Linda Gray über „Dallas“und ihre Trennung
gehörte zu den größten TV-Stars der 80er-Jahre. In der Serie „Dallas“schrieb sie als alkoholkranke Ehefrau von J. R. Ewing Fernsehgeschichte. Doch fast wäre sie an ihrer eigenen Ehe zerbrochen
Neun Zentimeter hohe Pfennigabsätze – mit fast 77 Jahren! So elegant wie in der Erfolgsserie „Dallas“, in der sie die Ehefrau von TV-Fiesling J.R. Ewing spielte, ist Linda Gray auch heute noch. Und dabei herzlich, nahbar und sehr entspannt. Dabei glich ihr Leben tatsächlich eine lange Zeit dem der von Enttäuschungen und persönlichen Dramen gebeutelten Sue Ellen…
Sie sind durch „Dallas“immer noch eine Ikone, spielten in der TV-Serie die Alkoholikerin Sue Ellen. Sind Sie dieser Figur dankbar oder war sie manchmal ein Fluch? Die Rolle war niemals Fluch, im Gegenteil. Damals in den 80er-Jahren gab es im TV keine Trinkerinnen. Wir brachten den Zuschauern die Probleme eines Alkoholikers näher. Bis heute gestehen mir Leute, dass sie sich nur deshalb trauten, zu den Anonymen Alkoholikern zu gehen.
Hand aufs Herz: Waren Sie jemals betrunken? Nein, ich bin nämlich ein Kontroll-Freak. Ich war höchstens mal auf einer Party leicht beschwipst. Ich kenne mein Wein-Limit sehr genau.
Sie hatten ein schwieriges Verhältnis zu Ihrer Mutter. Wie hat das Ihr Leben beeinflusst? Ich habe nie die Mutterliebe gespürt, die sich ein Kind wünscht. Sie war eine sehr frustrierte Frau und wurde deshalb Alkoholikerin. Sie war eine Ballerina und Modezeichnerin, aber als Mutter von zwei Töchtern spürte sie, dass sie ihre Träume nie verwirklichen konnte. Sie hat uns zwar gefüttert und versorgt, mehr aber nicht. Erst als Er-
wachsene bin ich deswegen in Therapie gegangen.
Was kam dabei heraus? Ich lernte, meine Gefühle gegenüber meiner Mutter zu artikulieren, egal was dabei am Ende herauskommen sollte. Ich rief sie eines Tages an und sagte: „Mum, ich liebe dich.“Von da an wurde unser Verhältnis besser. Denn sie änderte ihr Leben. Für sie war es sehr befremdlich, ihre eigene Tochter im Fernsehen eine Alkoholikerin spielen zu sehen. Sie meldete sich bei den Anonymen Alkoholikern an. Und später wurden wir beste Freundinnen.
Sie waren 22 Jahre mit Ed Thrasher, einem Fotografen und Grafikdesigner, verheiratet und verließen ihn, als ihre beiden Kinder Jeff und Kehly noch zur Schule gingen. Die Ehe war jahrelang unglücklich. Warum sind Sie nicht früher gegangen? Mein Mann wollte nicht, dass ich Schauspielerin bin. Und schon gar nicht eine erfolgreiche. Kleinere Rollen oder Werbespots waren okay, aber „Dallas“war zu mächtig für ihn. Dabei tat ich alles, eine gute Mutter und Ehefrau zu sein und trotzdem meinen Beruf auszuüben. Wir wohnten in Kalifornien, und dass ich ständig zum Drehen nach Texas reiste, passte ihm überhaupt nicht.
Gab es für die Trennung einen entscheidenden Vorfall? Nein, es war ein längerer Prozess. Ich erinnere mich genau an den Abend, an dem ich Schluss machte. Ich sagte ihm: „Ich gehe nicht deinetwegen, ich gehe meinetwegen.“Es gab keinen Streit. Ich tat mich wegen meiner Kinder etwas schwer, den richtigen Zeitpunkt zu finden, aber es kommt der Punkt, an dem man eine Entscheidung treffen muss. Hat es den Kindern gefallen? Nein. Hat es die Kinder verletzt? Ja. Haben sie es überlebt? Ja.
