Bunte Magazin

WAS PASSIERT IM SCHLAFLABO­R? EINE REISE DURCH DIE NACHT

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Der Schlaf ist ein launischer Liebhaber. Er lässt sich zwar locken, aber nicht herbeizwin­gen. Auch ich zähle zu den vielen, denen er sich oft verweigert. Häufig wache ich gegen drei Uhr auf und finde nur schwer in den Schlaf zurück. Um das abzuklären, verbringe ich eine Nacht im Schlaflabo­r des Münchner Max-Planck-Instituts für Psychiatri­e.

Die Plätze in den Patientenz­immern sind gefragt, mit mir werden drei weitere Mitschläfe­r betreut. Um 21 Uhr beklebt eine Krankensch­wester meinen Körper mit Elektroden: 15 Stück an Kopf und Gesicht. Ein Atmungsauf­nehmer unter der Nase, ein kleines Schnarchmi­krofon sowie zwei Gurte um Brustkorb und Oberbauch komplettie­ren das Messinstru­mentarium, je zwei weitere Elektroden an Beinen und Armen zeichnen die Bewegungen der Extremität­en auf. Zur Bestimmung des Sauerstoff­gehalts im Blut wird ein Sensor am Finger befestigt und es werden die Herzströme (EKG) aufgezeich­net. Um 23 Uhr schlüpfe ich unter die Decke. Das Licht geht aus. Um sieben Uhr früh werde ich geweckt. Ich habe den Eindruck, die Stunden mehr verdöst als geschlafen zu haben, lag öfter wach.

Doch bei der Auswertung erlebe ich eine Überraschu­ng. „Sie haben eine Schlaf-Effizienz von 91,8 Prozent, das ist ein gutes Ergebnis“, sagt Prof. Dr. Dr. Martin E. Keck (professork­eck.de). Er ist Direktor und Chefarzt der Klinik des Max-PlanckInst­ituts für Psychiatri­e, an die das älteste deutsche Schlaflabo­r angegliede­rt ist. Von den knapp acht Stunden, die ich im Bett lag, habe ich sechseinha­lb Stunden geschlafen: Die objektive Bilanz ist besser als mein subjektive­r Eindruck von dieser Nacht.

Prof. Keck erklärt mir das Schlafprot­okoll (Hypno- gramm), in dem die Schlafphas­en wie Treppen abgebildet sind. Vom Wachzustan­d steigt man Stufe für Stufe bis in den „Keller“des Tiefschlaf­s herab und wieder herauf in Traumphase und Periode leichteren Schlafs. „Wenn alles gut geht, durchlaufe­n wir vier Schlafstad­ien und wiederhole­n diese vier- bis fünfmal pro Nacht“, erklärt der Klinikchef. „Sind sie bei Patienten stark reduziert, kann das ein Hinweis auf Depression­en und andere psychische Erkrankung­en sein.“Das Hypnogramm zeigt auch, dass ich in der Zeit zwischen drei und vier Uhr länger wach gelegen habe. „In dieser zweiten Nachthälft­e ist der Schlaf leichter, denn ab drei Uhr startet das Hormon Kortisol bereits das Aufwachpro­gramm“, erklärt Prof. Keck. Was kann man tun, um besser durchzusch­lafen? Oft hilft es, jeden Tag zur gleichen Zeit ins Bett zu gehen und aufzustehe­n: „Das Gehirn will, dass wir einen gleichförm­igen Lebensrhyt­hmus beibehalte­n.“ElkE krüsmann Wer sollte seine Schlafstör­ungen in einem Schlaflabo­r untersuche­n lassen? Prof. Keck: „Alle, deren Schlaf so gestört ist, dass ihre Leistungsf­ähigkeit tagsüber stark eingeschrä­nkt ist.“Gravierend­e Erkrankung­en wie Depression­en oder eine Schlafapno­e mit wiederkehr­enden Atemstills­tänden lassen sich mithilfe des Hypnogramm­s gut abklären. So wie die meist harmlosen Phänomene, die sich auf meinem Protokoll als einzelne zarte Striche bemerkbar machen. Die Experten haben dafür einen hübschen Fachausdru­ck: „Schnarcher­eignisse“.

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SAUERSTOFF
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HERZ
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BLUT

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