Angela Rosengart:
Die Galeristin und Kunst-Mäzenin aus Luzern erinnert sich an ihre Besuche bei Pablo Picasso. Der berühmte Maler porträtierte die junge, schöne Frau damals immer wieder – und er schenkte ihr sogar die Bilder
Seine Schweizer Muse erinnert sich an Picasso
Die Spiralen-Kette trägt Angela Rosengart gern, wenn sie Besucher durch ihr Museum führt. Denn die Gäste erkennen das Schmuckstück wieder, sobald sie den Raum betreten, in dem die Porträts hängen. Pablo Picasso zeichnete die Silberkette am Hals der jungen Frau, als diese ihn 1963 zusammen mit ihrem Vater, dem aus München stammenden Galeristen Siegfried Rosengart, in Mougins besuchte. Nach dem Tod des Vaters gründete die heute 85-Jährige eine Stiftung und kaufte ein ehemaliges Bankgebäude in Luzern. Ihre Porträts hängen nun hier im Museum – unter all den Millionen teuren Schätzen von Picasso und von anderen berühmten Malern des Impressionismus und der Moderne. BUNTE besuchte die Grande Dame der Kunst in ihrer Heimatstadt.
In ihrem Museum hängen 132 Werke von Picasso, 125 von Paul Klee sowie Dutzende andere Gemälde. Haben Sie ein Lieblingsbild? Nein, alle sind sie wie meine Kinder. Ich komme jeden Tag in mein Museum. Ich lebe mit diesen Bildern seit Jahrzehnten.
Ihr Vater war Kunsthändler. Weshalb sind so viele Bilder in Ihrem Besitz geblieben? Mein Vater hat immer gesagt: „Der Beruf des Kunsthändlers macht nur Sinn, wenn man ihn mit dem Herzen ausübt, sonst kann man auch Alteisen verkaufen.“Wir haben immer nur Bilder gekauft, die uns gefallen haben – und manchmal haben wir sie behalten, weil wir uns nicht mehr davon trennen konnten. In unserem Haus hingen an jeder Wand Bilder. Wir haben sie sogar ohne Rahmen aufgehängt, um Platz zu sparen.
Mit 16 haben Sie angefangen, in der Galerie Ihres Vaters zu arbeiten, und ihn oft zu Pablo Picasso begleitet. Wie waren diese Ausflüge in das Atelier des berühmten Malers? Ich habe Picasso 1949 in Paris kennengelernt, als mich mein Vater zum ersten Mal zu ihm mitgenommen hat. Über Jahrzehnte haben wir ihn immer wieder besucht, es waren freundschaftliche Besuche. Die Männer haben sich unterhalten, und wenn Picasso Lust hatte, hat er uns mit ins Atelier genommen, wo wir die neuesten Werke anschauen durften. Wir mussten allerdings sehr vorsichtig unsere Wünsche kundtun, Picasso reagierte empfindlich, wenn man etwas von ihm wollte. Einmal sagte er anerkennend zu seiner Frau: „Die Rosengarts nehmen immer die schönsten Bilder.“Das letzte Mal wollten wir ihn im April 1973 in Mougins in Südfrankreich besuchen, aber in der Nacht zuvor starb er. In jener Nacht gab es ein furchtbares Unwetter, als wäre die Hölle ausgebrochen. Am Morgen hörte ich im Radio, dass Picasso gestorben war.
PICASSO REAGIERTE EMPFINDLICH, WENN MAN ETWAS VON IHM WOLLTE“
PICASSO WAR FASZINIERT VON MEINER KETTE, ER LIEBTE JA SPIRALEN“ ES HAT ELEKTRISIERT, WENN PICASSO DEN RAUM BETRAT“
Haben Sie mit Picasso um die Preise verhandelt? Oh nein. Da gab es kein Verhandeln. Der Preis stand für jedes Format fest, er musste nicht einmal explizit genannt werden.
Erinnern Sie sich an Ihre erste Begegnung? Sehr genau. Ich habe vor Aufregung kein Wort herausgebracht. Ich stand die ganze Zeit völlig eingeschüchtert neben ihm und meinem Vater.
Picasso hat Sie porträtiert. Wie kam es dazu? 1954 sind wir uns zufällig in Vallauris auf der Straße begegnet und Picasso sagte plötzlich: „Kommen Sie morgen, ich mache ein Porträt von Ihnen.“Er hat dann sehr konzentriert gearbeitet. Ich musste still sitzen, durfte nicht sprechen und musste einfach seine Blicke aushalten. Es dauerte nicht lang, aber mir kam es wie eine Ewigkeit vor. Das Bild, eine feine Silberstiftzeichnung, hat er mir dann geschenkt mit der Widmung „Pour Mademoiselle Rosengart“.
Und die späteren Porträts? Vier Jahre später hatte ich meine Frisur geändert, was er sofort bemerkte. Da hat er mich erneut gezeichnet. Und 1963 bei einem Besuch in seinem Atelier in Mougins trug ich eine silberne Kette, die wir in einem winzigen Laden in Südfrankreich gekauft hatten. Picasso war fasziniert von dieser Kette, er liebte ja Spiralen, das uralte Sonnensymbol. Da hat er mich erneut porträtiert und mir das Bild geschenkt. Später hat er mich immer wieder geneckt, er habe das Porträt nur wegen der Kette gemacht!
Waren Sie verliebt in Picasso? Verliebt? Nein, aber ich habe ihn bewundert und hatte eine tiefe Zuneigung zu ihm. Er war wirklich ein besonderer Mann. Es hat elektrisiert, wenn Picasso einen Raum betrat. Selbst als alter Mann hatte er noch diese besondere Ausstrahlung – der konnte man sich nicht entziehen.
Sie sehen Frauen, die er geliebt hat, sehr ähnlich. Finden Sie? Auf manchen der Porträts seiner Frau Jacqueline, mit der er bis zu seinem Tod verheiratet war, sehe ich ihr etwas ähnlich. Wir waren sehr befreundet und haben uns gut verstanden.
Vielleicht war Picasso in Sie verliebt? Ach, Picasso hat so viele Frauen geliebt.