Der ERBSTREIT mit seinem Sohn eskaliert
PRINZ ERNST AUGUST will den Cousin des Fürsten von Liechtenstein anzeigen. Dieser soll seinem Sohn geholfen haben, ihn zu enteignen. Kann Prinzessin Caroline ihn noch aufhalten?
WELFEN-STIFTUNG In der „Cumberland“-Stiftung sitzt Michael von Liechtenstein seit 1989 im Vorstand
Macht und Millionen, aufbrausende Väter und undankbare Söhne, kleine Staaten und große Politik: In Deutschlands Hochadel gelangt gerade ein Drama zur Aufführung, das Shakespeare zur Ehre gereicht hätte. Dessen Inhalt so explosiv ist, dass er die Bundesrepublik erschüttern könnte. Und Carolines, 61, Ehe endgültig zerstören könnte. „Die Rache des Welfenprinzen“ist tatsächlich kein Theaterstück, sondern handfeste Realität: Der Erbstreit zwischen Ernst August Prinz von Hannover Herzog zu Braunschweig und Lüneburg Königlicher Prinz von Großbritannien und Irland, 63, und seinem Sohn Ernst August jr., 34, eskaliert. Das Oberhaupt der Welfen droht mit neuen, massiven strafrechtlichen Schritten im Kampf um sein Vermögen – diese würden Ernst August jr. und Michael von Liechtenstein, 66, einen Cousin von Fürst Hans-Adam II., 72, treffen.
Dadurch nimmt der Erbstreit ungeahnte Dimensionen an. Reißt Ernst August sr. seine Ehefrau Caroline und die gesamte Welfen-Familie ins Verderben? Nur die kluge und stets diplomatisch agierende Prinzessin kann diesen verhängnisvollen Konflikt jetzt noch entschärfen.
Aktuell steht der Verdacht der Untreue im Raum. Aber die Vorwürfe gehen tiefer, sie sind gespeist von enttäuschtem Vertrauen, zweifelhaften Geldtransfers und dem erbitterten Streit um einen dreistelligen Millionenbetrag. So viel haben die Welfen angeblich in einer Stiftung in Liechtenstein geparkt: In der „Herzog von Cumberland“-Stiftung wurde das österreichische Vermögen des ältesten Adelsgeschlechts Europas eingebracht. Im Vorstand saßen neben Ernst August sr. seit 1989 auch Prinz Michael von Liechtenstein, der als Experte für sogenannte Offshore-Vermögen weltweit gefragt ist, und Hans-Peter Brüllmann, 80.
Alles begann 2004: In diesem Jahr hatte Ernst August jr. die Verfügungsgewalt über die deutschen Besitztümer der Welfen erhalten und sah sich dann gezwungen, mithilfe des Stiftungsvorstands Prinz Michael 2012 zum Schlag gegen den eigenen Vater auszuholen – zum Schutze des Vermögens, wie er sagt. Er setzte Ernst August sr. als Stiftungsvorstand ab, entzog ihm somit auch die Kontrolle über die österreichischen Liegenschaften. Begründung: Der „Party-Prinz“, der sich in diesen Zeiten mit wechselnden Gespielinnen zeigte, komme seinen Pflichten nicht nach.
Nun, fast 14 Jahre später, schlägt das Oberhaupt der Welfen zurück. Und es scheint, als wolle er möglichst viele mit in den Strudel dieses beinah alttestamentarischen Konflikts reißen. Den „Putsch“will er rückgängig machen. Er widerruft sämtliche Schenkungen an den Sohn (u. a. die Marienburg) und fordert seinen Posten als Vorstand zurück.
Als Kulisse für diese Drohungen wählte er im vergangenen Jahr ausgerechnet zwei Hochzeiten: die seines Neffen Hermann Prinz zu Leiningen, 31, mit Isabelle Heubach, 28, und die seines Sohnes Ernst August jr. mit Ekaterina Malysheva, 31. Während er auf ersterer erschien, um tags drauf den Widerruf aller Schenkungen öffentlich zu machen, ließ er sich bei der Hochzeit seines Sohns nicht blicken. Er erklärt, was ihn zum Widerruf bewegt hat: „Der Schritt ist mir nicht leichtgefallen, gerade weil es um meinen Sohn geht. Aber ich sehe mich dazu gezwungen, um die Interessen des Hauses Hannover zu wahren und um den jahrhundertealten Besitz mit wichtigen Kulturgütern zu bewahren.“Eine böse Attacke auf den Sohn und seine Frau…
Nun also das nächste Kapitel: Ernst August sr. erwägt strafrechtliche (!) Schritte. Er hat außerdem Beschwerde bei der Finanzmarktaufsicht in Liechtenstein eingereicht. Eine Anfrage von BUNTE bei der Behörde blieb mit dem Verweis auf ein „fehlendes öffentliches Interesse“unbeantwortet. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“schreibt, dass der Welfen-Chef Michael von Liechtenstein wegen Untreue anzeigen will. Es geht auch hier um dessen Rolle bei der
Für CAROLINE geht es um unfassbar viel
Entmachtung von Ernst August im Jahre 2012. Auf Anfrage schrieb Prinz Michael, dass der Stiftungsvorstand immer im Einklang mit dem Gesetz handelt.
