Editorial
Gibt es ein Rezept für die rich‑ tige Partnerwahl? Wie kann man wissen, dass ein anderer Mensch perfekt zu einem passt? Wie kann man sicher sein, dass man die Liebe findet, die ewig hält? Kann man er‑ kennen, wann zwei Menschen das große Glück gefunden haben? Ist das schicke Szene‑Pärchen mit den Top‑Berufen glücklich? Oder ist einer von ihnen heim‑ lich homosexuell und wagt nur nicht, es sich einzugestehen? Sind die junge attrak‑ tive Frau und der ältere Herr glücklich? Oder lässt sie sich nur von ihm aushalten? Ist das intellektuelle Professoren‑Paar glücklich, das sich stundenlang unterhal‑ ten kann? Oder würde sie viel lieber mit einem freiheitsdurstigen Künstler im Wohnmobil um die Welt reisen?
Bei der BAMBI‑Gala 2019 begeisterte Sarah Connor mit ihrem Song „Vincent“ein Millionenpublikum. Das wohl bedeu‑ tendste deutschsprachige Lied der letzten Jahre ist von großer gesellschaftlicher Re‑ levanz. Ein Aufruf gegen Vorurteile und für Toleranz. Es geht um zwei ungleiche Liebesgeschichten, die ein unerwartetes Ende finden. Vincent, der entdeckt, dass er homosexuell ist und damit nur schwer umgehen kann, findet die große Lebens‑ liebe bei einem Mann und wird glücklich mit zwei Kindern. Linda heiratet einen attraktiven Profi‑Sportler, doch ihre Be‑ ziehung scheitert.
Als Vincent in seiner Selbstfindung sei‑ ne Mutter um Rat fragt, antwortet sie in Sarahs Song: „Du kannst die Deutsche Bank verklagen, die Bibel lesen, Whitney fragen – von der Liebe haben sie alle kei‑ nen Plan. Nicht ich, nicht du, nicht er, nicht sie – was du jetzt fühlst, fühl’n man‑ che nie. Es ist nur Liebe, dafür gibt’s kei‑ ne Medizin.“
Liebe lässt sich nicht behandeln, noch therapieren. Liebe lässt sich nicht erzwin‑ gen, noch anlocken. Und schon gar nicht lässt sich Liebe von Dritten beurteilen, noch entzweien. Liebe wächst nur zwi‑ schen den Liebenden. Nur sie haben es in der Hand und im Herzen, diese Liebe zu entdecken und zu pflegen. Dafür lohnt sich fast jedes Opfer.
Alles, was wahrscheinlich ist, ist wahr‑ scheinlich falsch.