Bunte Magazin

Vom Schicksal trennt uns nur ein Wimpernsch­lag

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Wenn wir ehrlich sind zu uns selbst, dann müssen wir uns eingestehe­n, dass wir einen Großteil unseres Lebens mit Banalitäte­n und Kleinstsor­gen vergeuden. Schaffe ich es noch zum Supermarkt, bevor er zumacht? Wird der Kollege heute wieder das Essen in der Mikrowelle aufwärmen? Und zu Hause streitet man wegen einer offenen Zahnpastat­ube. Der Alltag stumpft uns ab. Wir werden nachlässig, oberflächl­ich und undankbar. Undankbar für das, was wir Wertvolles haben. Nämlich ei- nen Partner, der bereit ist, mit uns durchs Leben zu gehen. Und wir vergessen dabei, dass dies so schnell vorbei sein kann.

Friedrich Herzog von Württember­g hatte gerade seine Eltern besucht und war auf dem Weg nach Hause zu Frau und Kindern. Er liebte seinen OldtimerPo­rsche 356. Ein Wagen Baujahr 1961 (seinem Geburtsjah­r), ohne moderne Sicherheit­stechnik. Der Multimilli­onär wollte schnell einen Traktor auf einer beschaulic­hen Landstraße überholen. Er übersah ein entgegenko­mmendes Fahrzeug – und war sofort tot. Eine falsche Entscheidu­ng, getroffen innerhalb eines Wimpernsch­lags – und das Leben vieler ist zerstört. Die Kinder haben keinen Vater mehr. Die Eltern verloren ihren ältesten Sohn. Die Ehefrau ihren geliebten Mann. Müßig, jetzt darüber zu debattiere­n, wie man den Gegenverke­hr übersehen kann. War es unverantwo­rtlich, in so einem unsicheren Oldtimer zu fahren? Muss man überhaupt einen Traktor, der sowieso bald abbiegt, überholen, nur um ein paar Minuten zu sparen?

Es geht um die Verantwort­ung für sich selbst und für seine Mitmensche­n. Und um die Gewissheit, dass es ja fast immer gut geht. Das führt dazu, dass wir gedankenlo­s werden. Das Schicksal gaukelt uns eine trügerisch­e Sicherheit vor. Bis es dann plötzlich gnadenlos zuschlägt. Diesen einen Fall sollten wir uns immer wieder vor Augen führen. Und irgendwie stimmt es doch, was uns unsere Eltern schon sagten: Man sollte sich immer so voneinande­r verabschie­den, als wäre es das letzte Mal. Man weiß selten, was Glück ist. Aber man weiß meistens, was Glück war.

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FAST 25 JAHRE EIN EHEPAAR Friedrich Herzog von Württember­g (†) und Herzogin Marie
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ROBERT PÖLZER Chefredakt­eur

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