Bunte Magazin

MERYL STREEP

Macht sich für die Rechte von Frauen stark – in ihrem neuen Film und in der aktuellen Diskussion um Unterdrück­ung durch Männer

- Interview: Elmar Biebl

Und was sagt Meryl Streep dazu?“Diese Frage wurde immer lauter gestellt, nachdem der Skandal um den Produzente­n Harvey Weinstein öffentlich geworden war. Denn erstens arbeitete auch Streep mit Weinstein, unter anderem bei dem Film „Die Eiserne Lady“, für den sie mit Golden Globe und Oscar ausgezeich­net worden war. Und zweitens gilt Streep in Hollywood nicht nur als eine der besten Schauspiel­erinnen, sondern auch als moralische Instanz. Streep meldete sich zu Wort und erklärte, dass sie selbst nie Opfer von Missbrauch geworden sei und auch nichts davon geahnt habe, wie Weinstein andere Schauspiel­erinnen sexuell nötigte. Den Kampf der Frauen aber hält sie für überfällig, er findet ihre volle Unterstütz­ung.

Frau Streep, hat sich Hollywood verändert seit dem Weinstein-Skandal? Ohne Zweifel. Aber ich hoffe, nicht nur Hollywood. Ich denke, querbeet in allen öffentlich­en Strukturen haben sich sprunghaft die Verhaltens­normen neu definiert. Und dieses Umdenken lässt sich auch nicht mehr aufhalten. Es breitet sich aus und verstärkt sich. So viele Leute weltweit haben einfach genug vom höflichen oder ängstliche­n Verschweig­en.

Dank Ihrer langen Karriere sind Sie bestens qualifizie­rt, über den Status von Frauen im Film zu sprechen. War ein Skandal nötig? Denn von allein hat sich in den letzten 40 Jahren nicht viel geändert. Sie hätten auch fragen können, warum sich in den letzten 40 000 Jahren so wenig verändert hat. Fortschrit­t ist schwerfäll­ig und schmerzhaf­t. Aber in den vergangene­n Jahrzehnte­n hat sich außerorden­tlich viel getan, mehr als je zuvor in der menschlich­en Geschichte. Die 60er-Jahre waren turbulent, aber da hat es angefangen, da wurden Geschlecht­s- und Rassenschr­anken radikal durchbroch­en. Aber vom Ziel sind wir immer noch weit entfernt.

Und dieses Ziel ist? Dass es selbstvers­tändlich wird, die führenden Gremien in Politik und Wirtschaft – und dazu gehört auch Hollywood – zu gleichen Teilen mit Männern und Frauen zu besetzen. Dann lösen oder zumindest verringern sich Probleme von selbst. Etwa die Diskrimini­erung in der berufliche­n Laufbahn und der Bezahlung für Frauen, um nur ein Beispiel zu nennen, oder sexuelle Nötigung.

Auch sexuelle Nötigung? Natürlich. Wenn ein Mann eine Frau attackiere­n will, dann wird er sich das sehr stark überlegen, wenn diese Frau seine Chefin ist.

Eine Frau als Boss. In Ihrem Film spielen Sie die Verlegerin Katharine Graham, die Chefin einer Hundertsch­aft von Männern, gegen die sie sich behaupten muss. Sie hatte sich das anfangs selbst nicht zugetraut. Aber dann nahm sie die Herausford­erung an. Ich finde es großartig von Steven (Spielberg, d. Red.), dass er Themen angepackt hat, die nicht aktueller sein könnten: eine starke Frau und eine freie Presse.

Sie haben drei Töchter … … und einen Sohn. Sie sind erwachsen, sie wissen, was in der Welt vor sich geht. Ich bin stolz auf sie, aber ich halte sie entfernt von dem Schutzschi­rm meiner Berühmthei­t. Denn die passt ihnen gar nicht. Und ich verstehe das auch voll. Wie kommt es, dass Sie vorher noch nie mit Tom Hanks einen Film gemacht haben? Ich bin sieben Jahre älter als Tom. Nach der alten Hollywood-Regel muss eine Frau mindestens 27 Jahre jünger sein als ihr männliches Gegenüber (lacht).

Niemand in der Geschichte des Films wurde mit mehr Nominierun­gen und Preisen geehrt als Sie. Kann Ihnen Ihr Beruf immer noch etwas bieten? Aber ja. Jede Rolle ist so spannend wie die vorhergehe­nde und die nächste. Deshalb quäle ich mich jedes Mal, wenn mir eine Rolle angeboten wird. Ich leide an Selbstzwei­feln, lehne die Aufgabe als unerfüllba­r ab, bis mein Mann dann mit einem tiefen Seufzer darauf hinweist, dass ich mich seit Jahrzehnte­n so anstelle. Und die Rolle dann doch annehme.

Wie kann eine Meryl Streep Selbstzwei­fel haben? Ich habe mir das selbst eingebrock­t. Über die Jahre hat sich die Erwartung gebildet, dass ich etwas Besonderes bieten muss. Entspreche­nd hat sich die Angst eingeschli­chen, dass ich dieser hohen Erwartung nicht gerecht werde. Ich will eine Anerkennun­g nicht geschenkt bekommen, sondern sie wirklich verdienen. Deshalb ist jede Rolle für mich, als sei sie meine erste.

SIE WILL GLEICHE RECHTE. IN WIRTSCHAFT, POLITIK, HOLLYWOOD

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HARVEY WEINSTEIN Der sexgierige Produzent war nicht eingeladen

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