Hotspot Sardinien: Wer urlaubt wo? Ein Wegweiser durch das Paradies des Jetsets
DOLCE VITA AN DER COSTA SMERALDA, dem exklusivsten Urlaubsparadies Europas. In der Hochsaison reisen Milliardäre, Diven, Popstars und Models an, um hier den Sommer und das süße Leben zu zelebrieren
Das Schönste an einem heißen Sommer an der Costa Smeralda sind die Gerüchte. Wie eine leichte Meeresbrise wehen sie über Cafés und durch Gassen, sie werden von einer Villa zur nächsten getragen und über die Relings der Mega-Jachten gespült. Und nachts, wenn die Sterne über dem Meer leuchten, wabern die kleinen, ungehörigen Nachrichten durch Klubs und Bars – mit jedem Glas Champagner und jedem Whiskey Sour steigert sich die Sensation: Silvio Berlusconis Villa Certosa, auf dessen Terrasse vor Jahren der Ministerpräsident eines europäischen Landes fotografiert wurde, wie er nackt – und sichtlich erregt – neben der Liege einer jungen Schönheit stand – dieser Sünden-Palazzo stehe erneut zum Verkauf, erzählt man sich in diesem Sommer. 470 Millionen Euro soll das Anwesen kosten – total verrückt! Und wer tritt dieses Jahr auf dem Fest von Alisher Usmanov, dem russischen Oligarchen, auf: wieder Robbie Williams, Mariah Carey oder Carla Bruni? Ach übrigens, die Villa in allerteuerster Lage, mit der Milliardär Roman Abramowitsch seine Ex wegen neuer Verliebtheit abgefunden hat, steht leer. Regelrecht vergammelt sieht das Traumhaus aus, seitdem Handwerker Wasserhähne abgeschraubt und die Toilettenbecken ausgebaut haben – Notwehr auf sardische Art. Die Lady soll die Rechnungen nicht bezahlt haben.
Es ist Hochsaison an der Costa Smeralda. Wie ein Schwarm Zugvögel hat sich im exklusivsten Urlaubsparadies Europas der Jetset niedergelassen: Filmdiven, Popstars, Internet-Gurus, Diamantenhändler, arabische Scheichs, russische Oligarchen, Fußballer, Models, Industrielle und Erben – darunter auch viele Deutsche. Die meisten haben ihre Häuser vor langer Zeit gekauft, als Immobilien an der Goldküste
zwar teuer, aber noch nicht unbezahlbar waren.
Von Mitte Juli bis Ende August zelebrieren die Superreichen und makellos Schönen hier das Dolce Vita. Jedes Jahr ist das so – und jedes Jahr ist es ein gigantisches Spektakel. Wer zum Kreis der VIPs gehören will, muss im „Billionaire“über den roten Teppich flanieren – und zwar nur zur Eröffnung oder zu einer der exklusiven Partys. Außerhalb der Hochsaison tanzt im Nachtklub von Flavio Briatore eher die halbseidene Society – das wiederum liegt nicht an den Skandalen, die der Eigentümer und alternde Playboy hier selbst inszeniert hat, beispielsweise als er Diktatorensohn Mothassan Gaddafi eigenhändig vor die Tür bugsierte. Oder als seine Exfreundin, TopModel Naomi Campbell, ihn mit Gläsern bewarf, weil Lebemann Briatore fremdgeknutscht hatte.
Wie schwimmende Reste eines Konfettiregens – so leuchten die weißen Milliardärs-Jachten auf dem smaragdgrünen Meer. Früher galt „Lady Moura“, die Jacht von Öl-Mogul Nasser AlRashid, als Sensation: 105 Meter lang, fünf Stockwerke hoch, ausgestattet mit einem Dutzend Suiten, Klinik, Diskothek und einem Sandstrand an Bord. Inzwischen hat Alisher Usmanov den arabischen Konkurrenten um 50 Meter übertrumpft. Seine „Dilbar“ankert meist in einer der Buchten – in Sichtweite seiner drei Villen, die einst Karim Aga Khan IV. gehörten. Trotz seines Reichtums musste der Russe regelrecht um Aufnahme in den exklusiven Yacht Club Costa Smeralda betteln. Keines der rund 600 Mitglieder wollte für ihn bürgen, erzählt man.
Noch immer ist Ismailiten-Herrscher Aga Khan Eigentümer des Nobelklubs, in dem auch einige Deutsche Mitglied sind, wie Unternehmer und Segelsportler Michael Illbruck, Reeder Claus-Peter Offen und Klinikmogul Christopher Schön. Den eigentlichen Milliardenschatz, die Smeralda-Holding, hat der geniale Erschaffer des am Reißbrett entworfenen, bonbonfarbenen Villenresorts inzwischen verkauft.
Geld erscheint an der Costa Smeralda wie ein überflüssiges Übel, dennoch bleibt wahrer Reichtum fast unsichtbar. Die Größe und Schönheit der Villen lässt sich nur erahnen, wenn massive Tore wie von Geisterhand geöffnet einen flüchtigen Blick in weitläufige Anwesen freigeben. Die Superreichen chillen auf ihren Jachten und in den Separees der Edelklubs. Und reisen diskret: Sie jetten mit ihrem Privatflieger nach Olbia und steigen in einen Hubschrauber, der direkt auf der Jacht landet.
Daniela Ciboddo, Partnerin von Engel & Völkers in Porto Cervo, kennt diese geheimnisvolle Sphäre, denn sie und ihr Team bewahren Millionäre vor der realen Welt: Kaviar und Atlantik-Hummer im Kühlschrank, Windeln fürs Baby, den Ferrari betanken, Golflehrer, Privatkoch, Butler – kein Wunsch bleibt unerfüllt. „Es ist total verrückt“, sagt die Italienerin. „Jetzt herrscht Ausnahmezustand.“
Ende August sind alle wieder weg: die Milliardäre, die bildschönen Mädchen, die Jachten, die Ferraris – dann legt sich Erschöpfung über die Costa Smeralda – und eine himmlische Ruhe.
DER GANZ GROSSE REICHTUM IST FAST UNSICHTBAR