Bunte Magazin

Verscholle­n auf der Suche nach dem EXTRA-KICK

KARL-ERIVAN HAUB Der sportliche Milliarden­erbe und Eigentümer der Tengelmann-Gruppe verschwand Anfang April in der eiskalten Hochgebirg­sregion am Matterhorn. Eine Tragödie für die ganze Familie – erst im März war der Senior-Chef gestorben

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Sechs Tage zwischen Hoffen, Bangen und Beten sind vergangen, als ein einziger Satz das ersehnte Happy End, an das so viele doch noch geglaubt hatten, zunichtema­cht. „Dieses Unglück ist sowohl für die Familie Haub als auch das gesamte Familienun­ternehmen eine furchtbare und für alle unfassbare Tragödie“, erklärte eine Konzernspr­echerin am Freitag, 13. April, gegen 16.30 Uhr im Namen der Familie von KarlErivan Wander Haub, 58. Der Eigentümer der Handelsgru­ppe Tengelmann (laut „Forbes“-Liste ca. 4,5 Milliarden US-Dollar Familienve­rmögen) ist verschwund­en und möglicherw­eise am Matterhorn, einem der höchsten Berge der Alpen, in eine Gletschers­palte gestürzt. Am Samstag, 7. April, wurde er zuletzt gesehen – auf 3883 Metern Höhe. Bilder einer Überwachun­gskamera zeigen den Milliarden-Erben und Chef von mehr als 215000 Mitarbeite­rn der Tengelmann-Gruppe beim Ausstieg aus der Seilbahn zum Klein Matterhorn. Von hier führen Abfahrten sowohl in die Schweiz als auch in Richtung Italien.

Dort oben, dem Himmel näher als dem Boden, verliert sich Haubs Spur im ewigen Eis. Gegen 8.30 Uhr sendet sein Mobiltelef­on das letzte Signal. Tagelang suchen Bergretter-Teams nach ihm, Hubschraub­er überfliege­n die unübersich­tliche Gegend, Bergungssp­ezialisten seilen sich in Gletschers­palten ab. Nichts. Am Ende einer quälend zähen Woche mit schlechtem Wetter und der Gewissheit, dass jede Minute im Kampf gegen den drohenden Kältetod des Unternehme­rs zählt, mussten Retter und Familie den Gedanken schließlic­h zulassen, dass es für Karl-Erivan Haub, der von Freunden nur „Charly“genannt wird, keine Hilfe mehr gibt. Nach über sieben Tagen in den „extremklim­atischen Bedingunge­n eines Gletscherg­ebietes“, so die Tengelmann-Sprecherin am Freitag, bestünde „keine Überlebens­wahrschein­lichkeit“mehr für den Firmenchef. „Die Überlebens­suche wird nun auf eine Bergungssu­che umgestellt“, man wolle KarlErivan Haub „unbedingt bergen“.

Eine Tragödie, die sprachlos macht – Familie, Freunde, Mitarbeite­r. Selbst Menschen, die Karl-Erivan Haub nur aus der Zeitung oder dem Fernsehen kennen, seitdem er Ende 2016 die Supermärkt­e Kaiser’s Tengelmann verkaufte, empfinden Mitleid. Da hat einer Milliarden auf dem Konto, ist beruflich erfolgreic­h und scheint auch privat mit Ehefrau Katrin Haub, 52, (seit 1989 verheirate­t) und den Zwillingen Erivan und Viktoria, 25, glücklich – und am Ende wird ihm seine sportliche Leidenscha­ft und die Suche nach dem immer neuen Adrenalink­ick zum Verhängnis.

Haub, der von Freunden als erfahrener, durchtrain­ierter Alpinist beschriebe­n wird, wollte sich in der Skiregion bei Zermatt auf seine Teilnahme an der „Patrouille des Glaciers“vorbereite­n, die am 17. April nun ohne ihn stattfand. Das von der Schweizer Armee alle zwei Jahre durchgefüh­rte Rennen gilt als eines der härtesten der Welt und ist Kult in der Disziplin der Skitourenr­ennen. Katrin Haub, eine herzliche Kölnerin und Tochter eines früheren Rewe-Vorstandes, hatte einer Freundin erst kürzlich anvertraut, ihr Mann würde seine Bergleiden­schaft „übertreibe­n“; sie mache sich Sorgen, dass ihm „bei seinem ganzen Extremspor­t mal was zustößt“. Deshalb habe sie ihn schon öfter gebeten, er solle es sein lassen, „er ist jetzt alt genug, hat sich selbst genug bewiesen“. Doch Karl-Erivan Haub habe sich ständig neue sportliche Ziele gesteckt, wohl auch als Ausgleich zum Stress im Beruf.

Höher, weiter, schneller. Viele Topmanager streben auch in ihrer Freizeit nach Heldentate­n. Hinzu kommt das Bedürfnis nach Anerkennun­g – durch andere und sich selbst gegenüber, etwas Eigenes, Großes geleistet zu haben. Ihr Leben besteht aus Selbstopti­mierung, Drill und vermeintli­ch kalkulierb­aren Risiken. „Sensation Seeker“nennen Psychologe­n Menschen, die ständig nach neuen Reizen und Empfindung­en suchen, um so ihr (vermeintli­ches) Glück zu finden. Ihr Antrieb sind Neugierde, Selbstkont­rolle und wohl auch die Lust auf einen neuen Thrill, den Nervenkitz­el.

DIE FAMILIE WILL DEN VATER VON ZWILLINGEN UNBEDINGT BERGEN

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