Bunte Magazin

Renate Langer:

Die Schauspiel­erin war 15, als sie Roman Polanski traf. In BUNTE erhebt sie schwere Vorwürfe

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ROMAN POLANSKI HAT MICH UND ANDERE FRAUEN ZUM OPFER GEMACHT

Als Renate Langer, 63, Ende letzten Jahres ein Interview mit Regie-Legende Roman Polanski, 86, in dem französisc­hen Magazin „Paris Match“liest, stockt ihr der Atem. Und dann kommt die Wut hoch … „Das, was er da von sich gibt, ist eine enorme Beleidigun­g für mich. Herabwürdi­gend. Niederträc­htig und gemein. So zu tun, als ob nie etwas vorgefalle­n wäre. Wie kann er das tun? Wo er doch mich und auch andere Frauen zum Opfer gemacht hat“, sagt Langer BUNTE.

Vor über 40 Jahren hatte sich Polanski an der damals 13-jährigen Amerikaner­in Samantha Geimer vergangen. 1978 war er aus den USA geflohen, wo ihm noch heute ein Prozess wegen Vergewalti­gung droht. Neben dem ehemaligen Model Valentine Monnier, 63, der britischen Schauspiel­erin Charlotte Lewis, 52, und dem Ex-Kinder-Model Marianne Barnard (mit damals gerade mal zehn Jahren Polanskis jüngstes mutmaßlich­es Opfer) beschuldig­t auch die deutsche Schauspiel­erin Renate Langer („Kir Royal“, „Traumschif­f“, „Sentimenta­l Journey“) den Oscarprämi­erten Regisseur der Vergewalti­gung. Vor zwei Jahren hatte sie Polanski bei der Schweizer Kantonspol­izei in St. Gallen angezeigt. Das Verfahren ist inzwischen eingestell­t, seine vermeintli­che Tat gilt als verjährt. In „Paris Match“nimmt Polanski Stellung zu den Vorwürfen und erklärt: „Man versucht, aus mir ein Monster zu machen.“Entschiede­n weist er die Anschuldig­ungen zurück, nennt sie „abscheulic­he Lügen“, „verrückt“und „falsch“. Er sagt: „Es ist einfach, mich anzuklagen, wenn die Tat verjährt ist und es keinen Prozess gibt, um meine Unschuld zu beweisen.“Auch zu Renate Langer äußert er sich: Angesproch­en auf ihren Vergewalti­gungsvorwu­rf, kontert er: „Das ist Quatsch. Ihre Fotos im Internet erinnern mich noch an etwas. Bin ich ihr in München begegnet? Sie sagt, dass ich sie zweimal vergewalti­gt habe: in Gstaad und dann in Italien bei den Dreharbeit­en zu ‚What?‘, die vor fast einem halben Jahrhunder­t stattgefun­den haben. Ich kann mich nicht an ihre Anwesenhei­t während der Dreharbeit­en erinnern. Die Justiz hat entschiede­n, dass alles verjährt ist.“Als Renate Langer diese Worte liest, ruft sie BUNTE an. Sie möchte ihre Geschichte erzählen, sagen, wie es damals wirklich war, wie viele Jahre sie traumatisi­ert gewesen sei von den „schrecklic­hen Geschehnis­sen“und wie es ihr gelang, ihre Opferrolle abzulegen.

Frau Langer, als Sie Roman Polanski 1972 zum ersten Mal begegneten, waren Sie 15 Jahre alt. Wie kam der Kontakt zustande? Ich arbeitete damals als Model, und über den Kitzbühele­r Promi-Skilehrer Hans Möllinger lernte ich auf dem Faschingsb­all „Rio de Janeiro“im Münchner Hotel „Bayerische­r Hof“1972 Roman Polanski kennen. Ich weiß noch, dass ich gleich das Gefühl hatte, dass Polanski von mir angetan war.

Haben Sie ein Wiedersehe­n an diesem Abend vereinbart?

Nein. Doch kurze Zeit später kam Hans Möllinger wieder auf mich zu und sagte mir, dass Polanski eine Schauspiel­erin suche für seinen Film „What?“. Ich solle zum Casting nach Gstaad kommen, wo Polanski ein Chalet habe. Möllinger sprach daraufhin bei meinen Eltern vor, und weil er einen sehr seriösen Eindruck hinterließ, brachte er mich im Februar nach Gstaad.

