Willkommen in der „Löwengrube“– BUNTE besuchte das Power-Paar in seinem Zuhause
DAGMAR & HANS RUDOLF WÖHRL luden BUNTE in ihre Nürnberger Villa. Die CSU-Politikerin und der erfolgreiche Unternehmer sprachen über Künstler, Reichtum und das Geheimnis ihrer großen Liebe
Es gibt ihn, diesen einen Ort, der eine ganze Familie zusammenhält wie ein unsichtbares Band. Auf wenigen Quadratmetern, zwischen edlem Marmor, blütenweißen Schränken und antiken, schönen Porzellanpuppen trifft sich jeden Sonntag der versammelte Clan zum gemütlichen Mittagessen: Dann wird gelacht und gestritten, es werden Pläne geschmiedet und wieder verworfen. Ihre Küche ist ein Ort gelebter Familienpolitik für Dagmar Wöhrl, 63, ihren Mann Hans Rudolf, 69, und Sohn Marcus, 32. Diese Wöhrls sind keine gewöhnliche Familie, dafür eine mit starken Charakteren: CSU-Lady und Rechtsanwältin Dagmar, die nach dem Abschied aus der Politik zum TV-Star avancierte beim VOX-Erfolg „Die Höhle der Löwen“. Unternehmer Hans Rudolf, der als Big Player im Übernahmekrimi um Air Berlin selbst Weltkonzern Lufthansa die Stirn geboten hatte. Und Marcus, der mit seinem unprätentiösen Führungsstil einer ganzen Hotelkette (DORMERO, 17 Hotels, 1000 Mitarbeiter) wieder zu neuem Glanz verhalf. Als BUNTE die Wöhrls in Nürnberg besucht, führt der erste Weg – natürlich – in die Küche…
Frau Wöhrl, seit wenigen Wochen sind Sie kein Mitglied des Bundestags mehr. Leiden Sie unter Phantomschmerz? Dagmar Wöhrl: Der Abschied war ja freiwillig, aber die Entscheidung habe ich mir nicht einfach gemacht. Ich bin eine Vollblutpolitikerin, das kann ich mir nicht einfach abtrainieren wie ein Leistungssportler. Und es tut mir schon ein bisschen weh, erstmals nicht mehr bei den Koalitionsverhandlungen dabei zu sein. Jamaika finde ich ein spannendes Projekt. Hans Rudolf Wöhrl: Ich hatte meiner Frau geraten weiterzumachen. Dagmar war immer unabhängig, sie hat ihren eigenen Kopf, ist konsequent ihren Weg gegangen, ohne linientreu zu sein. Die Politiker, die heute nachkommen, sind fast ausnahmslos von der Politik abhängig, bewegen sich oft stromlinienförmig, um so nach oben zu kommen. Auf der anderen Seite ist es immer besser, freiwillig zu gehen, als den Stuhl vor die Tür gesetzt zu bekommen. Darüber sollte Horst Seehofer vielleicht mal nachdenken.
Wie war es für Sie als Politiker-Sohn, Herr Wöhrl? Marcus Wöhrl: Ich wurde schon als Kind Zielscheibe poli-
Moderner Luxus trifft auf heimelige ATMOSPHÄRE
Familienidyll am KÜCHENTISCH
tischer Auseinandersetzungen und musste immer mit Diskriminierung durch andersdenkende Lehrer oder Eltern leben. Ich wurde in Sippenhaft genommen für den Beruf meiner Mutter und war Spielball zwischen Euphorie und Ablehnung. Mich persönlich hat das härter gemacht.
Hatten Sie selbst auch das Bedürfnis, in die Politik zu gehen? M.W.: Köpfe wie Stoiber, Beckstein oder Waigel waren meine großen Vorbilder. Ihretwegen habe ich mich in der Jungen Union engagiert, dann aber schnell gemerkt, dass ich zu wenig Diplomat bin. Ich sage das, was mir auf der Zunge liegt. Und manche Dinge haben mich auch angewidert, wenn Eltern beispielsweise ihre Kinder mit ihrer Meinung instrumentalisierten. Bei der letzten Bundestagswahl habe ich dann FDP gewählt, da sie für mich am meisten das Motto „Leben und leben lassen“verkörpert.
