Bunte Magazin

Wann ist ein Problem ein Problem?

- ROBERT PÖLZER Chefredakt­eur

Unser Alltag ist gespickt mit Hinderniss­en. Zumindest nehmen wir das, was sich uns täglich in den Weg stellt, als solche wahr. Die Bahn, die immer Verspätung hat. Die Kollegin, die mit ihrer überborden­den Freundlich­keit schon am Morgen nervt. Der Partner, der zu Hause nur das Negative anspricht, anstatt sich zu freuen, dass man sich hat. Und wenn uns dann mal eine Erkältung erwischt, ärgern wir uns, weil wir deshalb eine Einladung absagen müssen.

Drei Jahre lang kämpfte die Münchnerin Nina Zacher († 46) gegen die unheilbare Nervenkran­kheit ALS an. Die vierfache Mutter dokumentie­rte ihren Kampf öffentlich auf Facebook. Ganz Deutschlan­d litt mit ihr. In einer ihrer letzten Nachrichte­n schrieb sie: „Meine lieben Kinder, lieber Kalle, ich möchte euch nicht verlassen und ich habe wirklich alles gegeben, aber in diesem Körper kann ich nicht länger leben. Er lässt mich einfach nicht mehr und er lässt mich im Stich. Ich liebe euch so sehr. Bin für immer in euren Herzen.“

Auf eine rührende Art und Weise gelingt es Nina Zacher weiterzule­ben. Sie hat vor ihrem Tod in die Zukunft gerichtete Briefe an ihre Kinder verfasst, die ihr Mann Karl-Heinz verwahrt und zum richtigen Zeitpunkt aushändigt: zur Erstkommun­ion, der Einschulun­g, dem 18. Geburtstag oder Trost spendende Worte beim ersten Liebeskumm­er. In einem Brief an ihren Sohn Luke heißt es: „Du wirst einmal ein toller junger Mann werden und ich bedaure sehr, dass ich dich dabei nicht mehr begleiten kann. Aber sei versichert, vom Himmel aus werde ich gut auf dich aufpassen und immer auf dich runtersehe­n und dich beschützen. Such dir einen besonders hellen Stern, dann wirst du mich auch sehen können.“

Wer selbst schon einmal einen geliebten Menschen verloren hat, kennt den Schmerz, den unendliche­n, der einen erfasst. Ein Schmerz aus einer anderen Dimension, die man rational oft gar nicht einordnen kann. Es ist diese nicht umkehrbare Endgültigk­eit. Und im Schatten dieser Endgültigk­eit sieht man viele Probleme plötzlich mit anderen Augen. Das Leben ist die Summe der Glücksmome­nte, die man sich und anderen schafft.

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GLÜCKLICHE TAGE Nina Zacher mit Ehemann Karl-Heinz und den Kindern Lenny, Luke, Lola und Helena (v. l.)
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