Der jüngste Schachzug des Welfen-Chefs ist ebenso brillant wie brisant. Denn er entwickelt seine Sprengkraft gleich auf doppelte Weise. Zum einen bringt er den Zwergstaat zwischen Schweiz und Österreich und sein Oberhaupt Fürst Hans-Adam II. in höchste Bedrängnis. Die langjährige Steueroase versucht seit geraumer Zeit, sich von den Skandalen der Vergangenheit zu lösen und sich zu einem seriösen Finanzplatz zu entwickeln. Da stören solch negative Schlagzeilen. Was aber wohl noch mehr stört, sind Fragen oder gar Ermittlungen über Geldgeschäfte der Vergangenheit.
Und das ist die zweite, raffinierte Lunte, die der Senior gelegt hat: Denn Prinz Michael und Hans-Peter Brüllmann saßen nicht nur im Vorstand der „Cumberland“Stiftung, sondern seit 1993 auch im Stiftungsrat der liechtensteinischen „Zaun- könig“-Stiftung. Hier wurde das Schwarzgeld der hessischen CDU verwaltet. Als der damalige Ministerpräsident Roland Koch 2000 das Konto auflöste, lagen darauf 16 Mio. Mark. In den Jahren zuvor waren große Summen an die CDU, aber auch mehr als vier Mio. Mark an bis heute unbekannte Empfänger geflossen. „Persönliche Bereicherung“schloss Koch damals nicht aus.
Könnten Ermittlungen hierzu endlich auch Licht in die Parteispendenaffäre um Helmut Kohl († 87) bringen, der stets von geheimen Spendern geredet hatte? In Berlin wird das nicht mehr ausgeschlossen: Wie BUNTE aus CDU-Kreisen erfuhr, löste der FAZ-Bericht in der Bundesregierung Besorgnis aus – nicht wegen Ernst August sr., sondern wegen der ungeklärten Verstrickung des Liechtensteiner Prinzen in die CDU-Parteispendenaffäre. Es wird hochpolitisch.
Ernst August spielt mit maximalem Einsatz. Das ist ein auch für ihn gefährliches Spiel: Denn im Rahmen möglicher Ermitt- lungen könnte auch die Frage gestellt werden, woher das österreichische Vermögen der Welfen eigentlich genau stammt. Bekannt ist, dass der Ursprung des WelfenVermögens zum Teil in der „Arisierung“jüdischen Vermögens im Dritten Reich liegt. Ein weiterer Anteil könnte aus dem verdeckten Verkauf von Teilen des legendären Welfen-Schatzes stammen. Diese Sammlung wertvoller Kunstgegenstände war seit Jahrhunderten im Privatbesitz des Hauses Hannover. Dann gerieten die Welfen in Finanznot und verkauften ab 1928 viele Teile, zum Teil nach Übersee.
Aber wertvolle Stücke, wie das Evangeliar Heinrichs des Löwen, blieben mindestens bis 1945 im Besitz der Welfen. Eigentlich war die Ausfuhr aus Deutschland ab 1955 verboten, tatsächlich stand die Handschrift 1961 kurzzeitig auf der Liste geschützter Kulturgüter. Dann galt sie als verschollen und tauchte erst 1983 im Auktionshaus Sotheby’s auf. Merkwürdig. Wer hat sie dorthin gebracht? Der Bankier Hermann Josef Abs ersteigerte sie für Deutschland für umgerechnet 16 Mio. Euro – damals der höchste Preis, der je für ein Buch gezahlt wurde. Aber wer erhielt den Erlös? Profitierte Ernst August sr.?
Clever, aber ohne Rücksicht auf Verluste hat Ernst August sr. seine Zünder platziert. Er hat eine umfassende Drohkulisse aufgebaut. Und es gibt nicht mehr viele, die verhindern können, dass er die Bombe zündet. Eigentlich nur eine: Ehefrau Caroline. Auf ihr ruhen nun alle Hoffnungen der weitverzweigten Familie. Kann sie den Graben zwischen Vater und Sohn wieder zuschütten? Kann sie ihren Mann auf den Weg der feinen Diplomatie zurückführen? Gelingt ihr dies nicht, wird eine Familie zerstört. Und ihr eigener Ruf in Adelskreisen nimmt irreparablen Schaden.