Jenny Elvers: Glücklich ohne Alkohol und Mann
JENNY ELVERS Die Schauspielerin und TV-Moderatorin hat ihre schwere Krankheit fest im Griff. Sie genießt ihre neue Freiheit als Single und pflegt eine enge Bindung zu Paul, ihrem einzigen Kind
Manchmal hilft es, wenn man traumatischen Erlebnissen mit Humor begegnet. Kürzlich standen Jenny Elvers, 47, und ihr Sohn Paul, 18, am S-Bahnhof, neben dem Gleis lagen sechs leere Bierdosen. Sagt er: „Na, Mutti, Frühstück gehabt?“Sie antwortet: „Ja, war lecker.“Als Jenny BUNTE diese Szene schildert, schmunzelt sie. „Paul und ich haben unseren eigenen Humor entwickelt, mit meiner früheren Alkoholsucht umzugehen.“Paul sitzt mit am Tisch, er grinst: „Ich finde, wir haben einen sehr schrägen Humor.“Sieben Jahre ist es her, dass die TV-Moderatorin und Schauspielerin ihre Alkoholsucht öffentlich machte. Bis 2015 hielt sie sich mehrfach in der Betty Ford Klinik auf, machte einen Entzug, ließ sich psychologisch behandeln. „Nur wenn man sich dieser Krankheit wirklich stellt, schafft man es irgendwann, sie zu besiegen und mit ihr ein normales Leben zu leben“, sagt Jenny zu BUNTE. Gerade erst zog sie aus der Nähe von Lüneburg nach Berlin. Paul pendelt, er macht im Frühjahr seinen Schulabschluss in Norddeutschland. Die helle, großzügig geschnittene Wohnung in Moabit befindet sich in einer ehemaligen Fabrik, prominente Nachbarn sind Rammstein-Sänger Till Lindemann und Schauspieler Wotan Wilke Möhring. Die Einrichtung hat sie vom Eigentümer übernommen. Nach und nach möchte sie ihren persönlichen Stil einbringen. „Berlin ist ein perfekter Ausgleich zu meinem Dorf. Ich lebte schon als junge Frau in Berlin, habe hier die meisten Freunde. Die quirlige Stadt passt perfekt zu meiner momentanen Umbruchstimmung. Ich bin ungebunden, kann tun und lassen, was ich möchte. Das genieße ich sehr.“Zum ersten Mal im Leben sei sie Single. „Ich war gern verheiratet und genoss es, in einer festen Beziehung zu sein. Aber nun, so ganz ohne Mann, fühle ich mich absolut frei. Ein herrliches Gefühl. Ich fand Schritt für Schritt zurück in mein Berufsleben – und habe auch meine Krankheit im Griff. Es geht mir gerade so gut wie lange nicht. Mal abgesehen von den Schmerzen, die mir meine beim Eislaufen gebrochene Rippe verursacht.“
Im Regal im Wohn- und Esszimmer stehen fünf Flaschen Rotwein. Jenny registriert den Blick der BUNTE-Reporterin. „Da standen letzte Woche noch sieben Flaschen. Ich hatte Freunde hier
zum Abendessen. Für mich ist es inzwischen völlig normal, Alkohol im Haus zu haben. Es ist allein meine Entscheidung: Trinke ich oder trinke ich nicht. Ich trinke nicht. Ich bin auch Vegetarierin und brate trotzdem für Paul ein Steak. Ich bin inzwischen stark genug, keinen Alkohol mehr zu benötigen, um funktionieren zu können. Das ist der entscheidende Unterschied zu meinem früheren Leben.“
Haben Sie nie Lust auf ein Glas Wein? Nein. Auf Wein schon gar nicht. Ich kann im Hirn abrufen, wie Gin schmeckt. Ich weiß, wie Wodka schmeckt oder Jägermeister. Ich weiß auch noch, wie Fleisch schmeckt, obwohl ich seit Jahren keines mehr esse. Ich bin durch mit dem Thema, in beiden Fällen. Sie dürfen nicht vergessen: Der Alkohol hätte mich fast umgebracht. Heute mache ich Leistungssport, trainiere Eiskunstlauf, jogge, mache Yoga. Vor sieben Jahren sagten mir die Ärzte: „Frau Elvers, wenn Sie weitertrinken, sind Sie in zwei Monaten tot.“Diese Aussage konnte ich erst gar nicht begreifen.
