Die Moderatorin konnte den Krebs nicht besiegen
Als ihre Hoffnung am größten war, schlug die Krankheit ERBARMUNGSLOS zu
WIEBKE LEDEBRINK war erfolgreich, beliebt und – wie sie lange dachte – kerngesund. Bis sie eine grausame Diagnose bekam. Sie lebte nur noch drei Monate
Der Wettlauf gegen die Zeit hatte für Wiebke Ledebrink gerade begonnen, da hatte sie ihn schon verloren. Im Oktober hatte sie die furchtbare Diagnose erhalten, die zuerst niemand, vor allem sie selbst nicht, glauben wollte. Das eine Wort, das jeden Halt nimmt, urplötzlich den Boden unter den Füßen wegzieht, war gefallen: „Sie haben ein Karzinom, einen bösartigen Tumor.“In ihrem Umfeld hörte man, die Sat.1-Moderatorin sei an Blasenkrebs erkrankt. Ungewöhnlich für eine so junge Frau – Wiebke Ledebrink war am 10. November 45 Jahre alt geworden. Obwohl jährlich fast 30 000 Menschen an einem Harnblasenkarzinom erkranken, sind eher Männer betroffen: dreimal so häufig wie Frauen. Auch tritt diese Art von Krebs meist erst im höheren Lebensalter auf, bei Frauen im Schnitt mit 74 Jahren.
Aber der Krebs kennt keine Regeln, schert sich nicht um Statistiken. Und so, wie sie in ihrem Leben alles angepackt hatte, mit Energie und Optimismus, ging sie auch ihre Krankheit an. Auf Facebook postete Ledebrink kurz nach ihrer Diagnose hinter ihrem Profilbild: „Das Leben ist kein Zuckerschlecken.“An Weihnachten: „Der richtige Augenblick zum Glücklichsein ist jetzt.“Und am 4. Januar: „Das Leben ist schön. Von einfach war nie die Rede.“Es war ihr letzter Post.
Am 11. Februar, einem Sonntag, starb Wiebke Ledebrink im Krankenhaus in Kiel. Sie war nicht allein, ihre Schwester Sonja, zu der sie ein inniges Verhältnis hatte, hielt ihre Hand, als sie für immer ging.
Ihre Freunde und Kollegen können noch immer nicht fassen, dass sie nie wieder ihr Lachen und ihre warme, tiefe Stimme hören werden. „Als ich Wiebke zuletzt im Krankenhaus besuchte, sah sie blendend aus. So wie immer, als wäre sie gar nicht krank. Sie war sehr zuversichtlich“, sagt Albert Albers, ihr langjähriger Chef und Leiter von Sat.1 in Kiel. „Wiebke sagte noch, wie sehr sie sich wieder auf ihren nächsten Einsatz in der Kieler Redaktion freue.“
Und die freute sich auf sie. Ihre Offenheit, Hilfsbereitschaft und ihre Lebenslust kamen auch bei ihren Gesprächspartnern gut an. „Wiebke war unsere erfahrenste Moderatorin und sehr authentisch. Sie zeichnete sich durch ihre Glaubwürdigkeit, Menschlichkeit und Objektivität aus“, sagt Michael Grahl, Geschäftsführer Sat.1 Nord. Und ergänzt: „Sie war zudem warmherzig, lebenslustig und eine sehr loyale Kollegin. Wiebke hat lieber einmal zu viel gelacht als zu wenig. Wir sind sehr traurig. Sie wird uns sehr fehlen.“
Souverän interviewte sie Spitzenpolitiker wie Torsten Albig (54, SPD, ehemaliger Ministerpräsident von SchleswigHolstein), Daniel Günther (44, CDU, amtierender Ministerpräsident von SchleswigHolstein) oder den Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Hans-Jörn Arp, 65, mit dem sie sich seit vielen Jahren duzte. „Wiebke war eine außergewöhnlich gute Journalistin, die in alle Themen tief einstieg“, sagt er tief betroffen zu BUNTE. „Außerdem hatte sie eine wunderbare Ausstrahlung. Sie konnte auf jeden Menschen eingehen und ihn emotional mitnehmen. Dazu sind nicht viele Journalisten in der Lage.“
Mit genauso viel Herzlichkeit ging sie auch auf „normale“Leute zu. Ob als Landreporterin beim Töpfern mit Warnsdorfern oder Fans beim Musikfestival „Wacken Open Air“. „Wiebke war ein Sonnenschein“, erzählt Moderator und Ex-Kollege Ulf Ansorge. „Wir haben per SMS Kontakt gehalten, auch als es ihr nicht mehr gut ging. Sie meinte immer, wir sollen uns nicht sorgen, es wird schon wieder.“Ein Irrtum.
Sie hatte Pläne für die Zeit nach dem Krankenhaus, wollte sich einen SUV kaufen, wieder reisen. Doch wie man aus ihrem privaten Umfeld hört, soll es nach der Operation, bei der ihr eine künstliche, sogenannte Neoblase eingesetzt wurde, Komplikationen gegeben haben. Ihr Darm funktionierte nicht, was zur Folge hatte, dass die geplante Chemotherapie nicht begonnen werden konnte. Plötzlich vermehrten sich die Krebszellen explosionsartig, im Bauchraum sammelte sich Wasser. Ihr Körper hatte keine Chance mehr.
Das Einzige, was die Ärzte noch für sie tun konnten, war es, sie auf die Palliativstation zu verlegen. Dort starb sie.
Die Moderatorin war nicht verheiratet, hatte keinen Lebenspartner und auch keine Kinder. Aber sie hatte treue Freunde, die sie in diesen letzten Wochen umsorgten. Viele sind in ihrem Alter. Alle sind am Boden zerstört. In einer WhatsApp-Gruppe geben sie sich gegenseitig Kraft und kümmern sich auch um vieles, was ihre Freundin in den wenigen Wochen zwischen der Diagnose und ihrem Tod nicht mehr organisieren konnte.
Am 23. Februar wird in Kiel eine öffentliche Trauerfeier für Wiebke Ledebrink stattfinden. Aus ihrer Facebook-Seite wurde eine Trauerseite. „Wir hoffen, dass all jene, die Wiebke lieben, durch den Besuch ihres Profils Trost finden“, steht da. Die ergreifenden Kommentare von Menschen, die sie nicht einmal persönlich kannten, zeigen, wie viel liebevolle Energie sie auch über den Bildschirm ausstrahlte. Einer schrieb: „Ich hoffe, wir kommen in das gleiche Paradies, das du dir nun verdient hast.“