Bunte Magazin

Jürgen Marcus: Die Schlagerik­one starb einsam

JÜRGEN MARCUS Seine Lieder liebten Millionen. Doch mit dem Drama seines Lebens musste er fast ganz allein fertigwerd­en

- C. A./C. T./M. B.

Manchmal haben sie sich gewundert, dass er überhaupt noch lebte. So schwach und zerbrechli­ch, wie Jürgen Marcus, †69, ausgesehen hat. „Seine Oberschenk­el waren am Ende dünn wie meine Arme“, erzählt ein Nachbar aus dem Münchner Glockenbac­hviertel. „Doch für ein Späßchen war Jürgen immer noch zu haben.“Wie schlecht es ihm auch immer ging, seine Sorgen, seine Ängste – die sollte niemand sehen. Ein Leben lang hat er sie vor der Außenwelt versteckt. Bis er nun in seiner Dreizimmer­wohnung starb. Von all den Freunden, all den Lieben war ihm da nur noch einer geblieben: Lebensgefä­hrte Nikolaus Fischer, 53.

Was für ein trauriges Ende für den einstigen Schlagerst­ar. Seine Hits waren Legende. Seine große Zeit waren die 70er-Jahre. „Er war ein Sonnensche­in“, erinnert sich Tony Marshall, 80. Wie ein ausgelasse­ner Junge wirkte Jürgen oft. Vielleicht lag es ja daran, dass er so viel nachzuhole­n hatte. Wegen eines verkürzten Beins musste er als Kleinkind vier Jahre im Gipsbett ausharren. Die Hölle. „Meine Kindheit begann erst, als ich sieben war“, sagte der Sänger später. Er war entschloss­en, das Leben mit jeder Pore zu genießen. „Der Jürgen hat’s krachen lassen“, erzählt ein Weggefährt­e. Aber durch die Seele des Künstlers lief noch eine andere, dunklere Strömung. „Es gab irgendein Schlüssele­rlebnis, das ihn verzweifel­t gemacht haben muss“, glaubt Marshall. Geredet hat Marcus nie darüber. Doch ist so manchem aufgefalle­n, wie viel Alkohol er trank, als die Zeit der großen Hits vorbei war. Und das blieb nicht das einzige Problem: 2013 musste Marcus Insolvenz anmelden. Seine Altersvers­orgung war weg. Der Star wurde immer magerer. Aids-Gerüchte machten die Runde. „Als ich ihn bei unserem letzten Treffen umarmte, spürte ich seine dünnen Schulterkn­ochen unter meiner Hand. Er wirkte zum ersten Mal niedergesc­hlagen, hatte wohl da schon keine große Lust mehr zu leben“, so Marshall.

2017 der Bühnenabsc­hied. Die Begründung: Der Sänger leide an der Lungenkran­kheit COPD. Zu dem Zeitpunkt hatte er sich bereits von allen zurückgezo­gen. Freunde und Kollegen erreichten ihn nicht mehr. Zu seinem Bruder HansWerner gab es schon seit Jahren keinen Kontakt. Vom Tod des Bruders erfuhr dieser aus den Medien. Ein enger Weggefährt­e hörte nur noch einmal von Jürgen: „Er brauchte Geld, fragte, ob ich helfen könne.“Allein die Liebe zu Nikolaus hielt bis zum Schluss. Ein Nachbar: „Nikolaus hat aufopferun­gsvoll auf ihn aufgepasst.“Viele Freunde von früher sagen jetzt, sie hätten gern geholfen. Auch finanziell. Traurig nur, dass Marcus es nicht vermochte, ihnen zu trauen – als er nicht mehr für alle der lustige Sonnyboy sein konnte.

 ??  ?? SZENE TREU BIS ZULETZT Seit mehr als 20 Jahren waren Jürgen Marcus und Nikolaus Fischer (l.) ein Paar Mit Hits wie „Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben“wurde der Sänger zum Star Damals war er ganz oben: Marcus mit Tony Marshall (l.) und Jack White (M.) in den 70er-Jahren
SZENE TREU BIS ZULETZT Seit mehr als 20 Jahren waren Jürgen Marcus und Nikolaus Fischer (l.) ein Paar Mit Hits wie „Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben“wurde der Sänger zum Star Damals war er ganz oben: Marcus mit Tony Marshall (l.) und Jack White (M.) in den 70er-Jahren
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Der Sänger und sein Bruder (o.) verstanden sich einst bestens. Dann riss der Kontakt ab
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Der Star magerte immer mehr ab

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