Bunte Magazin

BIRGIT SCHROWANGE,

RTL-Moderatori­n, 59

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„Der ZDF-Sendeleite­r hat mich 1983 dermaßen bedrängt und genötigt, dass ich mich vor ihm ekelte. Ich war 25 Jahre alt und frisch vom WDR zum ZDF gewechselt. Der Sendeleite­r, einer der wichtigste­n Männer beim ZDF, hatte mich als Programman­sagerin eingestell­t. Anfangs war er noch charmant zu mir. Doch er gab mir schnell zu verstehen, dass er am längeren Hebel sitzt und sich von mir mehr erwartet als verbale Freundlich­keit. Er fing plötzlich an, mich zu betatschen, legte seine Hand auf mein Knie, streichelt­e meinen Nacken, wenn er hinter mir stand. Ständig wollte er mich abends zum Essen einladen und erklärte mir, dass er mir jederzeit meine Dienste kürzen könne. Was er auch tat, als ich nicht auf sein Drängen einging. Er wurde richtig fies und fing an, mich zu mobben. Mir wurden Dienste gestrichen. Obwohl mir zehn Sendungen im Monat zugesagt waren, hatte ich plötzlich nur noch fünf. Von dem Geld konnte ich kaum meine Miete bezahlen. Auch ließ er Einladunge­n und Anfragen für Industriev­eranstaltu­ngen und Galas, die ich hätte moderieren sollen, aus meinem Postfach entfernen. Er hatte die Macht, mich aus dem Abendprogr­amm zu nehmen und nur noch tagsüber, bei weniger wichtigen Sendungen, einzusetze­n. Er sagte: „Ich bin hier der Boss und wenn du nicht mitspielst, wirst du schon sehen, wohin dich das führt.“Mir ging es richtig schlecht, körperlich wie seelisch. Hätte ich nicht meinen Lebensgefä­hrten Werner Schüssler gehabt, der mich täglich aufbaute und mir den Rücken stärkte, hätte ich wahrschein­lich gekündigt. Doch so wehrte ich mich und nahm den Kampf auf. Es war die Hölle. Irgendwann fasste ich mir ein Herz und ging zum Chefredakt­eur. Und was sagte er: „Ja, Mädel, dann gehen Sie eben mal mit dem Sendeleite­r essen. Was ist schon dabei…“Ich war geschockt – und vertraute mich dem Intendante­n Prof. Dieter Stolte an. Er hörte mir zu, nahm mich ernst und endlich hatte das Stalking ein Ende. Der Sendeleite­r wurde ermahnt, mich in Ruhe zu lassen. Passiert ist ihm nichts, er durfte seinen Job behalten.

Seitdem ich bei RTL arbeite, habe ich sexuelle Belästigun­g nicht mehr erfahren müssen. Das liegt sicher auch daran, dass wir mit Anke Schäferkor­dt eine Chefin haben. In den 80er- und 90er-Jahren gab es keine toughen Chefinnen im Fernsehen. Das war eine reine Männerwelt. Damals waren Frauen Ansagerinn­en und Sekretärin­nen und mussten sich gegen ihre anzügliche­n Chefs zur Wehr setzen. Schrecklic­h.“

„ER WURDE FIES UND FING AN, MICH ZU MOBBEN“

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