Ein schwerer Schicksalsschlag im Sommer 2001 veränderte das Leben der gesamten Familie Wöhrl von einem Augenblick auf den anderen. Sohn Emanuel stürzte bei einem tragischen Unfall vom Dach der heimischen Villa acht Meter in die Tiefe und starb an inneren Verletzungen. „Ich saß auf der Terrasse und sah, wie ein Mensch vom Himmel fiel. Es war ein warmer Sommerabend. Wahrscheinlich wollte Emanuel einen Blick zu der Party bei den Nachbarn werfen und rutschte vom Dach.“Marcus Wöhrl spricht leise, sehr leise, als er von diesem traumatischen Erlebnis erzählt. „Ich lebe jetzt zwei Leben: meines und das von Emanuel. Das Unglück, dieser Verlust wird uns als Familie immer verfolgen.“
Der Tod war eine Zäsur, die das Familienband aber nur noch enger machte: „Wir haben versucht, gemeinsam wieder in die Spur zu kommen. Wenn man sich gegenseitige Schuldzuweisungen macht, ist das der Anfang vom Ende. Viele Familien zerbrechen an so einem Schicksal“, erzählt Hans Rudolf Wöhrl, der seit dem Tod seines Sohnes vor 16 Jahren nur noch Schwarz trägt. Auch Dagmar Wöhrl fällt es noch immer schwer, über diese Tage im Sommer 2001 zu sprechen: „Wir hatten unser Haus mit Leben gefüllt, damit erst gar keine Leere entstehen konnte. Über Wochen wohnten Emanuels Freunde bei uns. Wir haben gemeinsam diskutiert über das Leben und den Tod, wir haben geweint und gelacht. Den Tod selbst musste jeder von uns für sich allein verarbeiten. Ich habe viel gelesen darüber, auch in der griechischen Mythologie. Mein Mann hat seinen Kummer niedergeschrieben. Er kann bis heute nicht am Grab unseres Sohnes stehen.“
In der Küche der Wöhrls dampft und brutzelt es jetzt. Haushälterin Pannee bereitet ein köstliches Thai-Curry für die Familie und ihre Hausgäste zu. Dazu gibt’s Roséwein und die Frage: Wie haben Sie sich eigentlich kennen- und lieben gelernt? D.W.: Ich habe Anfang der 80er-Jahre neben meinem Jurastudium als Model gearbeitet und musste für eine Fotosession nach Paris. Vor dem Flugzeug stand der Pilot Hans Rudolf, ganz fesch in Uniform, und hat jeden einzelnen Gast persönlich begrüßt. Er ist mir sofort aufgefallen und es hat klick gemacht. Das war 1981. Zusammengekommen sind wir erst ein Jahr später. H.R.W.: Als ich Dagmar kennenlernte, hatte ich drei Kinder von drei Frauen. Ich rechne es ihr hoch an, dass sie das nicht abgeschreckt hat. Wir verstehen uns in der Patchworkfamilie bis heute alle super, Dagmar ist sogar Patin von einem Kind aus einer früheren Verbindung. Meine Frauen waren alle keine Luxusweibchen, keine Dekoration, sie waren echte Partnerinnen.
Was bewundern Sie an Ihrer Frau Dagmar? H.R.W.: Meine Frau ist eine starke Persönlichkeit. Ich habe sie immer dabei unterstützt, ihre eigenen Dinge zu machen. Ich wollte nie ein Heimchen am Herd, das Teerosen dekoriert. Aber wir respektieren auch, dass wir unterschiedliche Interessen haben: Dagmar liebt Kultur und Opern. Für mich ist das verschärfter Vollzug.
Stattdessen wollten Sie sich lieber wieder um die insolvente Fluglinie Air Berlin kümmern. Wieso? H.R.W: Ganz einfach: Weil ich’s kann. Es gibt wenige Menschen, die das komplexe Wissen vom Airline-Geschäft haben so wie ich. Aber ich hatte in diesem undurchsichtigen Spiel keine Chance gegen die Lufthansa. Das Thema ist für mich abgehakt.
Gerade ist Ihre Biografie erschienen. Sie erzählen sehr offen über Ihr Leben und die Erfolge … Die Deutschen sind oftmals neidisch. Viele glauben, wer im Wohlstand lebt, muss das mit unredlichen Mitteln erreicht haben. Erfolgreiche Menschen kaufen sich hierzulande lieber ein kleineres Auto, um nicht Neid zu provozieren.
Frau Wöhrl, wie sieht Ihr Alltag nun ohne Politik aus? D.W.: Ich werde nicht von Talkshow zu Talkshow tingeln. Aber ich bleibe ein politischer Mensch mit Meinung und Haltung. Ganz so wie mein Lebensmotto: Lieber einen Tag Löwin als ein Leben lang ein Schaf.