helmuts Wunsch war, seine Söhne und Enkel nicht mehr sehen zu wollen. Auch Freunde und Weggefährten, die ihn Jahrzehnte kannten, sind sich einig, dass Maikes Einfluss immer größer wurde.“
Harald Getrey war zwar zu den Trauerfeierlichkeiten eingeladen, aber aus „Solidarität mit Walter und Peter“blieb er fern, sah sich den EU-Staatsakt im Fernsehen an. „Das nächste traurige Kapitel wird das Erbe werden. Wir haben keine Ahnung, was da auf die Familie zukommt und ob meine Cousins überhaupt irgendetwas bekommen werden.“Er gehe davon aus, dass Maike Kohl-Richter den Kanzlerbungalow in Ludwigshafen-Oggersheim verkaufen wird. „Und zwar schnell. Sie hat ja dort niemanden, der sie mag.“