Der DARM ist das „zweite Gehirn“
DAS MIKROBIOM WIEGT BIS ZU ZWEI KILO – UND DAMIT MEHR ALS DAS GEHIRN
und Zucker. Sie entscheiden mit darüber, ob wir uns glücklich oder traurig fühlen, ob wir von Ängsten geplagt werden oder mutig durchs Leben gehen. Ob wir dick oder schlank sind. Ob wir uns gut oder nur mit Mühe konzentrieren können. „Die Darmflora ist regulierend in fast alle Funktionen unseres Körpers eingebunden. Es gibt nahezu kein Organ, mit dem sie nicht verbunden ist“, sagt Buchautorin Michaela Axt-Gadermann. „Möglicherweise lassen sich sogar Erkrankungen des Nervensystems wie Parkinson, multiple Sklerose oder sogar Demenz, für die es bislang noch keine Heilung gibt, über den Darm beeinflussen. Erste Untersuchungen lassen das zumindest hoffen.“Auch gibt es Hinweise, dass die Mikroben eine Rolle bei Entwicklungsstörungen wie Autismus und Schizophrenie spielen.
Kommunikationszentrale
Forscher nennen den Darm das „zweite Gehirn“– ähnlich faszinierend und spannend sind sein Aufbau und seine Funktion. Mit seinem Gegenstück im Kopf scheint der Darm intensiv zu kommunizieren, Wissenschaftler sprechen von der Darm-HirnAchse. Wichtigste Verbindung ist dabei der Vagusnerv. Er entspringt im Hirnstamm und schlängelt sich an der Wirbelsäule vorbei zum Darm. Über diesen Highway schicken die Darmmikroben biochemische Informationen. „So reagieren die Nervenzellen im Darm ebenso wie die Nervenzellen in unserem Kopf auf Botenstoffe wie Adrenalin bei Stress oder auf das Glückshormon Serotonin“, schreibt Professorin Julia Seiderer-Nack, Fachärztin für Innere Medizin und Professorin an der Katholischen Stiftungsfachhochschule München, in ihrem Buch „Was passiert im Darm?“(Südwest Verlag). Vermutlich entstehen auch Darmprobleme wie Durchfall oder Verstopfung durch diese enge Verbindung mit dem Kopf – nicht ohne Grund entscheiden wir Sachen „aus dem Bauch heraus“oder haben ein ungutes „Bauchgefühl“. Forscher haben nun Hinweise darauf gefunden, dass die Nervenkrankheit Parkinson vom Darm ausgelöst bzw. gefördert werden könnte: Proteinklumpen (Plaques) sammeln sich im Frühstadium der Krankheit im Gehirn an. Und woher stammen diese? Genau, aus dem Darm! Sie werden von Mikroben produziert und wandern vermutlich über den Vagusnerv ins Hirn.
Fitnesstrainer
Die Erforschung des Mikrobioms ist derzeit eines der spannendsten Forschungssäuren
gebiete überhaupt. Täglich gibt es neue Erkenntnisse. Fast alle medizinischen Fachdisziplinen haben sich auf den Darm gestürzt, um Krankheiten über die Darmflora verhindern oder in Zukunft sogar heilen zu können: „Ob Übergewicht, Diabetes, Allergien, Hauterkrankungen oder Depressionen – in ganz vielen Bereichen findet man Zusammenhänge“, sagt Axt-Gadermann. Sogar über unsere Fitness entscheiden die Bakterien mit: Verabreicht man alten Fischen die Darmflora junger Fische, werden sie wieder agiler und gesünder. Sie leben bis zu 40 Prozent länger.
Stimmungsmacher
Jeder kennt das: Sind wir verliebt, haben wir „Schmetterlinge im Bauch“. Wenn wir aufgeregt sind, kribbelt es in der Mitte des Körpers. Neurowissenschaftler