Sie wurden 1983 von Ed geschieden, er starb 2006. Haben Sie ihm später jemals verziehen? Als er starb, waren wir bei ihm. Ich, meine Tochter und mein Sohn. Wir standen um das Bett herum. Wir hielten seine Hand und sagten ihm, dass wir ihn lieben.
Viele Frauen leben in unglücklichen Ehen, dennoch verlassen sie ihren Mann nicht. Aus wirtschaftlichen Gründen, aus Angst vorm Alleinsein oder wegen der Kinder. Was raten Sie ihnen? Jeder ist ein Individuum. Tu das, was sich für dich richtig anfühlt. Wir Frauen wollen immer alles perfekt machen, uns um jeden kümmern, kochen, die Kinder zum Sport bringen, womöglich auch noch Instagram bedienen. Aber an einem Punkt muss man stoppen. Meine Eltern waren 63 Jahre verheiratet, das wollte ich auch hinbekommen. Aber es ging nicht, ich wäre innerlich gestorben. Deshalb sage ich zu jeder Frau: Lebe dein bestes Leben und lerne schon früh, Nein zu sagen.
Wie ist heute Ihr Verhältnis zu Männern? Ich hatte wirklich viele wunderbare Männer in meinem Leben. Angefangen bei meinem Vater. Mein Sohn, meine Enkel. Ich liebte, ich wurde geliebt und werde noch geliebt. Larry Hagman war bis zu seinem Tod 2012 mein allerbester Freund. Heute bin ich ein sehr glücklicher Mensch, auch ohne einen Mann an meiner Seite. Ich suche nicht aktiv. Wenn aber ein Mann hereinkäme, zu dem ich eine magische Anziehung verspüren würde, dann würde ich mich auch nicht verschließen. Darf ich eine sehr persönliche Frage stellen? Wie haben Sie die Wechseljahre überstanden? Ein ziemlicher Mist, aber da musste ich durch. Welche Frau mag das schon? Diese fürchterliche Schwitzerei. Ich habe auf Hormontabletten verzichtet. Ein guter Homöopath half mir mit Mitteln durch diesen Lebensabschnitt hindurch.
Als Kind überstanden Sie Polio. Gab es später schlimme Krankheiten? Nein, ich bin zum Glück mit guter Gesundheit gesegnet. Meine jüngere Schwester Betty starb 1988 an Brustkrebs. Ein großer Schock für mich und ein Weckruf. Mir wurde schlagartig klar, wie sehr wir auf uns achten müssen. Das hatte Betty nicht getan, sie war zuckerkrank. Seitdem bewege ich mich viel, unterziehe mich keinen Schönheits-OPs, trinke sehr viel Wasser und schwöre auf Avocados. Die haben nämlich viele gute Fette. Wenn ich fliege, esse ich niemals Flugzeugkost. Ich habe immer eine Avocado in der Handtasche. Dann lasse ich mir nur noch einen leeren Teller und Besteck bringen.
Sie leben schon lange auf einer Ranch in Santa Clarita bei Los Angeles. Wie geht es Ihnen dort? Die Ranch steht zum Verkauf, sie ist viel zu groß für mich allein und für mich bricht jetzt ein neuer Lebensabschnitt an. Ich weiß noch nicht, ob ich ein kleineres Haus kaufe oder in ein Apartment umziehe.
Zu wem aus der Serie haben Sie noch Kontakt? Am engsten bin ich mit Patrick Duffy alias Bobby Ewing befreundet. Auch zu Ken Kercheval – J.R.s Gegenspieler Cliff Barnes – und zu Charlene Tilton, die Lucy Ewing spielte, habe ich Kontakt.
Am 12.September werden Sie 77. Wie wird gefeiert? Einer meiner Enkel wird mich zum Essen ausführen. Er wird das Restaurant aussuchen – wie letztes Jahr, als wir beim Edel-Japaner „Nobu“in Malibu waren. Ich lasse mich überraschen. Abends feiern wir mit der ganzen Familie zu Hause.
MEINE MUTTER WAR ALKOHOLIKERIN. FÜR SIE WAR ES SCHWER, MICH IN DER ROLLE ZU SEHEN