Seine Frau starb an ALS – so bewegend nahm sie Abschied
NINA ZACHER Die Wirtin eines Münchner Promi-Lokals starb an der Nervenkrankheit ALS. In einem sehr bewegenden Buch schildert ihr Mann KARL-HEINZ nun, wie seine Frau Abschied von der Welt und ihrer Familie nahm
Selten ist ein Mensch so öffentlich gestorben wie Nina Zacher (†46). Zehntausende verfolgten auf Facebook ihren unsagbar tapferen Todeskampf gegen die unheilbare Nervenkrankheit ALS. 2013 war bei der Wirtin des Münchner Promi-Restaurants „St. Emmeramsmühle“die schreckliche, nervenzerstörende und muskellähmende Krankheit diagnostiziert worden: Nina Zacher war damals gerade Anfang 40, das jüngste ihrer vier Kinder erst zwei Jahre alt. Bis zuletzt schrieb sie – gefesselt an Bett oder Rollstuhl mit einem augengesteuerten Computer – über ihr Leiden, ihre Schmerzen und ihre Angst, ihre Familie so früh verlassen zu müssen.
Durch ihren offenen Umgang mit dem Schicksal rührte sie die Leser zu Tränen. Als sie im Mai 2016 den Kampf gegen ALS verlor, reagierten über 46000 FacebookLeser auf die Todesnachricht, die ihr Mann Karl-Heinz Zacher mit ihren Kindern Lola, Luke, Lenny und Helena verfasst hatte. Über 12 000 Mal wurde sein Eintrag geteilt, tausendfach kommentiert. Wenige Wochen vor ihrem Tod hatte Nina Zacher ihren Liebsten noch herzzerreißende Nachrichten hinterlassen wie diese: „Meine lieben Kinder, lieber Kalle, ich möchte euch nicht verlassen und ich habe wirklich alles gegeben, aber in diesem Körper kann ich nicht länger leben. Er lässt mich einfach nicht mehr und er lässt mich im Stich. Ich liebe euch so sehr. Bin für immer in euren Herzen.“Sie notierte aber auch ihre letzten Wünsche für die Zeit nach dem Tod: den Ablauf ihrer Beerdigung, in welchem ihrer geliebten Diane-vonFurstenberg-Kleider sie bestattet werden möchte, welche Musik auf der Trauerfeier gespielt werden sollte und welches Bild ihren Grabstein zieren soll.
Viele ihrer Notizen und Briefe an ihre Familie hat Nina Zacher aufbewahrt, um daraus ein Buch zu machen über ihr Leben mit der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS), deren berühmteste Patienten wohl der Künstler Jörg Immendorf und der Astrophysiker Stephen Hawking gewesen sind. Zwei Jahre nach ihrem Tod bringt nun ihr Mann Karl-Heinz Zacher die Geschichte ihrer Krankheit heraus: „Such dir einen schönen Stern am Himmel“erzählt auf schonungslose und sehr emotionale Weise, wie Nina Zacher über Monate von der Welt und ihrer Familie Abschied nahm.
Die Arbeit an dem Buch war für ihren Witwer wie „eine Therapie. Ich hatte mir nie professionelle Hilfe geholt, weil zwischen Nina und mir nie etwas unausgesprochen blieb. Doch als sie dann starb, traf mich ihr Tod und der Verlust doch mit aller Wucht. Ihre Geschichte niederzuschreiben, alle unsere Briefe und WhatsApp-Nachrichten noch einmal zu lesen, war hart und tränenreich, aber auch heilsam“, sagt er beim BUNTE-Interview in ihrem Familienhaus im Münchner Norden. Auf dem langen Esstisch steht eine große cremefarbene Kerze, auf die seine Kinder in Schnörkelschrift „Mama“geschrieben haben. Mehrfach in der Woche gehen er und die Kinder auf den Friedhof: „Das gibt uns Kraft. Natürlich sind das auch traurige Momente, aber es ist für uns ein Ort, an dem wir Nina nah sind.“
Der Vierfach-Vater ist in der Zeit der Erkrankung seiner Frau und danach über sich hinausgewachsen: Er kümmerte sich fast allein um seine pflegebedürftige große Liebe Nina. Daneben sorgte er sich um Haushalt, Kinder, Restaurant und Mitarbeiter sowie die von ihm initiierte faceALS-Stiftung, die die medizinische Erforschung der Krankheit vorantreiben will. Wird noch viel geweint im Hause Zacher? „Natürlich, immer wieder, aber Tränen sind ja auch etwas Heilsames. Vor allem Geburtstage oder Feiertage wie Weihnachten sind schwer.“Seine Frau hat vor ihrem Tod in die Zukunft gerichtete Briefe an ihre Kinder verfasst, die ihr Mann verwahrt und zum richtigen Zeitpunkt aushändigt: zu der Erstkommunion, der Einschulung, dem 18. Geburtstag. In einem Brief an ihren Sohn Luke heißt es: „Du wirst einmal ein toller junger Mann werden und ich bedauere sehr, dass ich dich dabei nicht mehr begleiten kann. Aber sei versichert, vom Himmel aus werde ich gut auf dich aufpassen und immer auf dich runtersehen und dich beschützen. Such dir einen besonders hellen Stern, dann wirst du mich auch sehen können. Meine große Liebe: Deine Mama liebt dich mehr, als je ein anderer Mensch es kann. Ich umarme dich ganz zärtlich und mit ganz, ganz viel Liebe und Dankbarkeit. Deine Mama – Ich liebe dich bis zum Himmel und zurück.“Nina Zachers Stern leuchtet wirklich besonders hell am Himmel.
NINA ZACHER HAT VIELE BRIEFE FÜR IHRE KINDER HINTERLASSEN