Das GEHÖR macht nie eine Pause
raumbüro ständig klingeln, es in der Kantine lärmt und zu Hause die Kinder quengeln, ist das Maß schnell voll. Denn das Ohr kann nie abschalten. „Bei Lärm ist das Gehirn in Alarmbereitschaft. Es bewertet die Geräusche, um uns vor Gefahren zu warnen“, so Umweltpsychologe Prof. Rainer Guski von der Uni Bochum. „Lärm stresst den Körper und macht krank, er belastet das Immunsystem“, sagt Dr. Sabine Schäfer, anthroposophische Ärztin aus Kassel. Laut einer Studie steigt das Infarktrisiko für Frauen dreifach, wenn sie in einer lauten Umgebung leben. Immerhin: Der Körper kommt mit Lärm klar, wenn er Erholung hat. „Gönnen Sie sich Stille!“, rät Dr. Schäfer. Muss das Radio denn laufen, wenn Sie online shoppen? Suchen Sie auch bewusst leise Orte auf – Wald und Berge sind ideal.
Andersherum sind Töne, bewusst eingesetzt, ein großes Heilmittel. Schon die Römer nutzten Musik gegen Depressionen. Auch heute lindert Musik Beschwerden, etwa bei Schlaganfällen, Demenz oder Parkinson. Dr. Männel: „Hören wir Musik, beeinflusst der Schall über das vegetative Nervensystem den Körper. Der Atem wird ruhiger, die Anspannung löst sich.“Besonders die Lieblingsmusik wirkt auf das Belohnungszentrum im Hirn, Glückshormone durchströmen den Körper. So brauchen Patienten im OP weniger Narkosemittel, wenn „ihre“Musik
läuft. Die stärkste Heilkraft für das Herz hat Barockmusik: In einer Studie senkte Bach den Blutdruck so wie ein Betablocker. Kopfschmerzpatienten benötigen weniger Medikamente, hören sie regelmäßig Klassik, etwa Mozart. Und: Wer musiziert oder singt, hat größere Effekte als jemand, der Musik „nur“hört.
FÜHLEN Wie Berührungen uns innerlich wachsen lassen
Kinder wollen alles anfassen: So erspüren sie ihre Umwelt – und sich selbst. Dr. Schäfer: „Jedes Tasterlebnis ist inc, Icxh-mEmrlebnBiusnt.eLeider verlernen wir als Er- wachsene dieAsuesgAaber/tET,:di/e.W.elt Tastsinn ist unser einziger selbstreflexiver Sinn: Durch ihn nehmen wir uns als eigenständigen Menschen wahr. Fühlen können ist überlebenswichtig: Etliche Sensoren in der Haut geben ans Gehirn weiter, dass die Herdplatte zu heiß ist oder der Wind zu kalt. Vor allem schafft Anfassen eine Verbindung zu anderen, sorgt für Geborgenheit. Pharmakologe und Berührungsexperte Prof. Bruno Müller-Oerlinghausen: „Berührung gehört zu den Grunderfahrungen des Menschen. Zu wenig davon macht krank. Denn die Haut ist das Organ, an dem unser Selbstbewusstsein hängt.“Heute weiß man, dass ein Mangel an Bindung und körperlicher Nähe im Kindesalter zu
äteren Depressionen führen kann, frühe
Berührungsarmut löst u. U. Essstörungen aus. Daher meinte US-Familientherapeutin Virginia Satir: „Wir brauchen vier Umarmungen pro Tag zum Überleben, acht, um uns gut zu fühlen, und zwölf, um innerlich zu wachsen.“Berührung setzt Oxytocine frei und reduziert den Stress. So lindert einer Studie zufolge Händchenhalten mit dem Partner den Schmerz bei Frauen. Massagen wirken noch stärker: Sie pushen das Immunsystem, indem sie die Anzahl der Killerzellen steigern, senken den Blutdruck, beugen Muskelentzündungen vor. Sabine Schäfer stimuliert mit rhythmischen Massagen einzelne Organe wie das Herz, Bruno Müller-Oerlinghausen setzt psychoaktive Massagen bei depressiven Menschen ein. Klassische Massagen verringerten bei Brustkrebspatientinnen körperliche Beschwerden, Erschöpfung und Stimmungsschwankungen.
SCHMECKEN Mit Bitterem die Abwehr stärken
Vor allem einen Geschmack lieben wir: süß. Sobald Süßes unsere Zunge berührt, gibt es im Gehirn eine Art Feuerwerk. Für die Wahrnehmung des Geschmacks ist die Zunge mit den vielen Rezeptoren verantwortlich. Aber: Schmecken funktioniert nur, wenn wir auch gut riechen können. Dr. Schäfer: „Jedes Geschmackserlebnis löst Reaktionen im