Der Wert der Liebe
Was unterscheidet die Affäre von der Liebe? Die hitzige Leidenschaft im Unterschied zum echten Gefühl? Das Prickeln des Unerwarteten im Unterschied zur tiefen Vertrautheit? Die Unverbindlichkeit im Unterschied zum Bekenntnis? Wahrscheinlich all das. Doch der größte Unterschied ist der Unterschied zwischen Feigheit und Mut. Der Mut, den anderen in sein Leben zu lassen. Bedingungslos.
Kein Versteckspiel. Keine Heimlichkeit. Kein Verrat. Jemandem seine Schwächen zeigen und seine Schrulligkeiten. Für jemanden lieb gewonnene Gewohnheiten aufgeben. Dem anderen sein Herz öffnen. Im Bewusstsein, dass Glück das Einzige ist, das sich verdoppelt, wenn man es teilt.
In diesem Zusammenhang an Melania Trump zu denken, fällt zunächst schwer. Auf den ersten Blick sieht alles danach aus, als habe sie sich einen reichen Mann gesucht, um ein sorgenfreies Leben zu führen. Doch wer wählt denn nicht seinen Partner in der Hoffnung aus, mit ihm gemeinsam ein sorgenfreies Leben zu führen? Sicherlich wusste Melania, welche Person sie da in ihr Leben ließ. Sicherlich war ihr bewusst, welche Selbstwertdefizite Donald Trump plagen. Und wahrscheinlich hat sie auch damit gerechnet, dass er ebendiese Selbstwertdefizite mit unzähligen Affären zu kompensieren sucht. Aber ein wenig mehr Grandezza oder Anstand hätte sie von ihrem Mann schon erwarten können. Dass dieser ausgerechnet die sehr junge und sehr attraktive Hope Hicks zu seiner engsten Vertrauten macht und alle Welt glauben lässt, mit dieser Frau verbringe er auch seine Nächte – das hat niemand verdient. Im Übrigen vor allem nicht Melanias und Donalds elfjähriger Sohn Barron. Laut Einlassung des Präsidenten selbst ein besonders schutzbedürftiges Kind. Barron gilt als verhaltensauffällig. Solche Kinder brauchen vor allem drei Dinge: Liebe, Vertrauen und Wärme aus ihrem Umfeld. Barrons Eltern können ihm dieses so lebenswichtige Gefühl nicht geben.
Und das ist auch eine Dimension der Liebe: Verantwortung. Verantwortung für sich selbst und Verantwortung für den anderen. Denn alles, was ich tue, das betrifft auch mein Umfeld. Im Guten wie im Schlechten. Wenn ich liebe, bin ich nicht mehr allein auf der Welt. Und das ist doch eigentlich etwas sehr Schönes. Eine Blume vermag nicht im Schatten zu gedeihen.