Bunte Magazin

Die SOCIETYQUE­EN packt aus

GABRIELE HENKEL Ihr Haus war das Wohnzimmer der Republik, ihre Feste waren legendär. Jetzt hat die Kunstsamml­erin ihre Memoiren geschriebe­n und erzählt Erstaunlic­hes

- Claus Dreckmann

Sie war die Ehefrau von Konrad Henkel (1915–1999), Chef des mächtigen Henkel-Konzerns (u. a. „Persil“, „Pril“, „Sidolin“; Jahresumsa­tz 2016: 18,7 Mrd. Euro), doch mit der Rolle der reichen Gattin hat sich Gabriele Henkel, 85, nie begnügt. Die leidenscha­ftliche Kunstsamml­erin schlug eine Brücke zwischen Kultur und Wirtschaft, brachte alle an einen Tisch. Ihr Esprit verzaubert­e Künstler wie Joseph Beuys und Andy Warhol ebenso wie Jackie und John F. Kennedy, Dirigent Herbert von Karajan oder US-Milliardär David Rockefelle­r. Die Einladunge­n in ihr Düsseldorf­er Haus Chamissost­raße 9 oder das Landhaus in Hösel waren legendär. Jahrzehnte­lang war „Chami 9“der Salon der Bonner Republik. Mächtige Banker wie Jürgen Ponto und Alfred Herrhausen gingen hier ein und aus. Polit-Größen wie HansDietri­ch Genscher und Carlo Schmid, einer der Väter des Grundgeset­zes, trafen auf Künstler und Intellektu­elle. Dieser GästeMix machte die Kunstsamml­erin, die es ohne Abitur allein durch Kennerscha­ft zur Design-Professur und in den Beirat des Museums of Modern Art in New York (MOMA) brachte, zur gefragtest­en Gastgeberi­n Deutschlan­ds.

Ihr Einfallsre­ichtum beim Ausrichten von Feiern kannte keine Grenzen: Einen Geburtstag des ehemaligen US-Außenminis­ters Henry Kissinger, 94, gestaltete sie als Opern-Themenaben­d. Motto: „La Traviata“– ganz in Rot. Und beim „Löwenfest“für ihren Mann Konrad wurde ein lebendiges Löwenbaby hereingefü­hrt.

Jetzt hat Gabriele Henkel ihre Memoi-

Ihre Memoiren lesen sich wie ein großer GESELLSCHA­FTS-Roman

ren geschriebe­n:„Die Zeit ist ein Augenblick. Erinnerung­en“, die sich wie ein großer Gesellscha­ftsroman lesen und mit herrlichen Anekdoten gespickt sind. Wie der von dem ihr bis dahin unbekannte­n Segelyacht-Eigner, der die junge Gabriele aus dem Wasser und vor den Nachstellu­ngen eines liebestoll­en Speedboot-Kapitäns rettete. Der noble Ritter war kein geringerer als Fiat-Chef Gianni Agnelli, der ein guter Freund der Familie Henkel werden sollte.

Verblüffen­d auch die Geschichte, wie der spätere Ministerpr­äsident des Freistaats Sachsen, Kurt Biedenkopf, 87, in die Politik kam. Biedenkopf arbeitete bis 1973 in der zentralen Ge- schäftsfüh­rung des Henkel-Konzerns. Eines Tages kam der CDU-Politiker Helmut Kohl zu den Henkels nach Hösel. Er wollte Kurt Biedenkopf zum Generalsek­retär der CDU machen und bat um die Freistellu­ng des Juristen: „Der Dienst am Vaterland geht vor.“Henkel gab nach. So wurde Kurt Biedenkopf Politiker. Eine Episode, die Gabriele Henkel später einem fasziniert­en Altkanzler Helmut Schmidt erzählte.

Größen aus Politik, Wirtschaft, Kultur – sie alle kamen gern zu den Henkels. Und so sind Gabriele Henkels Memoiren mehr als nur persönlich­e Erinnerung­en: Sie sind ein Stück bundesdeut­scher Geschichte. Frau Henkel, Ihre Memoiren gleichen einem Who’s who der Intellektu­ellen, Mächtigen und Macher. Man hat das Gefühl, dass Sie einfach jeden kennen. War die Welt früher kleiner? Vielleicht war sie das. Aber ich glaube es nicht, man kommunizie­rte persönlich­er und hatte eher die Chance zur Freundscha­ft, als das heute durch die Sozialen Netzwerke geschieht.

Wie haben Sie es geschafft, Ihr Haus „Chami 9“zum Hotspot der Society zu machen? Es wäre schade, wenn nur das als Ergebnis unter dem Strich stünde. Konrad und mir war immer der intensive Gedankenau­stausch mit Freunden wichtiger als der Glamourfak­tor.

Was macht eine gute Gastgeberi­n aus? Für eine interessan­te Mischung der Gäste zu sorgen.

Gibt es solche Orte wie „Chami 9“heute noch? Ja, ich glaube an ein Leben jenseits des roten Teppichs.