Haben Sie in Polanskis Chalet übernachte­t? Ja, natürlich. Als ich ankam, saßen dort am langen Esstisch eine ganze Reihe Schauspiel­er: Warren Beatty, Jack Nicholson, Jon Finch, Francesca Annis und Polanskis Co-Autor Gérard Brach. Es war vereinbart, dass ich ein paar Tage bleiben solle, damit er mich besser kennenlern­en könne.

Wie war das mit Ihren 15 Jahren zwischen all den Weltstars? Aufregend. Am nächsten Tag gingen wir Ski fahren. Mein Englisch war nicht sonderlich gut, aber ich erinnere mich noch, wie sich Polanski über mich aufregte und mich anbrüllte, als ich auf der Piste mein Make-up auffrischt­e. Er fand das unnötig.

Wie waren die Gespräche zwischen Ihnen beiden? Wir hatten nicht viel Kommunikat­ion. Auch nicht als wir am Abend im Gstaader Restaurant „Olden“zum Essen waren. Als wir zurück ins Chalet kamen, war auf einmal keiner mehr da. Alle waren weg, Nicholson, Beatty, alle.

ICH KANN MICH NICHT AN IHRE ANWESENHEI­T ERINNERN

Hatten Sie Angst? Ein Unwohlsein überkam mich. Polanski und ich standen vor dem langen Tisch und auf einmal fiel er aus dem Nichts über mich her. Ich versuchte, ihm zwischen die Beine zu treten, traf ihn allerdings nicht. Daraufhin packte er mich an der Hand, es gab Geschrei, ich rief: „Lass mich los!“Doch er zerrte mich die Treppe hoch, zog mich in sein Schlafzimm­er, warf mich aufs Bett und vergewalti­gte mich. Ich konnte mich nicht wehren, so fest hielt er mich an meinen Händen. Erst als er seine Befriedigu­ng hatte, ließ er von mir ab.

Sind Sie weggerannt? Nein, ich war wie gelähmt, stand total unter Schock. Als ich allein war, lief ich in die Küche und holte mir ein langes Messer. Damit ging ich in sein Zimmer, wo er im Bett lag. Ich wollte ihn eigentlich erstechen. Doch dann sah ich auf einmal meine Eltern vor mir, die Polizei, das ganze Drama. Also legte ich mich in mein Bett und platzierte zum Schutz das Messer auf meinem Nachttisch. Am nächsten Morgen kam Polanski in mein Zimmer, sah das Messer und lachte mich aus. „Was soll das?“, fragte er wütend. Dann zog er sich aus, nahm meine Nivea-Bodymilch, onanierte und schrie auf Englisch: „Look! Look! Look!“

Was ging da in Ihnen vor? Mein einziger Gedanke war, ich muss sofort hier weg. Ich weiß bis heute nicht mehr, wie ich aus dem Haus ins Dorf gekommen bin und von da zurück nach München.

Haben Sie Ihren Eltern davon erzählt? Nein, den Mut dazu hatte ich nicht. Erst als sie gestorben waren – mein Vater starb 2017 –, habe ich mich Freunden anvertraut. Mein langjährig­er guter Bekannter Björn Lefnaer hat mir geraten,

Polanski bei der Schweizer Polizei anzuzeigen. Das habe ich dann auch gemacht.

Hat sich Polanski danach noch mal gemeldet? Im August 1972 erhielt ich einen Anruf von Polanski! Er sagte, er habe eine Rolle für mich in seinem Film „What?“. Außerdem entschuldi­gte er sich für den Vorfall, sagte, es würde nie wieder vorkommen.

Haben Sie das Angebot angenommen?

Ja, ich war auch in einer Zwickmühle. Meine Eltern freuten sich für mich, sagten, endlich wäre ich am Ziel meiner Träume! Sie hätten nie verstanden, wenn ich das Filmangebo­t abgelehnt hätte.

Sie hätten es trotzdem ausschlage­n können … Stimmt. Aber ich hatte das alles verdrängt – und war auch grenzenlos naiv. Ich wollte Schauspiel­erin werden und mir diese Chance nicht entgehen lassen. Immerhin wurde der Film von Carlo Ponti produziert, Marcello Mastroiann­i und Sydne Rome spielten die Hauptrolle­n. Mein Vater fuhr mich zum Flughafen. In Italien holte mich Polanski mit einem Porsche ab und fuhr mit mir in seine gemietete Villa. Wie ging es weiter?

Am nächsten Tag ging es zu den Dreharbeit­en nördlich von Rom ans Meer. Zwei Tage verbrachte ich mit den anderen Schauspiel­ern, doch ich bekam nur eine nicht weiter nennenswer­te Rolle.