Wie lange hat es gedauert? Es brauchte seine Zeit, bis ich die Mechanismen des Alltags auch ohne Alkohol bewältigen konnte. Das Glas Sekt beim Anziehen, Wein oder Cocktail in geselliger Runde. Die Mini-Bar, wenn ich allein im Hotelzimmer war. Das erste Weihnachten ohne Alkohol. Der erste Geburtstag. Ich musste mich komplett neu orientieren. Es ist ja leider so, dass in unserer Gesellschaft ein netter Abend stets mit Alkohol in Verbindung gebracht wird.
Wurden Sie trotzdem mal rückfällig? Seit vielen Jahren nicht mehr. Jede Krankheit hat mehrere Therapieansätze. Es gibt Alkoholiker, die schaffen es danach, wirklich nur ein Glas Bier pro Woche zu trinken. Ich weiß nicht, welche Wirkung Alkohol bei mir heute hätte. Ich möchte es auch nicht ausprobieren. Sie dürfen nicht vergessen: Ich war körperlich abhängig. Ausgelöst von der Kombination, Schlaftabletten mit Rotwein einzunehmen. Mein Körper reagierte auf diese Kombi, als hätte ich Crack geraucht. Das war krass. Ich hatte damals beruflichen Stress, neigte zu Depressionen. Erst im Laufe der Therapie kam ich gemeinsam mit den Ärzten darauf, dass Depressionen und Schlaflosigkeit in meiner Familie vererbt werden. Meine Großmutter
nahm sich mit Tabletten das Leben. Auch andere Familienmitglieder haben Depressionen. Erst als ich nachforschte, erfuhr ich es.
Sie hatten nach der Trennung von Ihrem Ehemann nicht gerade das beste Händchen bei der Partnerwahl. Heute bin ich überzeugt, es wäre nach dem Scheitern meiner Ehe 2013 besser gewesen, gar keinen Partner zu haben. Mein Sohn musste ja auch erst einmal damit klarkommen, dass seine Mama Alkoholikerin ist – und dann brach auch noch die Familie auseinander. Paul war erst elf und versuchte, für seine Mama stark zu sein. Er war plötzlich mein Beschützer, dabei hätte es umgekehrt sein müssen. Auch dieses Bewusstsein, für Paul da zu sein, half mir, nicht mehr zu trinken. Paul: Die ersten Jahre nach Mamas Entzug hatte ich täglich Angst, dass sie heimlich trinken könnte. Das ist längst nicht mehr so. Ich vertraue Mama. Ich weiß, dass sie keinen Tropfen trinkt.
Trinkst du Alkohol? Ich bin Sportler, ernähre mich gesund. Wenn ich mit Freunden unterwegs bin, trinke ich mal ein Bier oder ein Glas Whiskey. Aber ich bin kein großer Fan von Alkohol. Jenny: Betrunken habe ich Paul noch nie erlebt. Ich würde ihm aber nie verbieten, Alkohol zu trinken.
Bereuen Sie das Scheitern Ihrer Ehe? Ehe, Haus, Kind – das war nie mein Plan fürs Leben. Als ich es dann hatte, fand ich es wunderschön. Ich war 40, als meine Ehe scheiterte. Ich kam aus dem Entzug, wollte mein Leben neu sortieren – und mein Leben war weggebrochen. Mein Mann hatte sich von mir getrennt. Auch wenn ich weiß, dass ich nicht schuldlos war, tat es mir trotzdem weh. Ich bin hart gefallen. Um mich herum war es stockdunkel. Aber als ich irgendwann aus diesem Loch rausgekrabbelt kam, merkte ich, dass mich die neue Situation umso mehr zu einer Kämpferin machte. Heute bin ich stolz auf mich, dass ich auf eigenen Beinen stehen und mich komplett selbst finanzieren kann.
Sie drehen wieder fürs Fernsehen. In mein Leben ist eine große Entspanntheit eingekehrt. Ich empfinde einen ganz tiefen inneren Frieden und finde, dass ich optisch heute besser aussehe als vor zehn Jahren. Und siehe da, plötzlich kam auch der berufliche Erfolg zurück. Zum Glück. Ich musste lernen, dass sich das Geld auf meinem Konto nicht von allein vermehrt. Aber auch, dass man Jobs nicht erzwingen kann. Früher hatte ich Angst, dass ich ohne Alkohol keine Leistung bringe. Heute weiß ich, dass ich ohne diese Droge sogar noch viel besser funktioniere. Auch mit meinem Exmann verstehe ich mich inzwischen wieder richtig gut. Das macht mich froh. Mein Leben fühlt sich herrlich an.
Gibt es trotzdem noch eine Sünde in Ihrem Leben? Gummibärchen.
ALKOHOL HÄTTE MICH FAST UMGEBRACHT. DIE ÄRZTE GABEN MIR ZWEI MONATE DEPRESSIONEN WERDEN IN MEINER FAMILIE VERERBT