Roland Kaiser: Sein Leben mit einer neuen Lunge
Er ist wie guter Wein: je älter, desto besser. Roland Kaiser, 66, ist gerade wieder auf einem der Höhepunkte seiner Karriere. Bei seinen berühmten Freiluftkonzerten in Dresden – die nächsten sind am Wochenende – feiern ihn die Fans, die Elbwiesen sind ausverkauft. Roland Kaiser singt besser denn je, drei Stunden am Stück sind für ihn kein Problem. Dass er mit einer Spender-Lunge, die ihm 2010 eingepflanzt wurde, auf der Bühne steht, spürt keiner. Der Hitkönig, der jahrelang an der Lungenkrankheit COPD litt und immer kurzatmiger geworden war, fühlte sich wie neugeboren. Der Sänger erinnert sich in seinem Buch „Atempause – Alles ist möglich“an die dramatischen Stunden: „Die Nachricht, dass eine geeignete Spenderlunge zur Verfügung steht, erreichte mich in der Nacht vom 25. auf den 26. Februar 2010. Eine Stationsschwester weckte mich, um mich auf die bevorstehende OP am nächsten Morgen vorzubereiten. Die Nachricht erleichterte mich unglaublich, die ganze Anspannung der unbestimmten Wartezeit im Wettrennen mit dem Tod fiel mit einem Mal von mir ab. Ich empfand einfach nur noch
Vorfreude, Angst hatte ich nicht. Ich freute mich unbändig darauf, endlich wieder Luft zu bekommen. Man muss seinem Schöpfer manchmal einfach das Vertrauen schenken, dass er einem helfen würde.“Die Operation gelang. Roland Kaiser
war selig: „Am einprägsamsten war für mich mein erster Atemzug, den ich ohne Unterstützung irgendwelcher Apparate und Sauerstoffgeräte tat. Das war so ein unbeschreibliches Gefühl! Ich könnte mir vorstellen, dass Säuglinge sich so fühlen, wenn sie nach der Geburt zum ersten Mal atmen. Sie können es ebensowenig in Worte fassen wie ich. Ich kannte das ja gar nicht mehr. Ich konnte bis dahin über Jahre hinweg nur in den obersten Brustkorb atmen. Danach war Schluss“, erinnert er sich an diese Zeit. „Was war das für ein Erlebnis, als ich meine Hände zum ersten Mal betrachtete: Sie waren nicht mehr blau-rot verfärbt, sondern sahen ganz normal aus – wie die Hände meiner Frau oder die Hände eines jeden gesunden Menschen mit weißen, klaren Fingernagelbetten. Aber noch größer war es für mich, als mir meine Frau zum ersten Mal einen Spiegel hinhielt. Der Anblick haute mich um, weil ich in dem Spiegel einen völlig veränderten Menschen erblickte, eben nicht mit geröteten Augen, sondern mit ganz klaren, weißen Augen und einer hellen Gesichtsfarbe, die völlig gesund wirkte. Sechs oder sieben Jahre hatte mir ständig ein Gesicht im Spiegel entgegengesehen, das eine Mischung aus Blau und Rot und nie entspannt war, sondern einfach niederschmetternd krank aussah. Wäre ich nicht bereits von der Existenz Gottes überzeugt gewesen, hätte ich danach nicht nur auf die Kunst der Ärzte, sondern auf seine wundersame Macht geschworen.“
Seine Frau Silvia besuchte ihn täglich, auch die Kinder kamen mit. Die kleine Annalena erfreute ihren Vater mit dem Satz:
„Papa, siehst du schön aus.“Roland Kaiser war tief dankbar, vor allem über die Liebe seiner Frau: „Sie stand unerschütterlich an meiner Seite. Sie als Gesunde verzichtete ständig. Wenn das jemand durchhält und sich dabei die Liebe, die Verliebtheit und Lebensfreude bewahrt, ist das schon wahre Größe.“
„AUF EINMAL SAH MEIN GESICHT NICHT MEHR BLAU UND ROT AUS“