Bakterien heben die STIMMUNG
100 MILLIONEN NERVENZELLEN LIEGEN AUF DEN WÄNDEN DES DARMS
Dr. Gerard Clarke vom APC-Mikrobiom-Institut der Universität Cork in Irland hat in einer Studie nachgewiesen, dass das Mikrobiom auch unseren Gemütszustand beeinflusst: Er gab 22 jungen, gesunden Männern ein Tütchen mit weißem Pulver – in der ersten Versuchsreihe steckte ein Placebo, in der zweiten das Bakterium B.l.1714. Dieses kommt in Joghurt, Kefir oder rohem Sauerkraut vor. Faszinierend: Nachdem die Männer das Pulver mit dem Bakterium in Milch getrunken hatten, hob sich ihre Stimmung. Sie fühlten sich weniger gestresst, glücklicher, konzentrierter. Hirnregionen, die für höhere kognitive Leistungen zuständig sind, waren plötzlich aktiver. Clarke träumt nun davon, dass Bakterien-Cocktails die Psychopharmaka ersetzen könnten. Das ist aber noch Zukunftsmusik.
Dick- oder Dünnmacher
Manche Menschen essen jeden Tag ein Stück Kuchen und nehmen nicht zu? Auch dafür sind unter anderem die kleinen Lebewesen in unserem Darm verantwortlich: Inzwischen weiß man, dass beim Menschen drei verschiedene Typen von Darmflora (die sogenannten Enterotypen) vorkommen. „Bei jedem der drei Typen ist eine bestimmte Art von Bakterien besonders häufig im Darm vertreten, und dies unabhängig von Alter, Geschlecht, Ernährung oder Herkunft“, so Julia SeidererNack. Schlanke Menschen haben mehr Darmbakterien und eine größere Vielfalt als Übergewichtige. Darunter sind viele, die vor Entzündungen schützen. Eine ganz aktuelle Studie des Exzellenzclusters Entzündungsforschung fand heraus, dass Übergewichtigen vor allem die Bakterien Parasutterella excrementihominis und Marinilabiliaceae fehlen – und dass sie häufig Entzündungen im Gehirn haben (die können zu Krankheiten wie Demenz oder Alzheimer führen). „Wir können noch nicht mit Sicherheit sagen, was zuerst entsteht – also ob Übergewicht zu einer Entzündung im Hypothalamus führt oder ob die entzündlichen Prozesse Übergewicht verursachen“, so die Erstautorin der Studie, Carina Kreutzer. Abnehmtipps könne man daraus leider noch nicht ableiten.
Hoffnung unter Übergewichtigen geweckt hat auch ein anderes Thema: Die Stuhltransplantation. Wurde schlanken Personen der Stuhl von dicken Menschen implantiert – natürlich aufbereitet und in Tablettenform –, nahmen auch sie zu. Auch umgekehrt ist das in begrenztem Maße möglich. Daraus aber Rückschlüsse auf die absolute Diätsensation zu ziehen, dafür ist es noch zu früh – so weit ist die Forschung noch nicht. Vor allem sind Stuhltransplantationen erst einmal dazu gedacht, um Krankheiten zu heilen: Reizdarmpatienten (medizinischer Fachbegriff: Colitis ulcerosa) wird der Stuhl von gesunden Menschen verabreicht. Bei mehr als 40 Prozent besserten sich in einem Versuch der australischen Universität Kensington daraufhin die Beschwerden.
So trainiert man sein Mikrobiom
Die Neigung zum Dickwerden oder Schlankbleiben ist zwar (noch) nicht zu ändern. Doch jeder kann schon jetzt bestimmte Bakterien im Darm durch gemüsereiche, kalorien- und fleischarme Ernährung mit einem hohen Ballaststoffreichtum „züchten“(mindestens