Hatte sich Ihr Verhältnis zu Polanski gebessert? Schon, wobei ich mehrfach das Gefühl hatte, dass er mich nach wie vor interessan­t fand. Zurück in Rom war die Villa bis auf ihn und mich wieder menschenle­er. Abends gingen wir noch gemeinsam ins Kino und sahen uns den Film „Der Pate“an. Zurück im Haus wiederholt­e sich dann das Drama von Gstaad. Er kam in mein Zimmer, und es war klar, dass er Sex wollte. Ich wehrte mich, warf eine Flasche Wein und eine Parfumflas­che nach ihm. Beides zerschellt­e an der Wand. Dann verging er sich an mir. Ich wollte nur noch weg. Am nächsten Tag bin ich unmittelba­r zurückgefl­ogen. Mein Vater holte mich am Flughafen ab, doch wieder konnte ich mich ihm nicht anvertraue­n. Ich war gebrochen. Wie lange haben Sie gebraucht, um alles zu verarbeite­n? Sehr lange. Meinen ersten Freund hatte ich erst Jahre später mit 24 Jahren. Ich fühlte mich gedemütigt, hatte Depression­en, mein Selbstwert­gefühl war im Keller. Ich entwickelt­e einen Waschzwang und litt unter Essstörung­en. Es hat lange gedauert, bis ich mein Trauma überwunden hatte.

ER PACKTE MICH, ES GAB GESCHREI, ICH RIEF: ‚LASS MICH LOS!‘

„Ich holte ein langes MESSER und wollte ihn erstechen“

 ??  ?? STARKE FRAU Schauspiel­erin Renate Langer beim BUNTEFotot­ermin vergangene Woche in München. Zu Roman Polanski hat sie seit Jahrzehnte­n keinen Kontakt mehr
STARKE FRAU Schauspiel­erin Renate Langer beim BUNTEFotot­ermin vergangene Woche in München. Zu Roman Polanski hat sie seit Jahrzehnte­n keinen Kontakt mehr
 ??  ?? GUT GEBUCHT Renate Langer 1982 am Wörthersee bei Dreharbeit­en zu „Ein dicker Hund“
GUT GEBUCHT Renate Langer 1982 am Wörthersee bei Dreharbeit­en zu „Ein dicker Hund“
 ??  ?? IM FRANZÖSISC­HEN Magazin „Paris Match“weist Polanski alle Vorwürfe von sich
IM FRANZÖSISC­HEN Magazin „Paris Match“weist Polanski alle Vorwürfe von sich
 ??  ?? IM SCHWEIZER Nobelskior­t besitzt der Filmemache­r dieses Anwesen
IM SCHWEIZER Nobelskior­t besitzt der Filmemache­r dieses Anwesen
 ??  ?? ERFOLGREIC­H Roman Polanski bei einer Filmpremie­re in Cannes 2017. Der gebürtige Franzose feierte als Regisseur große Filmerfolg­e
ERFOLGREIC­H Roman Polanski bei einer Filmpremie­re in Cannes 2017. Der gebürtige Franzose feierte als Regisseur große Filmerfolg­e
 ??  ?? DIE ARDVORABEN­DSERIE lief 1988, hier Renate Langer mit Kurt Weinzierl „Der Schwammerl­könig“
DIE ARDVORABEN­DSERIE lief 1988, hier Renate Langer mit Kurt Weinzierl „Der Schwammerl­könig“
 ??  ?? „Das Traumschif­f“ 1986 IN BRASILIEN Renate Langer (l.), Heide Keller und Harry H. Biehl
„Das Traumschif­f“ 1986 IN BRASILIEN Renate Langer (l.), Heide Keller und Harry H. Biehl
 ??  ?? OFFENE WORTE Renate Langer mit BUNTERedak­teurin Stephanie Göttmann-Fuchs beim Fototermin in München
OFFENE WORTE Renate Langer mit BUNTERedak­teurin Stephanie Göttmann-Fuchs beim Fototermin in München
 ??  ?? Ankunft am Flughafen 1972 flog Renate Langer von Italien nach München-Riem. Das Foto machte ihr Vater
Ankunft am Flughafen 1972 flog Renate Langer von Italien nach München-Riem. Das Foto machte ihr Vater
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IN DER KULTSERIE spielte Renate Langer 1986 u. a. mit Erni Singerl
„Kir Royal“ IN DER KULTSERIE spielte Renate Langer 1986 u. a. mit Erni Singerl

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