Juliane Köhler über peinliche Sexszenen
JULIANE KÖHLER Die Schauspielerin über peinliche Filmszenen, das schöne Gefühl des Verliebtseins und warum es okay ist, wenn eine Liebe nicht ewig hält
ICH FINDE DATINGPORTALE WIE TINDER & CO. TOTAL IN ORDNUNG
Eigentlich hat Juliane Köhler, 53, keine Zeit für Interviews: Einkaufen, Apotheke, Koffer packen – in ein paar Tagen geht’s nach Bali. Zum dritten Mal. Der Ort, der das Leben der Schauspielerin verändert hat. Dort lernte sie einen Guru kennen, begann zu meditieren. Doch vorher stellt sich der KinoStar (Oscar-prämierte oder -nominierte Filme wie „Nirgendwo in Afrika“, „Der Untergang“) noch den Fragen zu ihrer neuen Komödie „Safari – Match me if you can“. Eine heiße Geschichte …
Eigentlich sind Sie doch die Frau fürs Schwierige. Was hat Sie an dieser Dating-Komödie gereizt, Frau Köhler? Genau das. Ich wollte was Lustiges machen. Der Regisseur hat mir die Figur der Mona beschrieben und ich fand sie spannend, sympathisch und sehr fein gezeichnet. Vom grauen Mäuschen zur Femme fatale. Eine, der am Ende nichts mehr peinlich ist.
Für ein schnelles Date verliert sie alle Hemmungen… Sie bestellt Handschellen im Netz, hat plötzlich eine Peitsche auf dem Wannenrand liegen, Sex mit einem Fremden im Auto. Es ist wirklich eine Rolle, die mir nicht auf den Leib geschrieben ist. Die ich mir Steinchen für Steinchen zusammenbasteln musste. Genau das war die Herausforderung. Ich sage gern: „Das ist mein erster ,Sexfilm‘.“Aber es ist okay. Alle haben mir zugeraten!
Ist es eigentlich peinlich, solche Sexszenen zu spielen? Hilft Humor?
Humor hilft! Das hat mit Sebastian Bezzel sehr gut geklappt. Wir haben einen ähnlichen Humor. Am Morgen des Drehs für die Sexszene im Auto haben wir uns gegenseitig gestanden, dass wir uns am Vorabend im Stillen gefragt hatten: Warum in aller Welt habe ich mich darauf eingelassen? Wir haben darüber gelacht und hatten letztendlich unglaublich viel Spaß beim Drehen dieser Szene.
Haben Sie selbst mal online gedatet? Noch nie! Dabei finde ich Tinder & Co. total in Ordnung. Aber ich gehöre zur alten Garde, die die Leute im Café kennengelernt hat. Die neue Art der Kommunikation ist mir fremd. Sich mit einem Unbekannten treffen. Was macht man, wenn der Typ vom ersten Moment an unsympathisch ist?
Was, wenn er sympathisch ist? Wie gesagt, ich habe diese Portale noch nie genutzt. Wenn man wie in meinem Beruf intensiv mit Menschen zusammenarbeitet, stellt sich oft ein schönes Gefühl des Verliebtseins ein. Eigentlich bin ich ständig verliebt. Das wird aber nie ausgelebt und hat nichts mit Bindungen fürs Leben zu tun.
Glauben Sie an die große Liebe? Ich denke, es gibt mehrere große Lieben. Nicht alle sind dafür gemacht, mit ein und demselben Partner das ganze Leben zu verbringen. Vielleicht gibt es da und dort Ehen, die reibungslos und friedlich verlaufen von Anfang bis Ende. In vielen Beziehungen wird so getan, als gäbe es keine Probleme. Alles wird unter den Teppich gekehrt. Immer das perfekte Bild nach außen bewahren. Ich denke, es ist in Ordnung, wenn eine Liebe nicht ewig hält. Wichtig ist, dass die Gefühle nicht in Hass oder Feindschaft umschlagen. Da bewundere ich die Skandinavier. Sie sind sehr fortschrittlich, was friedliche Trennungen und Patchworkfamilien betrifft.
Hatten Sie mal eine Lebenskrise? Nie so radikal, dass ich mein Leben über den Haufen werfen musste. Ich habe immer gearbeitet und meine Töchter überallhin mitgenommen. Ich empfinde keinen Bruch im Leben. Durch die Kinder hatte ich viel Bezug zur Realität. Aber natürlich werde ich älter. Kinder werden groß, ziehen aus. Die Wechseljahre setzen ein. Das macht es nicht einfacher.
Dann kennen Sie die Frage: Kann es das jetzt gewesen sein? Natürlich. Es war kurz vor meinem 50. Geburtstag. Ich fühlte mich unheimlich schlapp von diesem Spagat Familie, Beruf, Film, Theater, Hörspiele. Und dann wollte ich immer 100 Prozent für die Mädchen da sein. Es war nicht dramatisch, aber ich musste etwas ändern. Kein Burn-out, aber ich hatte das dringende Bedürfnis, mich zu erholen. Ich bin allein nach Bali geflogen und habe dort einen Guru kennengelernt.
Hat er Sie erleuchtet? Er hat mir beigebracht zu meditieren. Seitdem tue ich es jeden Tag. Durch die Meditation bin ich mit vielem aus der Vergangenheit ins Reine gekommen. Verzeihen ist das Geheimnis des Glücks und des Friedens.
Wem haben Sie schon verziehen? Ich versuche es täglich im Kleinen wie im Großen. Jeder von uns trägt ja Dinge aus der Kindheit mit sich rum. Ich bin ein typisches 60er-Jahre-Kind. Wir wurden nicht so mit Zärtlichkeit überhäuft, wie wir das heute machen.
EIGENTLICH BIN ICH STÄNDIG VERLIEBT. DAS WIRD ABER NIE AUSGELEBT