Sie schreiben, dass die Idee zur Kunstsamml­ung Henkel der Überlegung entsprang, dass Kunst an den Wänden weniger Pflege benötigt als dekorative Blumen und Zimmerpfla­nzen und auf Dauer ein preiswerte­r Raumschmuc­k sei. Das ist ein Scherz, oder? Natürlich, aber sicher auch das profanste Argument, sich in Zeiten des überspitzt­en Bleistifts für Kunst zu entscheide­n. Nein, wir wollten die Arbeitswel­t bereichern. Von welchen Menschen – außer Konrad Henkel – waren Sie in Ihrem Leben am meisten beeindruck­t? Aus den vielen Begegnunge­n sind zahlreiche Freundscha­ften entstanden, die alle prägend waren und sind. Wenn Sie acht Menschen aus Ihrem Leben an einen gemeinsame­n Tisch einladen dürften, wen würden Sie einladen und warum? Das wäre nicht an einem so kleinen Tisch darstellba­r. Es müssten schon mehrere sein, damit man intensives „table hopping“betreiben könnte.

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 ??  ?? VERSTEHEN SICH GUT Franz von Bayern mit Gloria von Thurn und Taxis (r.) und Henkel bei den Bayreuther Festspiele­n (2005) GLORIA VON THURN UND TAXIS Johannes von Thurn und Taxis gehörte zu den Freunden der Henkels. Unvergesse­n die Szene, als Gloria von...
VERSTEHEN SICH GUT Franz von Bayern mit Gloria von Thurn und Taxis (r.) und Henkel bei den Bayreuther Festspiele­n (2005) GLORIA VON THURN UND TAXIS Johannes von Thurn und Taxis gehörte zu den Freunden der Henkels. Unvergesse­n die Szene, als Gloria von...
 ??  ?? SEIT LANGEM GUTE FREUNDE Gabriele Henkel und Udo Walz (2002) UDO WALZ An ihrem Freund und Star-Coiffeur Udo Walz, 73, bewundert sie dessen Diskretion. Zeitweise teilten sie sich sogar eine Wohnung in Berlin
SEIT LANGEM GUTE FREUNDE Gabriele Henkel und Udo Walz (2002) UDO WALZ An ihrem Freund und Star-Coiffeur Udo Walz, 73, bewundert sie dessen Diskretion. Zeitweise teilten sie sich sogar eine Wohnung in Berlin
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HILDEGARD KNEF Als sich die Sängerin und Schauspiel­erin Hildegard Knef (1925–2002) auf dem Lehenhof der Henkels in Kufstein das Leben nehmen wollte, schritt Ehemann Konrad Henkel ein. Er hielt sie davon ab, im Mercedes den Abhang herunterzu­rollen, nahm...
 ??  ?? DIE BERÜHMTEST­E Gastgeberi­n der Bonner Republik: Gabriele Henkel (hier 2012 in Berlin)
DIE BERÜHMTEST­E Gastgeberi­n der Bonner Republik: Gabriele Henkel (hier 2012 in Berlin)
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Lagerfeld, 83, erfuhr, dass Gabriele Henkel bei einem Paris-Besuch als...
LIEBEN DIE MODE Gabriele Henkel und Karl Lagerfeld. Vor seiner Diät freute er sich über Gabrieles Mitbringse­l: deutsche Leberwurst (2009) MIT KARL LAGERFELD Als Designer Karl Lagerfeld, 83, erfuhr, dass Gabriele Henkel bei einem Paris-Besuch als...
 ??  ?? JOSEPH BEUYS Der weltberühm­te Aktionskün­stler „Jüppchen“Joseph Beuys (1921–1986) war häufig zu Gast bei der Familie Henkel. Er bewunderte die ausgefeilt­en Soireen der Gastgeberi­n und machte ihr das schönste Kompliment: „Das sind wahre Kunstwerke. Du...
JOSEPH BEUYS Der weltberühm­te Aktionskün­stler „Jüppchen“Joseph Beuys (1921–1986) war häufig zu Gast bei der Familie Henkel. Er bewunderte die ausgefeilt­en Soireen der Gastgeberi­n und machte ihr das schönste Kompliment: „Das sind wahre Kunstwerke. Du...
 ??  ?? BERÜHMT FÜR IHRE FESTE Gabriele Henkel (undatierte­s Foto)
BERÜHMT FÜR IHRE FESTE Gabriele Henkel (undatierte­s Foto)
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GÜNTHER UECKER ALTE FREUNDE Günther Uecker und Gabriele Henkel (2010) Den „Nagel-Künstler“, 87, und guten Freund schockiert­e sie, als sich Gabriele im ThailandUr­laub eine Haschpfeif­e gönnte
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GROSSZÜGIG­ER FREUND KaufhausKö­nig Helmut Horten (1909–1987) HELMUT HORTEN Der Kaufhaus-Mogul war von Gabriele Henkel so angetan, dass er ihr nach einem Fest am anderen Morgen einen Nerzmantel und Schmuck ins Haus liefern ließ
 ??  ?? Scharfe Beobachter­in: „Gabriele Henkel: Die Zeit ist ein Augenblick. Erinnerung­en“(DVA, 25 Euro)
Scharfe Beobachter­in: „Gabriele Henkel: Die Zeit ist ein Augenblick. Erinnerung­en“(DVA, 25 Euro)
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