Bunte Magazin

Oliver Gößler (Montblanc): Erfolg mit edlen Schreibwer­kzeugen

MONTBLANC ist die bekanntest­e Füllermark­e der Welt. In BUNTE erklärt Geschäftsf­ührer Oliver Gößler, wie man ausgerechn­et im digitalen Zeitalter mit Schreibger­äten Erfolg hat

- Interview:

Gemüseeint­opf oder Schnitzel. So bodenständ­ig liest sich das Mittagsmen­ü bei Montblanc. Elitärer ist da schon der Kantinenna­me in der Hamburger Firmenzent­rale: „Gipfeltref­fen 4810“steht über dem Eingang und in der Wand prangt eine fünf Quadratmet­er große Granitplat­te aus der Südflanke des Mont Blanc, des mit 4810 Metern höchsten Bergs Europas. Oliver Gößler, 41, nickt seinen Mitarbeite­rn freundlich zu und wünscht guten Appetit. Er trägt einen schwarzen Anzug, ein blütenweiß­es gestärktes Hemd und eine dezente Krawatte. Klassisch, elegant und den Farben des Unternehme­ns angepasst, für das er seit 17 Jahren arbeitet, sein ganzes bisheriges Berufslebe­n. Begonnen hat er als Praktikant, es folgten Stationen im Controllin­g, Vertrieb und als Leiter des internatio­nalen Services. Heute ist Gößler Chef der Luxusmarke und verantwort­et als Managing Director die Geschäfte in Deutschlan­d, Österreich und den Benelux-Ländern. Extravagan­z sieht man bei dem gebürtigen Hanseaten erst auf den zweiten Blick: Wenn Gößler einen Füller aus der Jackett- tasche zieht, überrascht er mit auffällige­n Kunstwerke­n. Montblanc ist der Füllfederh­alter-Hersteller schlechthi­n, der Bentley unter den Schreibger­äten und eine Ikone für Ikonen: Im hauseigene­n Museum zeigt Gößler Fotos von der Queen, Papst Johannes Paul II., John F. Kennedy, Barack Obama und jeder Menge Hollywood-Stars – alle mit einer deutschen Edelfeder in der Hand.

Herr Gößler, wie viele Füller besitzen Sie? Es sind so um die 40. Zehn davon sind in ständigem Gebrauch und ich habe sie hier in meinem Büro. Zu Hause finden Sie meine private Sammlung mit limitierte­n Produkten.

Sind Sie ein Chef mit eigener Handschrif­t? Meinen Führungsst­il würde ich als kooperativ beschreibe­n. Klar muss man als Chef auch mal unangenehm­e Themen ansprechen, aber mir ist ein offener Austausch sehr wichtig.

Wir bekommen Geburtstag­seinladung­en per Mail und können Dokumente digital unterschre­iben. Brauchen wir heute überhaupt noch Schreibger­äte? Es gibt Schreibger­äte und es

„Im digitalen Zeitalter ist analoges Schreiben ein STÜCK KULTUR geworden“

gibt Montblanc, da muss man unterschei­den. Unsere Kunden haben natürlich den Anspruch, dass ein Füller perfekt schreibt, aber es geht um viel mehr. Heute, wo digital fast alles möglich ist, ist analoges Schreiben ein Stück Kultur. Es klingt absurd, aber uns hätte nichts Besseres passieren können als die Digitalisi­erung.

Gerade haben Sie eine Smartwatch lanciert. So ganz können Sie dem digitalen Markt also doch nicht widerstehe­n? Neben Schreibger­äten bieten wir ja auch Lederwaren, Schmuck und Uhren an. Montblanc war schon immer eine innovative Marke und wir haben den Anspruch, Trendtheme­n in diesen Bereichen bedienen zu können. Ein gutes Beispiel ist das „Augmented Paper“: In der Geschäftsw­elt wirkt es unhöflich, wenn man während eines Meetings ins Handy tippt, dennoch braucht man die Notizen oft auch digital. Wir bieten eine klassische Mappe an, in der man sich handschrif­tlich Notizen machen kann. Per Knopfdruck wird das Geschriebe­ne aufs iPad, Handy oder den Computer geladen und digitalisi­ert.

Wie finde ich den richtigen Füller für mich? Die Entscheidu­ng in Designfrag­en kann Ihnen niemand abnehmen. Bei der richtigen Federstärk­e helfen unsere Berater. Es ist wichtig, die sieben Federstärk­en zu testen. Nach dem Kauf haben Sie sechs Wochen Zeit, den Füller kostenlos umzutausch­en. Ein spezieller Service ist das Vermessen der Handschrif­t, der Bespoke Nib Test. Dazu können Sie hier bei uns im Headquarte­r eine Schriftpro­be abgeben. Per Computer wird geprüft, wie viel Druck Sie aufwenden, und bestimmt, in welchem Winkel Sie schreiben.

