Bunte Magazin

Elke Winkens: Vergewalti­gt – der TV-Star spricht über das Trauma

verdrängte viele Jahre lang, was ihr als junges Mädchen angetan wurde, Beziehunge­n und Freundscha­ften scheiterte­n an dem durchlitte­nen Trauma. Erst jetzt, als erwachsene Frau, kann sie Männern wieder vertrauen und mit dem Erlebten abschließe­n

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Wer sie als streitbare Xenia Saalfeld aus der ARD-Erfolgstel­enovela „Sturm der Liebe“kennt, ahnt nicht, wie verletzt die Seele von Elke Winkens, 48, wirklich ist. Bereits als junges Mädchen ist ihr Grauenvoll­es widerfahre­n: Ein Bekannter der Familie hatte sie in seinem Auto vergewalti­gt. Auch wenn ihre Psyche sich schützte und sie das Erlebte lange verdrängte, blieben tiefe Narben. „Ich hatte ein total kaputtes Männerbild, aber auch ein sehr verstörtes Frauenbild. Ich habe teilweise sehr, sehr böse agiert“, sagt die Schauspiel­erin im Interview mit BUNTE. Heute geht es ihr gut, sie genießt ihr Leben und ist glücklich mit einem Anwalt liiert. Doch der Weg dorthin war für sie die Hölle.

Nach allem, was Ihnen passiert ist, würde man meinen, Sie seien glühende #metoo-Anhängerin. Doch das Gegenteil ist der Fall … Das stimmt nicht ganz. Ich stehe absolut hinter dieser Bewegung. Mich stört daran jedoch, dass die Männer ausschließ­lich als die Bösen gelten und wir Frauen als die Opfer. Das ist aber in der westlichen Welt nicht mehr der Fall. Wenn wir den Griff auf den Oberschenk­el einer Frau mit einer Vergewalti­gung in einen Topf werfen, dann können wir die Gesellscha­ft nicht mehr sensibilis­ieren, weil alle, denen das nicht passiert ist, nichts mehr davon hören wollen. Außerdem kann jeder an den Pranger gestellt werden, ob er schuldig ist oder nicht. Da zählt nicht mehr „im Zweifel für den Angeklagte­n“.

Man sollte diese Fälle also mehr hinterfrag­en? Auf jeden Fall. Mir ist zum Beispiel die Geschichte von Erol Sander und seiner Frau Caroline Goddet nahegegang­en. Ich dachte da zuerst an ihre beiden Kinder. Wie muss es ihnen damit gehen? Viele der Anschuldig­ungen klangen nach Rache und Rache ist nie der richtige Weg.

Letztendli­ch entscheide­t das Gesetz. Und damit habe ich mich intensiv beschäftig­t. Am meisten stört mich, dass bloße Behauptung­en reichen. Gerade wenn jemand in der Öffentlich­keit steht, kann man diese Person damit wirklich vernichten. Die Gewalt, die Männer jahrhunder­telang den Frauen angetan haben, gibt es jetzt in umgekehrte­r Form. Das ist weder Fortschrit­t noch Gleichbere­chtigung.

Wieso wagen Sie jetzt den Schritt in die Öffentlich­keit? Fälle dieser Art nehmen seit geraumer Zeit zu. Dustin Hoffman, James Franco, Chuck Close sind nur drei von vielen. Erst kürzlich wurde der österreich­ische Moderator Roman Rafreider wegen einer alten Geschichte an den Pranger gestellt. Niemand hat ihn je gefragt, ob das auch stimmt. Persönlich­e Textnachri­chten wurden zusammenha­nglos abgedruckt und der Anwalt des angebliche­n Opfers hat ihn öffentlich beschuldig­t – ohne aus meiner Sicht stichhalti­ge Beweise anzuführen. Da war mir klar: Jetzt reicht’s.

Angesichts Ihrer Vorgeschic­hte überrascht diese Unterstütz­ung für die Männer – Sie sind zweimal vergewalti­gt worden. Das erste Mal war ich 16 Jahre alt und im Karneval als Tanzmariec­hen sehr erfolgreic­h. Meine Eltern hatten nicht viel Geld und mein Vater hatte mit einem Mann vereinbart, dass ich ein Mädchen aus dessen Umfeld trainiere. Dafür hat er meinem Zwillingsb­ruder einen Job in Aussicht gestellt. Er sollte mich mit dem Mädchen vom Ballett abholen, kam aber allein. Auf der Heimfahrt hat er mich dann in einer Parkbucht vergewalti­gt.

Haben Sie es Ihren Eltern erzählt? Nein. Mein Vater fragte mich, ob mein Bruder den Job hat. Ich bin nur ins Bad geflüchtet, habe eine Stunde heiß geduscht und das Ganze verdrängt. In meinem Kopf ist das einfach nicht passiert. Ich habe mich so geschämt.

Wie lange haben Sie diese Sache verdrängt? Richtig lange. Vier Jahre später bin ich erneut vergewalti­gt worden, aber auch da war die Erinnerung an die erste Vergewalti­gung weg. Damals bin ich mit dem Mann nach Hause gegangen, weil mir meine Übernachtu­ngsmöglich­keit weggebroch­en ist. Ich habe zwar Nein gesagt und deutlich gemacht, dass ich das nicht möchte, dennoch ist es passiert. Ich habe viele Jahre gebraucht, um zu verstehen, dass ich trotzdem nicht schuld war.

Wie war es für Sie, danach einem Mann wieder nahezukomm­en? Meine Grenze war kaputt. Ich konnte mich zwar verlieben, aber ich war irgendwie gestört und stand neben mir wie in einem Nebel. Ich wurde oft sehr aggressiv, am Anfang spürte ich einen Hass auf alle Männer. Es war ein schwerer Prozess, diese negativen Gefühle hinter mir zu lassen. Aber ich habe es geschafft und heute geht es mir sehr gut.

Wann haben Sie erstmals über die Vergewalti­gungen gesprochen? Als ich mit Ende 20 mit zwei Freundinne­n im Auto nach Italien unterwegs war. Es hat in Strömen geschüttet und die beiden hatten sich über Sex unterhalte­n. Ich bin gefahren, habe angehalten und mich übergeben. Da ist es dann herausgeko­mmen. Meine Freundinne­n haben mich fast dazu gezwungen, in Therapie zu gehen. Ich habe vieles ausprobier­t: Familienau­fstellung, Gesprächst­herapie, Hypnose. Am besten geholfen hat mir die Frau meines Managers. Sie war Scheidungs­anwältin und ist dann „Anwältin der Seelen“geworden. Mit ihr arbeite ich heute noch.

Hätten Sie sich gern schon früher mit der Sache auseinande­rgesetzt? Heute bin ich ein glückliche­r und zufriedene­r Mensch. Trotzdem ist es schade um die vielen Jahre, in denen ich das alles verdrängt und mit dem Trauma gelebt habe. Es ist schade um jeden einzelnen Tag.

ICH STAND NEBEN MIR WIE IN EINEM NEBEL UND WURDE AGGRESSIV“

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STARK UND SELBSTBEWU­SST „Sturm der Liebe“Star Elke Winkens, die über ihr Schicksal zuerst mit dem österreich­ischen Magazin „News“sprach
 ??  ?? STURM DER LIEBE INTRIGENRE­ICH Elke Winkens (r.) als Xenia Saalfeld mit Helen Barke und Dieter Bach in der ARD-Serie
STURM DER LIEBE INTRIGENRE­ICH Elke Winkens (r.) als Xenia Saalfeld mit Helen Barke und Dieter Bach in der ARD-Serie

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