LUXUS braucht Geschichten
sierten ihre Fashion Shows zu künstlerisch ambitionierten Events mit EreignisCharakter – und zeigten damit bewusst oder unbewusst, wie das Prinzip Luxus in Zeiten des Überflusses beziehungsweise das heimliche Gesetz der Begehrlichkeit funktioniert: Der (gefühlte) Wert eines Produkts bemisst sich nicht am Material oder der Arbeitszeit, sondern durch die Image„Veredelung“mit Tradition, Authentizität, der Aura von „Geschichte und Geschichten“.
In diesem Sinn geriet die Pariser Fashion Week wie eine auf den Laufsteg gebrachte Version eines Buches, das unter dem Titel „Bereicherung“die kapitalistischen Karrieren von Luxusgütern erklärt. Dass die Autoren, die Soziologen Luc Boltanski und Arnaud Esquerre, aus Frankreich stammen, dem Blockbuster-Land des Luxus, ist vermutlich kein Zufall. Liefern sich hier doch die beiden größten Lifestyle-Konzerne der Welt – LVMH (steht für Moët Hennessy Louis Vuitton) und die Kering Group – seit Jahrzehnten einen Wettlauf um Marken, Designer, Gewinne und Einfluss. Dabei duellieren sich LVMH-Patron Bernard Arnault und sein Kering-Gegenspieler François-Henri Pinault (Gucci, Saint Laurent, Bottega Veneta) am liebsten auf jenem Gebiet, was jedes nackte Profitstreben mit dem wärmenden Hauch des Mäzenatentums ummantelt: der Kunst. Arnault eröffnete 2014 im Bois de Bologne den Prachtbau der Fondation Louis Vuitton. Konter von Pinault: 2019 wird er in der alten Pariser Börse seine eigene Stiftung einweihen. Ein Geschenk an die Bürger von Paris nennen es die einen, „gezielte Patrimonialisierung“unsere nüchternen Wirtschaftssoziologen …