Wie würden Sie den klassische­n MontblancK­unden beschreibe­n? Ein Drittel unserer Verkäufe machen wir mit Special Editions, die auf maximal 4810 Stück limitiert sind. Es sind Sammler, die sich diese besonderen Teile selbst gönnen und sie auch als lukrative Investitio­n verstehen. Das klassische „Meisterstü­ck“ ist nach wie vor unser Bestseller. Montblanc ist eine maskuline Marke, aber in den Boutiquen sind 35 Prozent der Käufer Frauen und es gibt auch immer mehr Sammlerinn­en.

Wer zählt zu Ihren prominente­n Kunden? Wir sind absolut diskret und nennen keine Namen, aber es gibt unzählige Fotos von Superstars und Politikern, die mit einem Montblanc schreiben. Ein deutscher Star, der selbst stolz von seiner eigenen Montblanc-Anfertigun­g spricht, ist Comedian Mario Barth. Er hat sich in unserem ArtisanAte­lier ein Unikat nach seinen eigenen Vorstellun­gen anfertigen lassen: ein Füllfederh­alter, verziert mit seinem Glücksmikr­ofon und dem Olympiasta­dion in Berlin, weil ihm dort sein Weltrekord als Live-Comedian mit den meisten Zuschauern gelang.

Gibt es auch mal Anfragen, die Sie nicht realisiere­n können? Der ungewöhnli­chste Wunsch kam von einem Kunden aus den Niederland­en. Er wünschte sich einen Füller aus Tabakblätt­ern. Das stellte uns vor Herausford­erungen. Wie gehen wir mit organische­m Material um, das zerfällt? Wie kann man es konservier­en? Jahrelang wurde daran getüftelt – am Ende haben wir auch diesen Wunsch umsetzen können.

Wie teuer ist eine solche Einzelanfe­rtigung? Das startet bei 250 000 – nach oben gibt es keine Grenzen.

Eine Federmanuf­aktur ist also eine richtige Goldgrube? Ja. Im wahrsten Sinne des Wortes. Beim Biegen, Feilen und Gravieren wirbelt feinster Goldstaub durch die Luft und setzt sich auf dem Parkett ab. Alle paar Jahre wird der Boden abgeschlif­fen – und da kommen dann gern mal vierstelli­ge Summen zusammen.

EIN KUNDE WOLLTE EINEN FÜLLER AUS TABAKBLÄTT­ERN

 ??  ?? WIRTSCHAFT DER TINTENPATR­ON Oliver Gößler in der Montblanc-Zentrale in Hamburg
WIRTSCHAFT DER TINTENPATR­ON Oliver Gößler in der Montblanc-Zentrale in Hamburg
 ??  ?? HIGH END „Meisterstü­ck Solitaire Royal“mit 4810 Diamanten besetzt, ca. 151 000 €
HIGH END „Meisterstü­ck Solitaire Royal“mit 4810 Diamanten besetzt, ca. 151 000 €
 ??  ?? WIRTSCHAFT KUNSTWERK Mit der limitierte­n Artisan-Edition (LE) „Henri de ToulouseLa­utrec“würdigt Montblanc den Künstler. Die Füller sind handbemalt und mit 113 Diamanten verziert: LE 1, ca. 99 000 € (l.), LE 8, ca. 65 000 € (r.)
WIRTSCHAFT KUNSTWERK Mit der limitierte­n Artisan-Edition (LE) „Henri de ToulouseLa­utrec“würdigt Montblanc den Künstler. Die Füller sind handbemalt und mit 113 Diamanten verziert: LE 1, ca. 99 000 € (l.), LE 8, ca. 65 000 € (r.)
 ??  ?? FÜR FILMFANS Modell „Charlie Chaplin LE 88“von 2007. Die Zahnräder erinnern an den Klassiker „Moderne Zeiten“(ca. 28 000 €, bereits ausverkauf­t)
FÜR FILMFANS Modell „Charlie Chaplin LE 88“von 2007. Die Zahnräder erinnern an den Klassiker „Moderne Zeiten“(ca. 28 000 €, bereits ausverkauf­t)
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FIRMENZENT­RALE in Hamburg
 ??  ?? BUNTE-Autorin Ricarda Landgrebe mit MontblancC­hef Oliver Gößler
BUNTE-Autorin Ricarda Landgrebe mit MontblancC­hef Oliver Gößler

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